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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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sie hier in Abständen
    für Spaziergänger aufgestellt waren. Es war nicht dunkel, aber doch schon mehr als dämmerig. Aus dem Gebüsch, das sich mit wenigen
    Unterbrechungen am Ufer hinzog, tauchte eine spillerige Figur auf.
    Sol te das wirklich …? Die armselige Figur taperte näher. Mit offenbar verstellter Stimme fistelte sie:
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    »Hergeben. Damit ist alles erledigt. Ehrenwort.«
    Ehrenwort! Ein Erpresser gab sein Ehrenwort! Nur kein Mitleid
    haben.
    Richard senkte den Kopf und schob die Tasche ein Stückchen
    dem Erpresser entgegen. Der tat einen zaghaften Schritt und streckte die Hand aus. Gleichzeitig trat Richard energisch vor. Der Lauf seiner Waffe traf auf die Brust des anderen.
    Dieser Knall! So laut! Der Schuß war viel lauter, als er gedacht hatte. Er hallte über den See hin. Ein Hund bellte irgendwo in der Nachbarschaft.
    Richard stieß den Kerl mit der Waffe vor die Brust. Der strauchelte und sackte zusammen. Nein, doch nicht so dicht neben der
    Bank! Als Fundstück für den ersten, der vorbeikam.
    Richard zerrte den Körper hinter einen Strauch. Es war gar nicht einfach, wenn man sich selbst dabei nicht derangieren wollte. Er war nicht sicher, ob der Kerl tot war. So entschloß er sich, das Risiko einzugehen: Er setzte die Makarow an dessen Schläfe und
    drückte noch einmal ab.
    Mehrere Köter bellten auf den Grundstücken. Richard durch-
    suchte eilig die Taschen des Kerls. Er schaute ihn an. Der trug einen Oberlippenbart, schien jung zu sein. Ein Fahrrad lag ein Stück weiter im Gebüsch. Ein Irrer! Das hatte er nun davon.
    »Bleib man schön hier«, murmelte Richard. Der Kerl war tot. Das überlebte niemand. Hornung steckte die Waffe zurück in seine
    Gürteltasche und klemmte die Tasche mit dem Geld unter den Arm
    wie ein kleiner Angestellter, von der Arbeit nach Hause strebend, ein Wachmann vielleicht.
    Er ging den Weg zurück. Niemand schaute nach, was die Schüsse
    wohl bedeutet haben mochten. Das war ja typisch. Man mischte
    sich nicht ein. Schüsse, Alarmsirenen, Hilferufe – bloß nicht auffallen. Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd and're an!
    Er traf keine Menschenseele. Später fuhr ein Auto an ihm vorbei, 114
    und er trat vorsichtshalber hinter einen Baum, obwohl diese Ge-
    gend schon wieder ganz unverfänglich war. Man wußte nie.
    Unbemerkt, soweit er das beurteilen konnte, erreichte er den Wagen. Mühelos schloß er auf, öffnete die Tür, stieg ein und ließ sich auf den Fahrersitz fallen. Er wollte den Zündschlüssel einstecken.
    Es war nicht möglich. Seine Hände zitterten.
    Er zitterte am ganzen Körper. Sein Kopf sank auf das Lenkrad.
    Ihm wurde schwarz vor Augen. Er hatte einen Menschen getötet.
    Er hatte gemordet. In Notwehr sozusagen. Aber war es das wert?
    Ja, es war richtig. Er oder ich. Er hat angefangen.
    Er nahm sich zusammen. Das fiel doch auf, was er hier tat. Hal-
    tung! Er drehte den Startschlüssel. Der Motor sprang an. Jawohl, es ging. Tief atmen, keinen Fehler machen. Du mußt damit fertig werden. Er oder ich. Wie ein Refrain gingen diese Sätze immer wieder durch Richards Kopf, während er Lucies Wagen sorgsam und bedacht nach Hause lenkte. Du mußt damit fertig werden. Er oder
    ich.
    Lucie sah sich gerade im Fernsehen eine Sendung über die Ge-
    fährdung von Nashörnern und Elefanten in freier Wildbahn an. Er trat zu ihr, und sie hielt ihm die Stirn hin zu einem flüchtigen Kuß.
    Er ging ins Bad und wusch sich ohne besonders heftige Emotio-
    nen die Hände, dann begab er sich wieder nach unten und goß sich einen großen Whisky ein. Mit dem Glas in der Hand setzte er sich zu seiner Frau. Das eiskalte Glas kühlte seine Rechte angenehm. Er schaute auf seine Hand und stellte fest, daß sie nicht zitterte.
    »Ist deine Keramik was geworden?«
    »Heut' war ich gut.« Sie lächelte ihn an.
    »Ich war auch gut.«
    »Du bist immer gut, Lieber.«
    »Aber manchmal eben noch besser.«
    »Etwas Besonderes? Das ich wissen sollte?«
    »Ach wo. Es war ein Scherz. Guck mal, da. Die armen Tiere.«
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    »Wahrhaftig. Es gibt grausame Menschen. Unvorstellbar, daß
    Menschen so etwas tun können. Gut, daß du nicht auf die Jagd
    gehst, Richard.«
    11. Kapitel
    ie Leiche am Kransee in Kiel wurde am nächsten Morgen ent-
    Ddeckt. Der Mann war in dieser spärlich bewohnten Gegend
    direkt neben einer der Uferbänke erschossen und danach in das Ge-büsch gezerrt worden. Je ein Schuß in Kopf und Bauch.
    Ein Irish Setter, den Frauchen, wie jeden Morgen, hier zu

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