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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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Okay, sie waren nur noch Skelette, aber es sah aus, als säßen sie da und freuten sich über ihren Ausflug. Sie waren weder gefesselt noch geknebelt. Wenn man in eine Grube gestoßen wird, gerät man doch in Panik, oder? Man versucht, da rauszukommen. Man sitzt nicht nur da, starrt durch die Windschutzscheibe und klammert sich ans Lenkrad. Verdammt noch mal, das Mädchen hatte ihre Hand auf dem Oberschenkel des Fahrers!«
    »Das ist ja wirklich ergreifend.«
    »Dann verstehst du, worauf ich hinauswill?«
    »Absolut. Es ist ungewöhnlich. Sie müssten ganz ruhig gestorben sein, durch Drogen, Gas oder irgendwas. Wahrscheinlich waren sie schon tot, als man sie in den Bus gesetzt hat. Klingt nach einem rücksichtsvollen Killer.«
    »Oder einem Psychopathen.«
    »Weißt du, ob die beiden Fremde oder Einheimische waren?«
    »Die Leute von der Gerichtsmedizin wollten sich nicht festlegen. Sie meinten, von der Statur her wären die beiden eher klein, aber sie wollen lieber auf ihre Chefin aus Bangkok warten, als wilde Mutmaßungen anzustellen. Meinst du, es macht einen Unterschied?«
    »Klar. Wenn es Kalifornier sind, wollten sie vielleicht nur in ihrem Lieblingsauto begraben werden. So was machen die da drüben. Ich gehe davon aus, dass du nicht weißt, wie alt sie waren, oder?«
    »Nein, und ich schätze, hier unten kriegen wir auch nichts mit. Ich glaube kaum, dass irgendwer in der Gerichtsmedizin Pak Nam Bescheid gibt, selbst wenn sie was rausfinden würden.«
    »Wo ein Web ist, ist auch ein Weg.«
    »Du machst doch nichts allzu Illegales, oder?«
    »Wenn die Leute so dumm sind, mit vollen Taschen durch den dunklen Cyberwald zu wandern, haben sie es nicht besser verdient, als beraubt zu werden. Da draußen gibt es kein Gesetz.«
    »Und du bist die Königin der Banditen.«
    »Zu viel der Ehre. Kann ich sonst noch was für dich tun?«
    »Ich weiß nicht genau. Hast du Zeit für noch eine Geschichte?«
    Ich erzählte ihr vom Abt und seinem Nonnenproblem. Je mehr ich ihr erzählte, desto klarer wurde mir, dass ich nicht ausreichend Hintergrundinfos über die beiden Hauptakteure hatte. Ich würde noch mal hinfahren müssen. Ich erzählte ihr das Wenige, was ich wusste, und sie versprach, mir zu helfen. Ich hoffte, sie würde mir sagen können, wieso es in diesem Fall eine Nachrichtensperre gab. Außerdem bestellte ich eine Ausgabe des Vinaya Pitaka , des »Korbs der Disziplin« mit den zweihundertsiebenundzwanzig Regeln für Mönche. Darin wurden die Regularien umrissen, die das Dharma in Thailand bestimmten. Ich wollte nicht in unserem örtlichen Internetladen mit den Spielefreaks um den Drucker streiten, also fragte ich Sissi, ob sie ihren weiblichen Freitag bitten könnte, es mir zu schicken.
    »Kein Problem«, sagte sie.
    »Hat deine Assistentin dich eigentlich schon mal gesehen, oder sitzt du hinterm roten Vorhang, wenn du ihr Anweisungen gibst?«
    »Also wirklich. Kein Sarkasmus, bitte. Kin und ich führen lange Gespräche.«
    »Und sie schreckt nicht entsetzt vor dir zurück?«
    »Sie ist Birmanin.«
    Birmanen schreckten so leicht vor nichts zurück. Sie brauchten Geld. Ich war froh, dass mein Exbruder jemanden zum Reden hatte, aber es machte mir Sorgen, dass Sissi keine Luft mehr brauchte, ob versmogt oder nicht.
    »Wir vermissen dich hier alle«, sagte ich. »Wieso kommst du nicht her und wohnst bei uns?«
    »Genau. Pol Pots Blog aus der Hölle. ›Hübsch hier. Schade, dass du nicht dabei bist. Wir könnten alle gemeinsam brennende Exkremente schaufeln‹.«
    Ich nahm es als ein Nein.
    Mair bestand darauf, dass ich, sobald ich die Hunde gefüttert hatte, mit ihnen einen langen Spaziergang am Strand machte. Mit unangeleinten, freilebenden Tieren. Ich versuchte, ihr zu erklären, dass die Hunde sicher auch ohne mich einen Verdauungsspaziergang unternehmen würden, sofern ihnen der Sinn danach stand. Aber sie machte nur wieder diese Sache mit den Augenbrauen, und schon gehörten die Morgen- und Abendspaziergänge zu meiner täglichen Routine. Da stapfte ich durch den weichen Sand, während John sich vor mir hinwarf, in freudiger Erwartung, am Bauch gekrault zu werden, derweil Gogo zwanzig Meter hinter uns zurückblieb und so tat, als trabe sie rein zufällig sowieso in unsere Richtung. Es war eine gute Gelegenheit, Gedanken zu sortieren. Am Montagmorgen jedoch kam John nicht mit.
    Arny rollte seinen Baumstamm, während ich oben in der Hotelküche Frühstück zubereitete. Beide blickten wir auf und sahen, dass Ba Nok,

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