Der Tote in der Wäschetruhe
ausgeschlagen hat. Im Dunkeln bleibt das Motiv dieser unerklärlichen Tat, da der Beschuldigte im Zuge der Ermittlungen in seinen Aussagen immer neue Versionen auffahrt.
Was ist in der Nacht zum 3. September 1978 auf dem kleinen Fleckchen Erde hinter dem Dorf Tenneberg passiert?
Als Katja und Jörg die Stelle abseits der Straße erreichen, die so schön geschützt ist vor fremden Blicken, wollen beide nur das eine. Sie öffnen sich gegenseitig die Hosen, betasten sich und reißen sich die Sachen vom Körper. Dann sinken sie nieder ins Gras. Die nur wenig mehr als zehn Grad Nachttemperatur stören sie nicht. Die Menge Alkohol, die der junge Mann getrunken hat, verzögert den Höhepunkt. Schon will er aufgeben, als er merkt, dass es doch noch klappt. Schnell zieht er sein Glied heraus, und der Samen ergießt sich in die Badehose, die er bis zu den Kniekehlen heruntergezogen hatte. »Das war kurz«, stößt er hervor. Doch war es wirklich noch rechtzeitig? Ihm kommen Zweifel. Er malt sich aus, dass Katja schwanger werden und ein Kind bekommen könnte. Jörg stellt sich den Ärger vor, den es mit den Eltern geben würde. Außerdem, er als Vater erst 15 Jahren alt, und dann eine Mutter, die erst 14 ist! Ein Kind ist für ihn unvorstellbar. »Du musst sie töten, dann ist das Problem aus der Welt«, schießt es ihm durch den Kopf.
Als Katja nach Beendigung des Geschlechtsverkehrs aufstehen will, legt er ihr plötzlich den rechten Arm um den Hals und nimmt sie in den »Schwitzkasten«. Um sich zu befreien, rudert das völlig ahnungslose Opfer mit den Armen. Nach Hilfe rufen kann das Mädchen nicht, zu kräftig ist der Druck auf die Kehle. Es gibt einen Kampf, in dem die schmächtige Katja gegen den athletisch gebauten Jungen keine Chance hat. Weil sie sich nach etwa einer halben Minute immer noch windet, lässt Jörg los, doch nur, um sie nun mit den Fäusten zu traktieren. Dabei kniet er mit einem Bein neben, mit dem anderen auf ihrem Leib und zwar so kräftig, dass ihre Leber zerreißt. Erneut nimmt er sie in den Schwitzkasten und drückt etwa eine Minute lang mit aller Kraft zu. Als er von ihrem Tod überzeugt ist, lässt er ab, erhebt sich und zieht sich an. Der Täter sucht die Sachen seines Opfers zusammen und schmeißt sie auf den entblößten Körper des Mädchens. Aus der Hosentasche zieht er ein Päckchen »Riesaer Sicherheitszündhölzer« und steckt mit zwei Stäbchen die Bekleidung in Brand. Er geht zurück ins Dorf und gemeinsam mit seinen Freunden, die er unterwegs trifft, ins Jugendzimmer. Dort macht ihn Manfred auf das Fehlen seiner Jacke aufmerksam, die angeblich noch in der Gaststätte ist. Jörg befürchtet jedoch, dass sie am Ort des Verbrechens liegengeblieben ist. Er geht zur Gaststätte, kauft Zigaretten und Streichhölzer, um sich
Zeugen für seinen Kurzbesuch zu sichern, und rennt dann zur Wiese, wo Katja liegt. Er blickt zu der Toten und bemerkt, dass das Feuer auf dem Körper des Mädchens nur noch glimmt. Jörg unternimmt nichts, um es wieder zu entfachen. Seine Jacke liegt tatsächlich neben der Leiche. Er schnappt sich das Stück und ist wenig später zurück bei den Freunden im Jugendzimmer von Tenneberg.
Mord aus Angst vor der Vaterschaft? Es ist die erste Variante eines Motivs, die der Beschuldigte Polizei und Staatsanwaltschaft in mehreren Vernehmungen anbietet, die zeitnah zur Tat im September erfolgen. Ab Ende Oktober rückt er im Zuge weiterer Ermittlungen davon ab. In der U-Haft hat er sich das Strafgesetzbuch besorgt und darin vor allem die Abschnitte über Mord, Totschlag und Körperverletzung studiert. Jetzt bekommt die Angst einen anderen Hintergrund; den des Opfers. Katja sollte auf einmal angefangen haben zu schreien, nachdem er ihr gestanden habe, dass möglicherweise Samen in ihre Scheide gekommen sei. Sie sei nicht zu beruhigen gewesen, obwohl er sie angefleht habe, dass man »über alles reden« könne. »Sie schrie aber immer weiter. Deshalb habe ich sie in den Schwitzkasten genommen, sie geschlagen und dann erneut gewürgt«, erzählt er den Vernehmern »Sie wollte wohl alles auf Vergewaltigung drehen«, so seine Begründung. Dabei bleibt er und schweigt sich künftig aus.
Als er Mitte Dezember wieder einmal vernommen werden soll, weigert sich Jörg Bunte, nochmals den Tatablauf zu schildern. »Das wird mir jetzt zu viel. Ich habe alle Fragen schon mehrfach beantwortet und denke nicht daran, dazu noch etwas zu sagen«, erklärt er kategorisch. Er schaut gelangweilt
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