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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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Richard Kopfschmerzen. Die heitere Stimmung der vergangenen Nacht war wie ausgelöscht. Die Schatten der vergangenen Ereignisse zeigten sich wieder.
    Er nahm ein Aspirin, duschte, rasierte sich und erfrischte sich mit ›Cool Water‹. Er war fest entschlossen, Lucie seine triste Verfassung nicht spüren zu lassen, gerade jetzt nicht, wo sich zwischen ihnen ein neues, zartes Einvernehmen entwickelt hatte.
    Ihm war klar, daß bei ihm das schlechte Gewissen dabei eine Rolle spielte. Auch Angst vor Entdeckung war im Spiel. Er wollte sich gewissermaßen dort anlehnen, wo die Mauer besonders brüchig war.
    Lucie freute sich über den sonnigen Tag. Sie beschlossen, nicht zum Frühstücksbüfett hinunterzugehen, sondern sich etwas Leckeres heraufschicken zu lassen.
    Richard bestellte telefonisch. Lucie kam in der neuen Spitzenwäsche aus dem Bad, und sie sah in ihrer gut proportionierten Üppigkeit wirklich zum Anbeißen aus.
    Als es klopfte, zog sie schnell den Morgenrock über. Mit dem Frühstück wurde ein Fax serviert. Der Kellner lächelte, ja, er strahlte geradezu, und er stellte auch eine Flasche Champagner zu dem Frühstück und murmelte, dies sei eine Aufmerksamkeit der Hotelleitung.
    Er zog erfreut mit einem zu hohen Trinkgeld ab. Das Fax war von Angela. Sie hatte gedichtet:
    Lieb Mamilein, ich denke Dein,
und hoffe nur, die Garnitur
paßt ganz genau der Spitzen-Frau!
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag
von Deiner Angela.
    Ein Pfeil verwies auf die Zeichnung einer sehr kurvenreichen Lady im schwarzen Spitzenhöschen.
    Lucie lachte, aber Richard merkte, daß sie etwas geniert und ungehalten war. Diese ›Bloßstellung‹ hatte schließlich unter den Augen des Hotelpersonals stattgefunden, und der Champagner bewies, daß man durchaus über den Anlaß des Fax' informiert war.
    Richard fand Lucie wieder einmal kleinkariert, aber er verbot sich alle ärgerlichen Regungen. Lucie hatte Geburtstag. Und er hatte wahrhaftig kein Recht, auf hohem Roß zu sitzen.
    Sie machten einen langen Spaziergang und fuhren am Nachmittag ins nahe Freudenstadt, wo sie in einem Café ohne Rücksicht auf Kalorien Torte mit Sahne aßen.
    Abends speisten sie elegant im Hotel. Anschließend ließen sie sich im Taxi nach Baden Baden ins Spielkasino kutschieren, wo Lucie beim Roulette mehrmals vergebens ihre Glückszahl sieben setzte, schließlich aber erheblich gewann.
    Richard, der nur die ganz einfachen Chancen setzte: Rot, gerade Zahlen, und bei Verlust den Einsatz verdoppelte – das Rezept für Geduldige, mit dem sich in Monte Carlo verschämte Adlige und verarmte Abenteurer mühsam ihr tägliches Schärflein verdienten –, kam mit einem geringfügigen Gewinn über die Runden.
    Obwohl Lucie einen Verlust durchaus hätte verschmerzen können, freute sie sich übermäßig über ihren Gewinn, was allerdings nur jemand merken konnte, der sie genau kannte. Geld bedeutete ihr viel. Noch mehr bedeutete ihr Reputation, viel mehr. Haltung war alles. Das hatte der Alte ihr eingebläut. Selbst Angela verzieh sie Ausrutscher in dieser Hinsicht schwer, und das kleine Luder wußte es und machte sich einen Extraspaß daraus, ihre Mama durch besonders saloppes Benehmen zu reizen.
    Am nächsten Tag kam der Scheich mit Gefolge ins Hotel.
    Eine ganze Etage war am Tag zuvor geräumt worden, zum Glück war es das Stockwerk über ihrer Suite. Die Gäste, die dort logiert hatten, mußten umziehen oder reisten verärgert ab. Nur ein Herr im Rollstuhl durfte weiterhin oben wohnen. Richard fand das merkwürdig und schalt sich selber: Deine Fantasie ist in letzter Zeit empfindlich überdreht!
    Mittags fuhr die Autokarawane vor, mehrere langgestreckte schwarze Nobelkarossen, mit Kennzeichen des deutschen diplomatischen Corps versehen. Der Scheich reiste als Ehrengast der Regierung.
    Alle Hotelangestellten waren in der Halle versammelt. Viele Gäste lümmelten sich dort wie zufällig. Es erschien eine Kavalkade exotischer Gestalten: Zuerst kamen zwei Männer in weißen Gewändern, unter deren Ausbuchtungen an der rechten Hüfte sich deutlich die Formen von Schußwaffen abzeichneten. Jeder trug einen Knaben auf dem linken Arm, offenbar waren sie Kindermänner anstelle von Kinderfrauen und erfüllten zugleich die Funktion von Bodyguards.
    Es folgten mehrere abenteuerliche Gestalten. Zwei wirkten wie aus einem Western entsprungen. Ein anderer war strikt orientalisch gewandet. Die Mehrzahl der Männer war jedoch westlich gekleidet, und zwar sehr elegant und sehr

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