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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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beanspruchten?
    Wo war Britta wirklich? Nicht dran denken. Es war die Strafe auf Erden. Dieses verlängerte Wochenende mit Lucie sollte auch eine stille Wiedergutmachung für sie sein. Eine traurige Zärtlichkeit erfüllte ihn, wenn er dachte, was er ihr angetan hatte. Ihre Welt würde zusammenbrechen. Er hatte ihr stets das Gefühl vermittelt, sie sei die Begehrte, die Gebende in ihrer Beziehung. Sie wußte nichts von seiner Untreue und durfte nie davon erfahren.
    Richard fuhr den 600er SL selber. Das Hotel war renoviert und noch aufwendiger elegant als damals. Ihre Suite hatte einen Alkoven mit herrlicher Aussicht auf einen Kamin. Der würzige Holzduft in dessen Nähe ließ darauf schließen, daß er an kühlen Abenden geheizt wurde. Es gab einen Salon und ein Schlafzimmer mit zwei sehr breiten Betten.
    Als Richard anbot, auf der Couch zu schlafen – »damit ich dich nicht störe, Liebes« –, lächelte Lucie und erklärte, sie wolle in diesem unbekannten Gemäuer nachts keinesfalls allein sein.
    Er war ihr dankbar. Auch dafür, daß sie keine Veränderung an ihm bemerkt hatte. Abends gingen sie in die kleine ›Heimatstube‹ zum Essen. Dann holte er ihre Mäntel aus der Suite, und sie wanderten in den nahen kleinen Ort, wo sie in eine Weinstube eintraten, aber sofort wieder die Flucht ergriffen vor Qualm und Lärm.
    Ein Halbmond stand am Himmel, als sie zurückgingen. Lucie strauchelte leicht. Er nahm ihre Hand, und sie ließ sie ihm. Wie lange hatte es solche Vertraulichkeiten zwischen ihnen nicht mehr gegeben? Und hatte das wirklich nur an Lucies kühlem Wesen gelegen und nicht ebenso an seiner wachsenden Gleichgültigkeit?
    »Ab morgen werde ich ein altes Weib sein«, scherzte sie.
    »Nicht älter als dein spannkräftiger, fescher Gatte. Und bestimmt nicht weniger attraktiv, charmant und weise als er. Dafür aber wesentlich hübscher.«
    Sie lachte. »Ein alter Mann kann jederzeit eine junge Frau erobern. Alle tuscheln beifällig oder rufen sogar laut Hurra. Umgekehrt ist es lächerlich. Alte Diven mit ihren Pipiknaben wirken doch scheußlich, so billig, und diese Gespielen machen die Damen erst richtig alt. Es ist ungerecht, aber wahr.«
    »Dir würde ein junger Mann gut zu Gesicht stehen, Liebes, aber du hast nun mal mich am Hals, und ich weiche nicht freiwillig.«
    »Dich würde eine jüngere Biene auch gut kleiden. Aber nur über meine Leiche. Das weißt du, nicht wahr?«
    Ihr Ton war plötzlich ernst geworden. Es berührte ihn unangenehm. Er drückte ihre Hand und lachte, scheinbar amüsiert.
    »Keine fremden Bienen. Ich diene nur meiner Bienenkönigin. In Ewigkeit.«
    Sie entzog ihm ihre Hand.
    »Kein Grund, Witze zu machen.«
    »Verzeih mir.«
    »Natürlich. Ich werde uns doch dieses Wochenende nicht verderben.«
    Sie tranken in der Hotelbar noch einen Whisky sour, als ›anregenden Abschlaffer‹, wie der Barmann sagte. Als sie allein im Fahrstuhl hochfuhren, machte die ungewohnte Nähe sie leicht verlegen.
    Lucie blieb lange im Bad, wie jeden Abend. Richard trat auf den Balkon hinaus und rauchte eine Zigarette. Später schliefen sie miteinander, sehr zufriedenstellend, er war gut in Form und sie gelöster als sonst.
    Um zwölf Uhr küßte er sie, sang sogar ›Happy birthday‹ und schenkte ihr die kleine Taschenuhr mit Brillanten, die sie bei ihrem Lieblingsjuwelier bewundert hatte.
    »Möge sie dir nur glückliche Stunden anzeigen, Lucie.«
    Sie dankte ihm.
    »Vater hat sich selten geirrt, aber in dir hat er sich geirrt. Er hat dich einfach unterschätzt.«
    »Er war eifersüchtig. Du warst sein Augenstern.«
    »Und du, Richard? Wirst du deinem Augenstern Angela später auch das Leben schwermachen?«
    »Ich hatte reichlich Gelegenheit, in dieser Hinsicht dazuzulernen. Und hier ist das Geschenk deiner Tochter, das dir zugleich zeigt, wie sie dein Alter und deine Attraktivität einschätzt. Bitte.«
    Angela hatte ihrer Mami eine Garnitur raffinierter schwarzer Spitzenwäsche geschenkt, die wie ein Riesenpralinée in Zellophanpapier verpackt und mit Goldband drapiert war. Sie lachten beide.
    »Wie süß von Angela. Jetzt müßten wir eigentlich mit Champagner anstoßen.«
    »Gute Idee.«
    Er holte kurzerhand die Flasche Dom Perignon und zwei Kelche aus dem Barschrank, in dem alles auf sein Geheiß hin heimlich postiert worden war. Er war stolz, daß er daran gedacht hatte. Man gab sich Mühe, man lernte viel, aber ganz und gar überwand man die einfache Herkunft nie.
    Am nächsten Morgen hatte

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