Der Tote in der Wäschetruhe
Klingelschild, in welcher Etage sie mit ihrer Mutter wohnt. Helfried ist guter Hoffnung, dass sich der Weg hierher für ihn noch lohnt. Schließlich hat Liane offensichtlich keine Lust, nach oben zu gehen. Eine Hausbewohnerin, die gegen 1.45 Uhr nach Hause kommt, sieht Liane und einen ihr unbekannten Mann. Der ermahnt die Frau freundlich, sie möge ihr gutes Fahrrad anschließen. Etwa fünf Minuten später wird Lianes Mutter aus dem Schlaf geklingelt. »Bestimmt hat das Mädel wieder ihren Schlüssel vergessen«, denkt sie sich und geht zur Wohnungstür. Doch da ist niemand. Auch vom Fenster aus ist keine Menschenseele zu sehen. Die Mutter legt sich wieder ins Bett. Drei Stunden später wird sie erneut wach. Liane ist noch nicht in ihrem Zimmer. Die Mutter schaut aus dem Fenster und bemerkt vor der Haustür ein Paar Schuhe. Es ist sind die von Liane. Sie rennt, von panischer Angst gepackt, zur Haustür und findet ihre Tochter tot hinter der gegenüberliegenden Müllbox. Völlig verstört ruft sie die Polizei.
Die Leiche von Liane Kaiser wird von Gerichtsmedizinern der Medizinischen Akademie Dresden obduziert. Sie stellen eine Reihe von Verletzungen fest, die eindeutig durch Würgen entstanden sind. Der Bruch des Zungenbeines lässt den Schluss zu, dass der Täter den Hals seines Opfers mit erheblicher Kraft zugedrückt hat. Der Mund ist stark geschwollen, der linke Rand der Zunge eingerissen. Wahrscheinlichste Ursache dafür sind nach Ansicht der Ärzte Faustschläge. An der linken Brust des Opfers sind die deutlichen Spuren eines Bisses erkennbar. Der ganze Körper ist übersät mit Verletzungen, die von einer Holzlatte stammen. Als der Täter damit zugeschlagen hat, war Liane Kaiser bereits in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen. Sie hatte allerdings noch gelebt, wie Blut in den Atemwegen beweist, und hätte zu diesem Zeitpunkt durch sofortige ärztliche Hilfe noch gerettet werden können.
Bereits am nächsten Tag gegen 17 Uhr wird Helfried Tutschinski in seiner vorübergehenden Unterkunft in Stennewitz festgenommen. Zahlreiche Zeugen hatten beobachtet, wie er mit Liane von der Gaststätte aus davongezogen war. Die Polizei macht das Paar ausfindig, bei dem er sich nachts zwischen 2 Uhr und 2.30 Uhr nach dem Heimweg nach Lübbenau-Stennewitz erkundigt und mit dem er den Weg fortan gemeinsam zurücklegt hat.
Bei seiner Festnahme sind frische Kratzspuren im Gesicht, an den Handgelenken und den Unterarmen unübersehbar. Die Ermittler der Cottbuser MUK lassen die Wunden durch einen Gerichtsmediziner untersuchen. Der legt sich fest, dass sie nicht älter als 24 Stunden sind.
Als klar ist, dass sich die Staatsanwaltschaft Cottbus nicht auf zurückliegende psychologische Erkenntnisse der Charite in Berlin und der Nervenklinik Neuruppin verlässt, sondern bei Professor Ehrig Lange in Dresden ein neues, tatbezogenes psychiatrisches Gutachten veranlasst, erkennt Tutschinski die mögliche Tragweite der Entscheidung. Er schreibt an seine Freundin Christina Celinski:
»Ich bin in Cottbus in der UHA wegen Mord inhaftiert... Diese Tat ist auf meine Krankheit zurückzuführen. Wie es nun weitergeht, das kann ich Dir wirklich nicht sagen. Es kommt darauf an, was das Gutachten aussagt. Wenn es positiv ausfällt, kann ich in eine Klinik überwiesen werden, um mich einer Behandlung zu unterziehen. Es kann aber auch anders kommen, was ich aber nicht glaube.«
Auch der Gutachter erhält aus der Untersuchungshaft Post von Helfried Tutschinski. Unter der Überschrift »Lebensgeständnis« legt dieser handschriftlich auf 58 Seiten eine »Beichte« ab. Sie beginnt mit folgender Feststellung: geboren am ...in Dortmund, möchte Ihnen hiermit mein Lebens-geständnis aus folgendem Grund mitteilen, betreff: Ich möchte einen Justizweg mitteilen, der nicht unschuldig ist, dass ich jetzt in Untersu-chungshaft bin und dass man mich eines Mordes anklagt. Ich schreibe ihnen hier keine erfundene Geschichte nieder, um mich eventuell von dieser tat loszusagen oder vielleicht zu simulieren. Ich möchte Ihnen lediglich den Irrtum oder die Vernachlässigung der Justiz mitteilen, die eigentlich die Schuldigen sind ...«
Zusammengefasst beschreibt Tutschinski darin seine abnorme sexuelle Veranlagung, die sein Denken und Handeln seit seinem neunten Lebensjahr bestimmen.
Schon beim Anblick von Unterwäsche bei Schulmädchen habe er leuchte Hosen bekommen. Er habe es nahezu täglich mit der sechs Jahre älteren Schwester »getrieben«, sich
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