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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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und viel von seinen Freunden. Lisa kannte deren Lebens- und Familiengeschichten beinahe bis ins Detail. Einmal waren laut Monsieur Bouvier
auch sämtliche Damen nach Blonville mitgekommen und hatten im Kloster gewohnt. Und zwar an einem Oktoberwochenende vor einigen Jahren. Zu der Zeit musste Lisa mit ihrem kranken Vater zwei Tage nach Le Havre zum Spezialisten fahren. Wie lange war das her? Zwei, drei Jahre? Dabei hätte sie damals so gern Ribanvilles Kinder kennengelernt, von denen er immer so viel erzählt hatte und die seinerzeit auch mit dabei gewesen waren.
    Jetzt deutete Eric Lecadre in ihre Richtung und alle Köpfe drehten sich zum Küchenfenster. Monsieur Bouvier hob die Hand. Dies war das Zeichen, dass die Herren sich in den nächsten zehn Minuten zu Tisch begeben würden. Zeit für Lisa, sich zu sputen! Ich könnte eine Hilfe gebrauchen, dachte sie. Wenigstens zum Servieren und Abdecken. Sie nahm sich vor, bei Gelegenheit mit Monsieur darüber zu reden und ihm ihre Nichte Nadine zu empfehlen. Die Abende mit großen Essen in Le Cloître fanden immer öfter statt, und Lisas Beine schwollen immer mehr an. Demnächst würde sie einen Spezialisten in der Stadt aufsuchen. In einer Sendung hatte sie gesehen, dass es ein neues Verfahren gegen Krampfadern gab, für das die Krankenkasse die Kosten trug.
    Nach zweiundzwanzig Uhr, wenn die Herren fertig mit Tafeln waren, würde Lisa zurück ins Dorf fahren. Der kleine, gebrauchte Clio, von Monsieur zur Verfügung gestellt, damit sie mobil war, stand einsam und grasgrün leuchtend vor dem Kücheneingang. Nach dem Essen wollten die Herren ungestört sein bei ihren geschäftlichen Besprechungen und dem Bridgespiel. Erst am nächsten Morgen würde Lisa die Küche aufräumen. Dann wurde den Herren auch ihr
Frühstück serviert; meistens erst gegen elf, weil es in der Nacht spät geworden war.
    Kurz darauf brachte Lisa das Plateau mit den Meeresfrüchten und zwei Eiskübel mit Champagnerflaschen in die Halle. Als sie zurück in die Küche ging, folgten ihr die beiden Dobermannrüden. Sie würden jetzt zu fressen bekommen, bevor sie dann in der Nacht das Gelände bewachten. Lisa hatte einige besondere Leckerbissen für sie vorbereitet. Die Hunde ahnten das und hechelten voller Vorfreude.
     
    Obwohl er lange geduscht hatte, fühlte LaBréa sich nicht erfrischt. Seine Wohnung mit dem gläsernen Dach war total aufgeheizt. Am Nachmittag hatte Céline einen großen Standventilator besorgt. Sie hatte Glück gehabt, denn nicht nur die Klimaanlagen waren bei allen Händlern ausverkauft. Auch Ventilatoren gab es kaum noch in Paris. Jetzt wirbelte die Neuerwerbung auf höchster Stufe die heiße Luft durch den Salon.
    Ein paar Spritzer seines Eau de Toilette, und LaBréa ging ins Schlafzimmer. Er wählte ein dunkelblaues Lacostehemd und nahm die blauweiß gestreifte Sommerhose aus dem Schrank. Kaum war er angekleidet, schwitzte er bereits wieder unter den Achseln und im Nacken.
    Mit Céline war er um halb acht verabredet. Sie stand bereits fertig vor ihrer Wohnung und erwartete ihn in einem geblümten Sommerrock mit champagnerfarbenem Top. Mit ihren dunklen Haaren, den roten Lippen und dem leicht gebräunten Teint, ihrer natürlichen Hautfarbe, sah sie hinreißend aus. La Bréa hatte das Gefühl, sich jedes Mal wieder
aufs Neue in sie zu verlieben. Céline schien das zu spüren und gab ihm einen zärtlichen Kuss.
    Sie verließen das Haus durch den Innenhof. Monsieur Hugo, der Concierge, saß in Unterhemd und beigefarbenen Shorts, die an die kurzen Hosen englischer Kolonialherren erinnerten, auf einem Stuhl an der schattigen Hausmauer. Seine dünnen, gänzlich unbehaarten Spatzenbeine leuchteten kalkweiß. Er sah mitgenommen aus. Sein bleiches Gesicht wirkte abgemagert. Die Hitze machte ihm zu schaffen. Seine kleine Wohnung im Erdgeschoss verließ er in diesen Hundstagen nur in den frühen Morgenstunden und am Abend, und auch dann bloß für eine halbe Stunde.
    Müde hob er seine Hand, als er LaBréa und Céline erkannte.
    »Alles in Ordnung, Monsieur Hugo?«, wollte LaBréa wissen.
    »Mehr oder weniger, Commissaire. Eher weniger. Ich bete jeden Abend, dass ein Gewitter kommt. Aber das Barometer sagt leider was anderes.« Erschöpft ließ er den Kopf sinken, als fiele ihm das Sprechen schwer.
    »Trinken Sie denn auch genug?«, fragte Céline besorgt.
    »Ach, und wie!« Er deutete auf eine große Plastikflasche mit Wasser, die neben seinem Stuhl stand. Sie war leer. »Mindestens drei

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