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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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zwanzigtausend Lire war auch sie dabei, und um fünf ging’s los. Zuerst harmlos, mit einem Vor trag über die Geschichte der Stadt unter der Stadt, natürlich auf englisch. »Die Hälfte habe ich immerhin mitbekommen.«
    Diesmal mußte Marlen sich zusammenreißen, um der Freundin geduldig durch die unterirdischen Gänge zu folgen und sie nicht zu unterbrechen.
    Im Verlauf der Führung, erzählte Livia, war der Frau eines amerikanischen Majors irgendwann ein strenger Geruch aufgefallen. A dead dog hatte sie unbeirrt wiederholt, die Augen aufgerissen und dabei – wie Livia sagte – geschnüffelt wie ein Trüffelschwein. Einer der beiden Führer hatte der Frau beschwichtigend entgegengehalten, daß es sich vermutlich um einen Haufen Müll handle, der in einer dunklen Ecke vor sich hin modert, just garbage , das käme leider immer wieder vor. Ein weiterer Amerikaner mit Lateinkenntnissen hatte den toten Hund aufs tote Fleisch übertragen – canis mortuus, er sprach es wie carnis mortus aus – und war damit der Wahrheit intuitiv ein ganzes Stück nähergerückt. Livia war beiden zu Hilfe geeilt und hatte die Sache auf neapolitanisch weitergeführt. Die Frau hatte nicht klein beigegeben: Irgendwo liege eine Leiche – ob Hund oder Mensch. Sie kündigte an, sie würde dem Gestank auf eigene Faust nachgehen, falls die Führer sich weigern sollten, sie zu begleiten. Daraufhin wollten einige Teilnehmer auf der Stelle zurück ans Tageslicht, andere kosteten den Nervenkitzel aus, wieder andere setzten Pokergesichter auf.
    »Es war fast wie ein Wettkampf«, sagte Livia, »in dem es darum geht, wer recht behält. Ehre gegen Ehre, Auge um Auge … Die Neapolitaner, mich natürlich ausgenommen, hielten den Ehrenkodex der Einheimischen hoch, als hätte jemand sie ganz persönlich angegriffen – nach dem Motto ›bei uns gibt es keine Toten im Keller‹ und die Auswärtigen von der Nato stellten sich verteidigend hinter ein Mitglied ihrer Gruppe, als würde der Nordatlantikpakt in Kraft treten müssen – nach dem Motto ›wir wissen, wovon wir reden‹. Aufregend war es allemal. So etwas bekommt man auch bei der Nato nicht alle Tage geboten.«
    Schließlich hatten die Männer die Sache geradezu militärisch in die Hand genommen und die Gruppe in zwei Untergruppen aufgeteilt, denen je ein LASES-Mitarbeiter und ein Natobediensteter zugeordnet wurden. Den Leuten von der LASES blieb nichts anderes übrig, als sich mit auf die Suche nach dem dead dog zu begeben, einem Phantom, wie sie meinten, einem mausetoten Lebewesen, wie die meisten anderen glaubten.
    »Mach’s kurz, bitte«, drängelte Marlen. »Also, irgendwann habt ihr die Jugendhöhle von Salvatore gefunden. Mit dem Toten auf dem Diwan.«
    Livia wiegte den Kopf. »Ja und nein. Jede Gruppe hat etwas entdeckt: die andere Gruppe diese Jugendhöhle. Und wir den Toten.«
    »Das versteh ich nicht. Der Tote lag doch auf dem Diwan in der Höhle.«
    Livia schüttelte den Kopf. »Nein. Er lag woanders. Nicht weit weg, aber jedenfalls nicht auf dem Diwan.«
    Sie hatten ihn direkt neben einem stinkenden Abfallhaufen gefunden – womit beide Parteien recht behielten, was nun jedoch niemanden mehr interessierte: der Gestank kam vom Müll, doch einen Toten gab es ebenfalls.
    »Dann war es ein anderer Toter«, sagte Marlen.
    Wiederum schüttelte Livia den Kopf. »Es muß derselbe sein.« Zwar war auch ihre Beschreibung der Leiche nicht viel genauer als die Marlens am Tag zuvor. Der Mann war anhand des Personalausweises, der in der Hintertasche seiner Hose steckte, identifiziert worden. Sofern die Daten stimmten, handelte es sich um einen gewissen Umberto Cacciapuoti, geboren in Torre del Greco, 38 Jahre alt, Größe 1,72 m, Haarfarbe dunkelbraun, Augenfarbe braun. Livia hatte gehört, wie einer der Männer von der Polizei, vielleicht der Kommissar, die Daten über ein Walkie-talkie durchgegeben hatte.
    Nach dem schrecklichen Fund hatte es fast eine Stunde gedauert, bis die Polizei eingetroffen war. Kein Wunder, schließlich mußte erst jemand zurück zur Treppe und die vielen Stufen zurück an die Erdoberfläche hasten, dann, da es in dem winzigen Raum, in dem die Führungen der LAES begannen, kein Telefon gab, bei einem Nachbarn klingeln, die Polizei und die Sanitäter informieren, und alles retour. Die Gruppe hatte solange unten aus geharrt, ein paar Gänge weiter weg, um dem Gestank des Müllhaufens und dem Anblick des Toten zu entgehen. Eine Stunde war eine lange Zeit, die am besten

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