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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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ruinieren und damit auch das von Chantal. Der Besuch von Ribanvilles Witwe Candice am gestrigen Abend hatte Chantal aufs Höchste alarmiert.
    Gegen sechs Uhr heute Morgen war sie aufgestanden. Völlig zerschlagen, mit verquollenem Gesicht und verlangsamten Bewegungen, hatte sie sich ein Frühstück zubereitet. Obwohl sie sich zwang, ein paar Bissen ihres Croissant zu essen, ließ sie es zur Hälfte auf dem Teller. Der starke Kaffee jedoch tat gut, so gut, dass Candice endlich einen Entschluss fasste.
    Sie musste Eric warnen. Das kompromittierende Tagebuch Ribanvilles in den Händen seiner Witwe war wie eine Ladung Dynamit. Sie musste entschärft werden, so oder so. Eric, der sich gut mit Candice Ribanville verstand und dessen Charme und blendendes Aussehen bei dieser Amerikanerin ihre Wirkung nie verfehlten, konnte sie vielleicht
dazu überreden, die Aufzeichnungen ihres Mannes zu vernichten.
    Nach dem Frühstück begab sich Chantal in Erics Arbeitszimmer. Sie betrat es äußerst selten, eigentlich nie. An den Wänden hingen gerahmte Plakate seiner Theateraufführungen und der Filme, in denen er mitgespielt hatte. Eine Kopie von Cocteaus Totenmaske stand auf seinem Schreibtisch. Dort stapelten sich Manuskripte, Drehbücher, Theatertexte. Eric war kein ordentlicher Mensch. Er brauchte ein gewisses Chaos, aus dem heraus sich seine künstlerische Persönlichkeit entfalten konnte. Zudem war Eric jemand, der penibel alles aufhob. Jede Rechnung; die Arbeitsbücher von Theateraufführungen, die Jahrzehnte zurücklagen; Briefe und alte Kritiken. Zu seinen Angewohnheiten gehörte es, bei seinen Telefonaten kurze Notizen zu schreiben. Name des Anrufers, Anlass des Gesprächs und so weiter. Eine Marotte, die er nie abgelegt hatte. Diese Zettel wanderten dann in eine kleine Holzkiste, die seitlich auf dem Schreibtisch stand. Chantal nahm an, dass Eric die Kiste hin und wieder leerte, die Zettel entweder wegwarf oder irgendwo in einen Ordner räumte.
    Nie hatte Chantal einen Blick auf diese Notizen geworfen. Sie war keine, die in den Unterlagen ihres Mannes herumschnüffelte. Dazu liebte sie Eric viel zu sehr, auch wenn sie ihm wenig Vertrauen schenkte. Der Pakt zwischen ihnen war jedoch nicht auf Vertrauen gegründet, sondern zum gegenseitigen Nutzen und Vorteil geschlossen worden. Chantal war klar, dass Eric diesen Vorteil in all den Jahren weidlich ausgenutzt hatte. Doch das wahre Ausmaß dessen hatte sie erst in dem gestrigen Gespräch mit Candice Ribanville
begriffen. Es hatte sie schockiert und zutiefst verstört, aber dann auch ihren Beschützerinstinkt geweckt. Sie konnte Eric nicht fallenlassen. Gerade jetzt nicht.
    Wahllos lagen die Zettel in der Holzkiste. Chantal nahm den ganzen Stapel heraus und legte ihn auf den Schreibtisch. Sie blätterte den Packen durch. Irgendwo musste es doch einen Hinweis geben, wo Eric sich über das lange Wochenende aufhielt …
    Schneller als gedacht entdeckte sie etwas, das sie stutzig machte. Einen blauen Zettel, abgerissen von dem großen Block auf dem Schreibtisch. Ein Name. Das Datum - dreizehnter August. Das war vorgestern. Den Namen kannte sie. Sie war dem Mann sogar einmal begegnet. Eric hatte ihn vor wenigen Monaten hierher zum Essen gebeten, zusammen mit Léon Soulier und Ribanville. Ein Mensch, der ihr auf Anhieb unsympathisch erschien. Vielleicht auch deshalb, weil Eric und er sich so blendend verstanden? An jenem Abend war sie sich vollkommen überflüssig vorgekommen und hatte sich bald zurückgezogen.
    Sie erinnerte sich genau daran, wo er lebte. Schließlich hatte er ausführlich davon erzählt, und sie sogar zusammen mit Eric dorthin eingeladen.
    »Da kann man herrlich entspannen, gnädige Frau«, hatte er voller Überschwang erklärt. Doch Chantal hatte seine Art, sich zu geben und zu sprechen, gleichermaßen als aufgesetzt und schmierig empfunden.
    Zu einem Besuch war es nie gekommen. Abgesehen davon, dass Eric die Sache nie wieder erwähnte, hätte Chantal selbst auch keinerlei Interesse gehabt, Gast dieses Mannes zu sein.

    Alles schien zusammenzupassen. Chantal hatte das untrügliche Gefühl, dass sie richtiglag. Die Notiz vom 13. August war der Hinweis darauf, wo Eric sich mit Léon Soulier aufhielt. In einem Ort an der Küste. Vielleicht waren noch andere dabei? Die alte Freundesclique? Zu der auch Ribanville gehört hatte.
    Gegen neun versuchte Chantal, ihren Mann auf dem Handy zu erreichen. Es war abgestellt.
    Entschlossen marschierte sie ins Bad, um sich in Form

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