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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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worden. Die fehlenden Teile hatte man mit Mörtel aufgefüllt. Das rot aufgemalte Tatzenkreuz des Templerordens auf der Grabplatte von Guilhelm de Blonville war hingegen vollständig erhalten.
    Louis Bouvier und Jean-François Kahn schritten nach vorn zum großen, steinernen Altar. Mehrere alte Kerzenleuchter
standen darauf. Die Kerzen waren zur Hälfte niedergebrannt, als hätte unlängst noch ein Gottesdienst stattgefunden. In der Mitte erhob sich ein goldenes Kreuz, das in nachrevolutionärer Zeit wohl von einem der Vorbesitzer hierhergeschafft worden war. Auf einer frühen Radierung des Innenraums der Kirche, die Louis Bouvier bei einem Antiquar in Honfleur erstanden hatte, sah das Altarkreuz noch völlig anders aus.
    Die beiden Männer standen einen Moment regungslos da. Ihre Gesichter wirkten im Dämmerlicht der Kirche blass. Vor einer Stunde war der Ex-Staatssekretär Kahn nach Le Cloître gefahren, um zusammen mit Louis Bouvier ihres gemeinsamen Freundes Yves Ribanville zu gedenken. Jetzt unterbrach Louis Bouvier die Stille.
    »Irgendwie kann ich es noch gar nicht fassen.«
    »Ja«, antworte JFK mit leiser Stimme. »Er könnte jeden Moment hier reinkommen und sich zu uns gesellen.«
    »Hast du mit seiner Frau telefoniert?«
    »Heute Vormittag. Die Leiche ist noch nicht freigegeben, wegen der Autopsie.«
    »Und sonst?«
    »Die Polizei ist bei ihr gewesen, kurz bevor ich anrief.«
    »Weswegen denn? Steht sie unter Verdacht?«
    »Das hat sie mir nicht gesagt. Aber es klang nicht so.«
    »Ja eben! Léon hat mir doch heute Nacht am Telefon gesagt, Candice wäre die ganze Zeit bei der Party gewesen und hätte den Salon in der fraglichen Zeit gar nicht verlassen.«
    »Ich möchte wissen, welches Schwein ihn umgebracht hat!«, sagte Louis Bouvier grimmig.

    Sie schwiegen einen Moment. Von draußen war das Geräusch eines Düsenjägers zu hören. Er durchbrach die Schallmauer und einer der Kerzenhalter schepperte auf der Steinplatte des Altars. Das donnernde Geräusch verlor sich rasch in der Ferne. Der Jet würde eine Schleife über dem Meer ziehen und auf einer anderen Route zurück ins Land fliegen.
    »Glaubst du, sie tauchen hier auf?«, begann JFK erneut das Gespräch.
    Bouvier blickte ihn fragend an.
    »Wer, die Polizei?«
    »Ja.«
    »Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Es sei denn …« Bouvier sprach nicht weiter.
    »Bei jeder Mordermittlung wird das gesamte Umfeld des Opfers durchleuchtet, Louis«, erwiderte Kahn.
    »Ich weiß. Aber was gibt es denn bei uns schon zu durchleuchten?« Er lächelte. »Die hätten längst angerufen, wenn sie was von uns wollten. Die können Telefongespräche zurückverfolgen.«
    »Das ist es ja! Yves hat mich gestern fünfmal angerufen. Der Commissaire von der Brigade Criminelle hat das rausbekommen und fand das wohl eigenartig.«
    »Warum denn? Schließlich hatte er gestern seine Jubiläumssendung, und ihr beide kennt euch seit Ewigkeiten!«
    Jean-François Kahn seufzte. Er war kein Mann, der zu Sentimentalitäten neigte. Sein beruflicher Werdegang als Karrierebeamter und Staatssekretär zeugten von einem kühlen und nüchternen Charakter. Doch Yves Ribanvilles
Tod hatte ihn schwer mitgenommen. Das, was sie beide verband, ging weit über eine normale Freundschaft hinaus. Er spürte eine Art Wunde in seinem Herzen, die vielleicht nie heilen würde.
    »Ja, das stimmt, Louis. Wir kannten uns schon sehr lange. Und über mich hast auch du ihn kennengelernt.« Er fuhr sich mit der Zunge über die schmalen Lippen und heftete seinen Blick auf das bunte Glasfenster im hinteren Teil der Apsis. »Jetzt ist, wie soll ich sagen, eine Lücke im System entstanden. Ein Glied der Kette fehlt.«
    Louis Bouvier nickte. Sein Freund hatte Recht. Doch die Dinge waren nun einmal so, wie sie waren. Nach dem ersten Schock in der Nacht hatte er sich vorgenommen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Das Schicksal hatte zugeschlagen, und für die anderen ging das Leben weiter. Mit all seinen schönen Seiten, mit allem, was Menschen miteinander verband. Er drehte sich vom Altar weg.
    »Komm, wir gehen zurück ins Haus. Nach dem Mittagessen kannst du in einem der Gästezimmer deine Siesta halten. Und am Nachmittag werden wir uns ein bisschen ablenken. Dann sind auch die anderen da. Wir müssen nach vorn blicken, Jean-François. Nicht zurück. Niemals! Das war immer eine Devise in meinem Leben.«
    Sie verließen die Kirche und lenkten ihre Schritte Richtung Klostergebäude. Die Mittagshitze sprang sie an

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