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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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ist ihm der Anblick des toten Umberto zu nahe gegangen.« Als er ihre aufgerissenen Augen sah, tätschelte er ihr die Hand. » Non ti preoccupare, non ti preoccupare! In Neapel ist es manchmal wichtig, den Unterschied zwischen legalen, illegalen und halblegalen Dingen zur Kenntnis zu nehmen und manchmal nicht. Kapiert? Über den Dingen zu stehen. Sich nicht anmachen zu lassen. Sich auszuklinken.« Er lächelte nicht mehr, sah angespannt aus, zündete sich eine Zigarette an, rauchte hastig.
    Mit wenigen, eindrücklichen Sätzen umriß er die Freundschaft zu Umberto, die seit der Kindheit nicht abgerissen war, trotz der sozialen Abgründe, die zwischen ihnen klafften. Salvatore war erst im Aktionskomitee gegen den Abriß alter Palazzi zu ihnen gestoßen, das heißt, Umberto war die letzten Schuljahre mit ihm in eine Klasse gegangen. Eine intensive Zeit, die zweite Hälfte der siebziger Jahre, die Hoffnung einer Regierungsbeteiligung der KPI war spätestens durch den Mord an Moro zunichte, die jungen Leute nahmen den Kampf gegen den Machtfilz selbst auf. Sie bekamen die Wohnung in der Via Croce, die erste Männer-WG in ganz Neapel. Von einer Reise nach Guatemala war Umberto rundum begeistert zurückgekehrt, drei Monate später waren sie zu dritt losgefahren, ein halbes Jahr durch Mittel- und Südamerika, dort entstand die Idee mit dem Aufkäufen und Verkaufen von Kunsthandwerk, Schmuck, Hängematten, eine Weile kümmerten sich umschichtig immer zwei von ihnen um die Organisation des Verkaufs in Neapel, der dritte sorgte für Nachschub und ließ es sich in Mexiko oder sonstwo gutgehen. Auch das Geschäft ging gut. Dante geriet ins Schwärmen über die Zeiten, als noch wild durch die Gegend gelebt und gevögelt wurde, ohne Rücksicht auf Verluste. Er sagte, in Neapel hätten sie sich das erhalten, in Neapel halte sich jede Vergangenheit am längsten.
    »Und wann war das zu Ende?«
    Ernüchternde Frage. Dante sah sie abschätzig an, grinste dann. »Als die Frauen kamen.«
    »Klingt wie der Titel eines Horrorfilms«, gab Marlen zurück.
    »Fast«, sagte Dante. »Aber nur, wenn man die Sache zu wichtig nimmt. Gehen wir.« Er war unruhig geworden.
    Unter den Arkaden in der Via Tribunali wurde Fisch verkauft, außerdem Gemüse, Turnschuhe, Osterküken. An der Piazza San Gaetano bogen sie in die Via San Gregorio Armeno ein, wo das ganze Jahr über Weihnachtskrippenfiguren feilgeboten wurden. Dante erging sich in assoziativen, ungeordneten Sätzen, denen Marlen entnahm, daß Umberto ihm eine Frau ausgespannt haben mußte. Was offenbar häufiger vorgekommen und nicht weiter tragisch war, Frauen seien schon immer auf Umberto abgefahren, den zweiten Platz teilten sich, wenn er eine Rangliste aufstellen müßte, Dante und Salvatore. Dann sei da einmal eine Frau gewesen, in die er, Dante, ernsthaft verliebt war, er hatte Umberto gewarnt, mehrfach. Vergeblich. Das war schon lange her. Seither, sagte Dante, habe er den Kontakt zu Umberto abgebrochen. Konsequent. Funkstille.
    Marlen fragte ihn, ob er Fiorilla kenne.
    »Nur vom Hörensagen«, sagte Dante. »Salvatore hat damals von ihr erzählt. Daß der tolle Hecht Umberto sich verliebt habe, auf einer Antiquitätenmesse in Florenz, in eine Witwe, die dort einen Stand betreute, daß es ernst sei, daß sie heiraten würden. Das war drei, vier Jahre später. Da konnte ich schon wieder meine Witze drüber reißen, nach dem Motto, was Umberto nun wohl mit seinem Hang zur Vielweiberei anfangen würde? Ob er sich in einen zahmen Hausmann verwandeln würde?« Er zuckte die Achseln. »Aber die Freundschaft zu Umberto war vorbei. Für immer. Und für ewig, wie sich jetzt herausgestellt hat.«
    »Es ist ein eher offenes Geheimnis, daß Umberto sich in seiner Ehe keineswegs zurückgehalten hat«, sagte Marlen.
    »Darüber weiß ich nichts.«
    »Vielleicht hat ihn irgendein eifersüchtiger Ehemann umgebracht?«
    »Könnte ich mir sogar vorstellen«, grinste Dante. »Genug Haß auf ihn hätte ich damals auch zusammengebracht. Leid tut er mir jedenfalls heute noch nicht.«
    »Und Salvatore?«
    »Was – Salvatore?«
    »Hat Umberto auch ihm die Frauen ausgespannt?« Ein Motiv wie aus dem Bilderbuch, dachte Marlen.
    »Ob Agnese Umberto an sich rangelassen hat?« Dante lachte wiehernd auf. »Da habe ich meine Zweifel.«
    »Wer ist denn das schon wieder?« fragte Marlen.
    »Agnese di Napoli. Salvatores Ex-Freundin.«
    Sie waren auf der Piazzetta Nilo angelangt und blieben vor dem Abbild des Nilgottes

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