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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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Delphin verschränkte die Arme über der Brust und musterte Jean-Marc. »Ich frage mich nur, warum du als Nickname ausgerechnet ›Schmetterling‹ gewählt hast? Wegen dem Tattoo auf deinem Arm?«
    »Genau«, sagte Jean-Marc. Worauf wollte der Typ hinaus?
    »Das lässt aber doch eher auf ein Landei schließen, findest du nicht? Auf ein anderes Ambiente, als wir es mögen, hab ich Recht? Mit der Romantik am Meer hast du anscheinend gar nichts am Hut.«
    Jean-Marc sah, wie die beiden Männer einen vielsagenden, ironischen Blick tauschten. Blitzschnell wurde ihm klar, was hier lief. Johan und er hatten einen Riesenfehler begangen, doch jetzt war es zu spät.
     
    Am Ortsausgang von Blonville zweigte eine kleine Straße ab. Dort entdeckte Chantal Coquillon das verwitterte Hinweisschild »Le Cloître 2 km«. Die Straße war mit alten Kopfsteinen gepflastert. Rechts und links säumten Kastanienbäume den Weg. Dahinter lagen Felder, Waldstücke und Wiesen, bräunlich verfärbt durch die Hitze der letzten Wochen. Mit gedrosselter Geschwindigkeit lenkte Chantal den BMW über die unebene Strecke. Das gleißende Nachmittagslicht blitzte durch das Laubwerk. Am Straßenrand lagen vertrocknete Blätter. Ein aufgeschrecktes Kaninchen
flitzte über die Straße und verschwand in der Weite des angrenzenden Feldes.
    Die Fahrt auf der Autobahn im klimatisierten Wagen war einigermaßen angenehm verlaufen. Keine Staus, wenig Baustellen, nur mäßiger Verkehr. Die meisten Menschen, die Paris für das verlängerte Wochenende verlassen hatten, um an die Küste zu fahren, waren vermutlich zeitig am Morgen aufgebrochen. Nur einmal hatte Chantal an einer Autobahnraststätte gehalten, um Benzin nachzutanken. Da hatte sie erneut versucht, Eric über dessen Handy zu erreichen. Doch immer noch kam keine Verbindung zustande.
    War ihr Entschluss, sich auf den Weg nach Le Cloître zu machen, wirklich richtig gewesen? Unterwegs hatte Chantal einige Male daran gezweifelt. Doch welche Alternative hätte sie gehabt?
    Nach einer scharfen Kurve erblickte Chantal die hohe Granitsteinmauer des ehemaligen Klosters. Ein großes, eisernes Tor war darin eingelassen. Als unüberwindliche Barriere blockierte es die Weiterfahrt. Chantal ahnte, dass die Straße auf der anderen Seite des Tors weiterging und bis zur Klosteranlage führte.
    Sie stoppte den Wagen, stellte das Automatikgetriebe auf »P« und stieg schwerfällig aus. Die Hitze schlug ihr wie eine Faust gegen die Brust und schnürte ihr beinahe den Atem ab. Seitlich an der Toreinfahrt entdeckte Chantal einen Klingelknopf und eine Sprechanlage. Unwillkürlich fiel ihr Blick auf das Stück angrenzende Mauer. Sie mochte etwa drei Meter hoch sein, und obenauf war eine Videokamera montiert. Chantal drückte auf den Klingelkopf und wartete. Eine ganze Weile geschah nichts. Aus den Augenwinkeln
sah sie, dass an der Videokamera ein kleines rotes Licht blinkte. Wurde sie beobachtet? Wusste man bereits, wer vor dem Tor stand? Ein knackendes Geräusch in der Sprechanlage, und Chantal hörte eine Männerstimme.
    »Ja? Gnädige Frau?«
    Die Stimme des Hausherrn Louis Bouvier, wenn Chantal sich nicht täuschte. Die Videoanlage hatte also ihr Bild übermittelt, und Bouvier hatte sie sogleich erkannt.
    Chantal räusperte sich.
    »Guten Tag, Monsieur Bouvier. Sagen Sie, ist Eric zufällig bei Ihnen? Ich müsste ganz dringend mit ihm reden. Und über sein Handy konnte ich ihn nicht erreichen.«
    Einen Moment lang war es still. Dann kam die Antwort.
    »Ja, er ist hier, Madame. Ich mache Ihnen das Tor auf. Folgen Sie der gepflasterten Allee, sie führt direkt zum Hauptgebäude.«
    »Danke!«
    Chantal ging zurück zum Wagen. Einerseits fühlte sie sich erleichtert, weil sie mit ihrer Vermutung richtiggelegen hatte. Eric hielt sich tatsächlich in Le Cloître auf. Andererseits beschlich sie ein eigenartiges Gefühl. Was machte er hier? Wieso hatte er die ganze Zeit sein Telefon abgestellt? Sie beschloss, ihn nicht danach zu fragen, sondern ihm nur die Warnung zukommen zu lassen, wie sie es sich vorgenommen hatte. Er musste mit Candice Ribanville reden! Das Tagebuch des Moderators durfte nicht länger in Candice’ Besitz bleiben.
    Danach würde sie Bouviers Anwesen rasch wieder verlassen. Vielleicht einen kleinen Umweg über Deauville einplanen,
wo ihre alte Freundin Yvonne eine schöne Villa an der Uferpromenade besaß. Wer weiß, vielleicht würde sie sogar die Nacht dort verbringen und erst morgen zurückfahren? Yvonne war

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