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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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Geschwindigkeitsbegrenzung, obgleich nur wenig Verkehr herrschte und die Versuchung, aufs Gaspedal zu drücken, sicher groß war. Nur nicht in eine Radarfalle geraten, war sicher die Devise. An Sonn- und Feiertagen, wenn niemand damit rechnete, lag die Polizei besonders gern auf der Lauer.
    »Ist es noch weit?«, fragte Jean-Marc und blickte aus dem Fenster. Auf der rechten Seite des Boulevards befanden sich Lagerhäuser. Eine heruntergekommene Gegend. Menschenleer. Die Straßen verschmutzt. Eine stillgelegte Tankstelle. Zwei schwarze Jugendliche mit schief aufgesetzten Baseballkappen warfen Bälle in einen Korb, der an ein Garagentor montiert war. Die brüllende Hitze schien ihnen nichts auszumachen. Als sie den silbermetallicfarbenen Mercedes entdeckten, starrten sie dem Wagen nach. So einen Luxusschlitten sah man hier nicht alle Tage.
    »Nicht so ungeduldig, Schmetterling!« Zu der sanften Stimme von Lachmöwe gesellte sich erneut ein Lächeln. »Es lohnt sich, verlass dich drauf.« Über seine Freisprechanlage nahm er jetzt telefonisch Kontakt auf.
    »Delphin? Hier Lachmöwe. Wir sind in drei Minuten da. Machst du das Tor auf?«

    Der Wagen bog von der Straße in eine Seitengasse ab. Nach etwa hundert Metern bemerkte Jean-Marc ein graues, massives Eisentor, das in eine Mauer eingelassen war. Als der Mercedes sich näherte, wurde es automatisch geöffnet. In einem großen Innenhof lag ein altes Fabrikgebäude. Dort standen zwei weitere Wagen, allerdings von bescheidenerer Klasse als der Mercedes. Ein kleiner Opel und ein Renault-Kastenwagen. Das Tor schloss sich lautlos.
    »Voilà, wir sind da«, sagte Lachmöwe und brachte den Mercedes vor einer kleinen Seitentür zum Stehen. Jean-Marc stieg aus und prägte sich die Nummer des Mercedes ein. Er sah sich unauffällig um. Niemand in der Nähe. Auf was hatte er sich da eingelassen? Ein mulmiges Gefühl ergriff Besitz von ihm. Er ließ sich nichts anmerken und gab sich weiter cool und abgeklärt.
    »Klasse Location«, sagte er und warf Lachmöwe einen anerkennenden Blick zu.
    »Und fantastisch ausgestattet. Riesige Flachbildschirme, leistungsstarke Computer. Ein wahres Paradies.«
    Jetzt wurde die kleine Tür geöffnet und ein langer, hagerer Mann mit Glatze erschien. Er war älter als Lachmöwe und trug einen kleinen Oberlippenbart. Er ging auf Jean-Marc zu und reichte ihm die Hand.
    »Ich bin Delphin. Willkommen im Club!« Sein Händedruck war warm und fest. Mit einer freundschaftlichen Umarmung begrüßte er Lachmöwe.
    »Kommt rein. Ich hab ein paar echte Leckerbissen.«
    Jean-Marc und Lachmöwe betraten einen kleinen Korridor. Er war weiß getüncht und führte in einen länglich geschnittenen Raum. Von dort gab es einen Durchgang
zu einem weiteren Raum, der abgedunkelt war. Hier standen zwei große Bildschirme, wie Jean-Marc sie von Public-Viewing-Veranstaltungen kannte.
    »Eine kleine Erfrischung?«, fragte Delphin und reichte ein Tablett mit Gläsern. »Champagner«, fügte er hinzu und griff nach einem Glas. Lachmöwe und Jean-Marc taten es ihm gleich.
    »Prost!«, sagte Lachmöwe. »Auf das, was wir lieben!« Sie stießen miteinander an und tranken.
    »Oh, das tut gut …« Delphin stellte sein Glas auf den großen Tisch in der Mitte des Raumes und wandte sich an Jean-Marc. »Jetzt zeig mal, was du hast.«
    Jean-Marc zog sein Handy aus der Tasche und bemerkte: »Im Original sind die Bilder von einer Superqualität. Hier auf dem Handy kommen sie natürlich nicht so gut.«
    Lachmöwe winkte ab.
    »Wissen wir. Aber du hast ja die Originale, oder?«
    »Ja. Von einen Freund und von mir abwechselnd aufgenommen. Vor vier Monaten in Tanger. Einer von uns jeweils in action. Ich hab auch entsprechende Filmaufnahmen. Aber ich wollte euch erst mal kennenlernen.«
    Jean-Marc tippte auf die Menütaste seines Handys. Nach einigen weiteren Befehlen erschienen die Fotos, die Johan auf das Gerät geladen hatte. Jean-Marc hatte sie sich am Vormittag mehrfach angesehen, um sich damit vertraut zu machen. Gefakte, aber nichtsdestoweniger äußerst abscheuliche Bilder voller Gewalt, in deren Mittelpunkt ein etwa siebenjähriger Araberjunge stand. Die Fotos waren als Diashow angelegt, mit Überblendungen und ausreichend vielen Großaufnahmen.

    Jean-Marc gab Lachmöwe das Handy. Die beiden Männer betrachteten die Bilder. Delphin stieß einen anerkennenden Pfiff aus.
    »Nicht schlecht, Schmetterling!« Er lächelte, und Jean-Marc bemerkte ein Grübchen in seiner linken Wange.

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