Der tote Moench
hörbar. »Er weiß alles, was hier passiert. Denn er hat Kontakt zu einem – Geist!« Lo hob den Kopf und sah Christine mit großen, flehenden Augen an. »Ein Geist, der hier oben ist! Im Haus, im Garten, überall!«
Justus runzelte die Stirn, und Peter und Bob warfen sich skeptische Blicke zu. Der Mann im Schuppen war also so eine Art Medium. Zumindest sollte Lo das glauben.
»Und der Mann kann mit dem Geist reden!«, fuhr Lo aufgeregt fort. »Doch der Geist ist böse, sehr böse! Er will sich rächen! An Ihnen, Misses, oder an mir, das weiß der Mann nicht. Aber es ist bald. Bald will sich der Geist rächen, und deswegen müssen wir fort von hier. Alle! Wir sind in schrecklicher Gefahr!«
Justus knetete an seiner Unterlippe, und auch Bob machte sich seine Gedanken. Peter hingegen registrierte mit einem gewissen Unbehagen, dass ihm eine Gänsehaut über den Arm lief. Zwar glaubte selbst er nicht an das Märchen, das Lo ihnen hier auftischte. Aber andererseits: Los Angst und Verzweiflung klangen so echt! Und vor allem: Der Mann im Schuppen hatte tatsächlich Kenntnis von Dingen gehabt, die er eigentlich unmöglich hatte wissen können! Peter schluckte trocken.
»Ich habe schon alles getan, um den Geist zu vertreiben.« Lo zwinkerte nervös. »Bilsenkraut verbrannt, Spiegel aufgestellt und ein Feuerwerk gezündet, aber es hilft nichts. Er ist immer noch hier!«
»Lo, mein lieber Lo.« Christine ging lächelnd auf ihren Gärtner zu. »Ich weiß ja, dass du ein bisschen abergläubisch bist, aber –«
»Nein, Misses!«, unterbrach sie der Gärtner und fuchtelte abwehrend mit den Händen. »Ich spreche die Wahrheit! Der Geist ist hier! Und er ist böse!«
»Lo, das ist Unsinn!«, beharrte Christine. »Es gibt keine Geister.«
»Doch, diesen gibt es! Ich weiß das!«
»Nein, Lo.«
»Misses, wir müssen fliehen! Bitte!«
Christine schüttelte den Kopf und sah ihren Gärtner lange an. Dann sagte sie traurig: »Also gut, Lo, du lässt mir keine andere Wahl. Ich weiß nicht, wie du auf diese ganzen unsinnigen Gedanken kommst, und ehrlich gesagt, möchte ich auch gar nicht mehr wissen. Du gehst jetzt ein paar Tage in Urlaub, ruhst dich aus, erholst dich, machst –«
»Nein, Misses!«
»Machst, wozu immer du Lust hast, und wenn du dich wieder beruhigt hast, dann kommst du zurück. Aber dann möchte ich nichts mehr von diesem Unsinn hören, ist das klar?«
»Aber Misses! Misses!« Schluchzend vergrub Lo sein Gesicht in den Händen.
La Purisima Mission
Die drei Detektive sahen dem Gärtner hinterher, wie er gebückt und leise vor sich hin wimmernd aus dem Zimmer schlich. Auch ihnen tat er wirklich leid, zumal er es ja offensichtlich nur gut gemeint hatte.
»Puh!«, stöhnte Peter. »Armer Kerl.«
»Aber zumindest weiß ich jetzt, was los ist«, sagte Christine. »Und ehrlich gesagt, bin ich auch beruhigt.«
»Weil Los Problem kein reales ist?«, riet Bob.
»Ja. Er hat sich da in etwas verrannt. Aber ich weiß ja, dass er an allerlei Hokuspokus glaubt. Das hat er wohl mit vielen seiner Landsleute gemein. Allerdings ärgert es mich, dass irgend so ein Schwindler Los Leichtgläubigkeit ausgenutzt und ihn dermaßen verängstigt hat. Wenn ich den in die Finger kriege!« Christines Gesicht verdüsterte sich.
»Wir bleiben auf jeden Fall an der Sache dran«, versicherte Justus. »Zumal es noch vollkommen unklar ist, warum dieser Typ Lo den ganzen Unsinn in den Kopf gesetzt hat.«
Christine schnaubte verächtlich. »Ach, wahrscheinlich wollte der sich nur einen Spaß machen. Die Schauermärchen, die sich um diesen Hügel ranken, sind ja allgemein bekannt.«
»Schauermärchen? Welche Schauermärchen?«, fragte Peter.
Man sah Christine deutlich an, dass sie nicht viel für dieses Thema übrig hatte. Dennoch gab sie den Jungen Auskunft. »Bevor vor etwa fünfzig, sechzig Jahren das Wohngebiet hier oben errichtet wurde, standen auf diesem Hügel die Ruinen einer alten Missionsstation, die noch von den Spaniern herrührte. La Purisima Mission.«
»Ach, die überwucherten Gebäudereste, die wir im Garten gesehen haben?«, fiel Bob ein.
»Genau. Ställe, Wohntrakte, Wirtschaftsgebäude, eine kleine Kirche, Unterkünfte für Gäste und so weiter. Die Mission erstreckte sich über weite Teile des Hügels. Sie war eine der größten, die es damals gab.«
»Ich glaube, ich habe den Namen schon einmal gehört«, überlegte Justus. »La Purisima Mission. Ja, doch. Muss so um 1785 gegründet worden sein.«
»1787«,
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