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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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und schleppend, als er auf die Haustür zusteuerte. Nach dem Rotwein hatte Louis Bouvier noch einen guten Cognac kredenzt, und bei einem Glas war es nicht geblieben. Dennoch fühlte sich JFK noch nicht müde. Im Kopf war er hellwach und in gewissem Sinne aufgekratzt. So beschloss er, sich mit einem großzügigen Schluck Calvados noch einen Schlummertrunk zu genehmigen. Er holte die Flasche aus der Bar im Salon und setzte sich in den Liegestuhl auf die Terrasse vor dem Haus. Hier wehte erstaunlicherweise ein leichter Wind, der vom Meer herkam. Eine angenehme Kühle nach der Hitze der letzten Tage. Jean-François Kahn streckte die Beine aus und ließ die Brise über sein Gesicht streichen. Die Berührung tat gut, wie eine Liebkosung. Grillen zirpten in den Platanen hinter dem Haus, und von der Küstenstraße her erklang das Hupen eines Autos.
    Sein Blick schweifte hinaus aufs Meer. Ruhig und dunkel lag es da, keine Wellenbewegung war zu sehen. Es roch
nach Tang und Holzkohle. Irgendjemand hatte heute Abend am Strand ein Feuer entfacht. Jetzt war es erloschen, geblieben war nur der Geruch nach Asche und Rauch. Die schmale Sichel des Mondes warf einen Lichtstreifen aufs Wasser. Für einen kurzen Augenblick durchschnitt in der Ferne etwas Dunkles und Längliches dieses Licht, dort, wo sich die Fahrrinne für die Öltanker und Containerschiffe befand.
    Lange saß JFK so da und lauschte dem kaum vernehmlichen Plätschern der Wellen, die sanft, beinahe scheu an die Kaimauern schlugen. Es war nach Mitternacht, als er ins Haus zurückging.
     
    Louis Bouvier hatte schon immer unter Schlafstörungen gelitten. Nie gelang es ihm, länger als zwei Stunden am Stück zu schlafen. In regelmäßigen Abständen wachte er auf, mehrfach in der Nacht. Oft führte dies dazu, dass er sein Bett verließ und durchs Haus wanderte. In der Küche naschte er eine Süßigkeit, in der Bibliothek blätterte er in einem Buch. Manchmal legte er auch eine DVD in den Player, um sich auf diese Weise abzulenken, bis ihn die Müdigkeit überfiel und er sich wieder ins Bett legte.
    Die nächtliche Unruhe seines Körpers und die Ruhelosigkeit seines Geistes waren gleich zu Anfang seiner Konsulatsjahre in den Tropen aufgetreten. Hier fing das Leben erst nachts an. Man aß spät zu Abend, blieb lange auf, denn nur die Nachttemperaturen erschienen einigermaßen erträglich. So hatte er sich daran gewöhnt, mit wenig Schlaf auszukommen. Fünf, sechs Stunden pro Nacht, selten mehr. Auch im fortgeschrittenen Alter fühlte er sich danach morgens
frisch und erholt. Den nächtlichen Schlafmangel glich er dadurch aus, dass er sich mittags eine ausführliche Siesta gönnte und dabei ein, zwei Stündchen tief und fest wegsackte.
    Auch in diese Nacht schlief Bouvier nur kurz und sporadisch. Gleich nachdem sein Freund Jean-François Kahn nach Hause gefahren war, legte er sich hin. Kurz nach Mitternacht wurde er zum ersten Mal wach. Er ging in die Küche, um sich eine Flasche Mineralwasser zu holen. Als er die große Halle durchquerte, schien der schmale Lichtstreif des Mondes durch eines der hohen Fenster und ergoss sich über den grünweißen Marmorfußboden. In dem Moment klingelte das Telefon. So spät noch? Bouvier erwartete keinen Anruf. Wer konnte das sein? Er nahm den schnurlosen Hörer des Apparates, der auf dem Intarsienschrank in der Halle stand, und meldete sich.
    »Ja, hallo?« Die Stimme am anderen Ende der Leitung war ihm vertraut. »Ach, du bist es! Was …«
    Der Anrufer unterbrach ihn, und Bouvier hörte schweigend zu. Seine schlanke Gestalt in dem burgunderroten Seidenpyjama verkrampfte sich, und der Ex-Konsul steuerte auf einen Sessel zu, der an der Wand stand. Ein leichter Schwindel erfasste ihn, und er spürte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Die beiden Dobermannrüden Ajax und Achill, die in der Mitte der Halle auf dem kühlen Steinfußboden lagen, hoben die Köpfe und blickten ihren Herrn aufmerksam an.
    »Das gibt’s doch nicht, das ist unmöglich!«, sagte Bouvier tonlos und ließ sich schwer in seinen Sessel fallen. Die Gedanken drehten sich in seinem Kopf. Yves Ribanville
war am Abend seiner Jubiläumssendung ermordet worden!
    »Wie ist das bloß passiert?«, fragte er. »Hat die Polizei schon einen Verdächtigen, irgendeine Spur?«
    »Nein, nichts«, ertönte es vom anderen Ende der Leitung. »Die Bullen tappen völlig im Dunkeln. Sämtliche Partygäste wurden befragt, alle haben anscheinend ein Alibi.«
    »Und seine Frau?

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