Der Tote im Kofferraum
würdest du wie ich sagen, daß dieser Mann der Satan persönlich war. Der Arzt kann sich heute vormittag freimachen. Er ist Internist und kann sich seine Zeit mehr oder weniger einteilen. Er ist auf dem Weg hierher. Ich möchte nicht aufbrechen, bevor er kommt. Er scheint mir der geeignete Mann zu sein, ihr die Nachricht zu überbringen. Der einzige, weil sie sonst in diesem Land niemanden kennt.«
Jim sagte: »Ich habe heute früh Annabel angerufen. Sie gönnt mir noch ein paar Tage, länger möchte ich dann aber nicht bleiben. Auf jeden Fall muß ich ja noch ihre Mutter in dem verdammten Ferienhaus unterbringen. Ihre Sekretärin ist übrigens eine lustige kleine Person. Du wirst es nicht glauben, sie setzt auf Pferde. Sie hat sich vorhin weggestohlen, um mit mir über das Rennen von gestern abend zu sprechen. Sie weiß alles aus der Zeitung, selbst war sie noch nie bei einem Pferderennen.«
»Das ist ihre Art der Flucht, nehme ich an. Ich würde mich todsicher dem Alkohol ergeben, wenn ich bei deiner Schwiegermutter Sekretärin sein müßte.«
»Eigentlich ist sie ganz in Ordnung, wenn man sich nicht unterkriegen läßt. Aber Miss Pink ist dazu geboren, sich herumschubsen zu lassen. Heute nachmittag ziehen die beiden in das Ferienhaus. Keith Wallace rief mich heute früh an und sagte, er werde vorher noch einmal nach dem Rechten sehen. Sehr nett von ihm.«
»Dann bist du sozusagen frei. Komm lieber mit mir und sieh zu, daß du deine Maori-Freunde noch einmal zum Sprechen bringst.«
Dr. Shaw war nach einer Stunde im Hotel. Er hatte es offensichtlich eilig, und Wright hielt ihn nicht weiter auf. Er hatte den Eindruck, daß der Arzt an diesem Morgen blaß und mitgenommen aussah. Die Enthüllung von Warwick-Smith’ Schurkerei mußte ihn schwer getroffen haben. Wright hatte das sichere Gefühl, daß er sich geirrt hatte, als er dem Doktor unterstellte, er hätte möglicherweise einen Verdacht gehabt. Dieser Mann wäre gewiß zur Tat geschritten.
Delia empfing Richard Shaw an der Tür. Ein Blick in ihr Gesicht genügte, um ihm zu sagen, daß Grace sich ihr anvertraut hatte.
Sie sagte aber nur: »Bitte kommen Sie herein. Dem Himmel sei Dank, daß Sie da sind.«
Grace saß in ihrem Lehnstuhl am Feuer. Die Spannung in ihrem Gesicht berührte Shaw schmerzlich. Sie erhob sich halb, als er hereinkam. Mit schwacher Stimme sagte sie: »Nein, du brauchst mir nichts zu sagen, Richard. Ich kann die Antwort in deinem Gesicht lesen. Aber ich habe trotz alledem gehofft...« Dann verließ Delia das Zimmer, schloß die Tür und ließ die beiden allein.
Sie blieb einen Moment mit dem Rücken zur Tür stehen, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, als wollte sie nichts mehr hören und sehen.
In dieser Haltung fanden sie Jim und Wright, als sie das Haus betraten. Der Inspektor sagte freundlich: »Sie leiden unter einer Schockwirkung, also hat Ihnen Mrs. Warwick-Smith schon etwas über die letzte Entwicklung erzählt.«
Delia ließ ihre Arme sinken, richtete sich kerzengerade auf und sagte: »Ja, sie hat es mir gestern abend erzählt. Es ist abscheulich, aber mir geht es einigermaßen gut.«
»Das will ich hoffen. Denn Sie müssen sich um Mrs. Warwick-Smith kümmern. Im Moment möchte ich vorschlagen, daß Sie spazierengehen und eine Stunde lang frische Luft schöpfen. Mrs. Warwick-Smith ist jetzt mit dem Doktor beschäftigt, und falls sie jemanden braucht, ist Huia auch noch da. Sie sind alte Freunde und verstehen einander. Jim, was hältst du von einem kleinen Konditionstraining? Begleite das Mädchen.« Damit verschwand Wright im Arbeitszimmer.
Jim war mit dem Vorschlag einverstanden. Er mochte das sensible Mädchen. Außerdem tat sie ihm leid. Schuldlos war sie in diese gemeine Familientragödie mit hineingezogen worden, nun sollte sie die Stütze einer Frau sein, die sie kaum kannte. Er sagte: »In Ordnung. Wo wollen wir hingehen? Sollen wir uns das Ferienhaus ansehen, in das meine Schwiegermutter einzieht? Oder haben Sie Lust, Cornelius Pratts Malerei zu bewundern? Ich glaube, mit Ihrer Unterstützung könnte sogar ich sie ertragen.«
Sie gab sich Mühe zu lächeln, und Jim dachte: Ich bin nicht die richtige Begleitung für sie. Um ein hübsches Mädchen wie sie sollte sich ein junger Mann kümmern. Wo ist Keith Wallace?
Diese Frage fand sofort ihre Antwort. Von der Veranda hörten sie ein lautes Keuchen und das Scharren von eiligen Hundebeinen. Und dann erschien Trusty, ganz außer Atem. Sein Ziel war offensichtlich
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