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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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Ereignis Öl schütten, kann es leicht zu
einem Flächenbrand kommen. Puh!« Der Oberkommissar schien selbst überrascht
über die Dimensionen, die diesem Mord innewohnen könnten.
    »Und wenn es sich nur um den Racheakt aus dem
Rotlichtmilieu handelt? Wenn ein Edelzuhälter ein Warnzeichen für andere Kunden
aus der High Society setzen wollte? Auch ihr da oben dürft euch nicht alles
herausnehmen. Wir sichern unseren Einflussbereich. Was ist, wenn Gruenzweig den
Liebeslohn schuldig bleiben wollte? Wenn es zum Streit über die sexuellen
Dienstleistungen kam? Vielleicht gibt es Dinge, die man sich auch mit viel Geld
nicht kaufen kann. Wir wären sicher ein Stück weiter, wenn wir die Besitzerin
des Hermelincapes ausfindig machen könnten.«
    Große Jäger nickte versonnen. »Ich komme immer wieder
auf die Champagnerflaschen zurück. Wo bewahren die Leute aus diesen Kreisen die
auf? Die stehen doch nicht am Swimmingpool. Jedenfalls nicht sechs Stück.
Vielleicht hat Gruenzweig den Karton aus dem Getränkelager geholt und wollte
eine opulente Party feiern. Trinkt man sechs Flaschen zu zweit? Das wage ich zu
bezweifeln. Und in diesem Punkt darf ich mich als zumindest kleiner Experte
bezeichnen.«
    »Das ist für mich ein kritischer Punkt. Wir können uns
nicht vorstellen, dass man Champagner auch für andere Zwecke verwenden kann.
Den Partner übergießen, damit herumspritzen … Der Phantasie sind keine Grenzen
gesetzt.« Lüder lachte leise. »Ich habe zu Hause einen roten Krimsekt von 1967
im Keller stehen.«
    Große Jäger pfiff durch die Zähne: »Donnerwetter. Was
macht man damit?«
    »Den trinke ich, wenn mich Marilyn Monroe besuchen
kommt.«
    »Hat Ihre Frau nichts dagegen?«
    »Nein. Das gönnt sie mir.«
    »Donnerwetter. Ist die tolerant.« Dann stutzte er.
»Moment mal! Marilyn Monroe? Die ist doch tot?«
    »Eben.«
    Mittlerweile hatten sie Niebüll erreicht. Die
freundliche junge Frau am Fahrkartenschalter erkannte die beiden Beamten
wieder.
    »Sie werden wohl Dauergast bei uns?«, fragte sie mit
einem Lächeln, und zwei Grübchen bildeten sich auf ihren Wangen. »Möchten Sie
nicht eine Zwölferkarte nehmen? Das wird um über einhundert Euro günstiger.«
    »Vielen Dank«, strahlte Große Jäger. »Wir hoffen,
heute das letzte Mal unterwegs zu sein. Obwohl ich dann die Begegnung mit Ihnen
vermissen werde.«
    »Danke«, sagte sie und zeigte mit einem leichten
Rotschimmer einen Hauch ehrlicher Freude über dieses Kompliment.
    Nachdem sie auf den Zug verladen worden waren,
wunderte sich Große Jäger über die Massen, die selbst um diese Jahreszeit nach
Sylt fuhren. »Wenn man bedenkt, dass die Züge je nach Jahreszeit alle zwanzig
Minuten fahren und auf jeden Zug hundert Autos und mehr passen, wundert es mich
nicht, wenn die Insel durch dieses Gewicht immer weiter absinkt. Nicht zu
vergessen das Geld und Gold, das auf Sylt gelagert oder spazieren getragen
wird. Das drückt doch mächtig das Land ins Meer.«
    Lüder war sich nicht sicher, ob es das monotone
Rattern der Räder auf dem Schienenstrang war oder andere Gründe hatte, dass
Große Jäger merklich gegen die aufkeimende Müdigkeit anzukämpfen hatte.
Mehrfach fiel der Kopf des Oberkommissars aufs Kinn hinab, und erschrocken riss
ihn Große Jäger wieder in die Höhe.
    »Wissen Sie mehr über das Opfer?«, fragte er
schließlich.
    »Soll ich dir das als Schlaflied vorsingen? Oder
reicht es, wenn ich berichte, was ich recherchiert habe?«
    »Muh«, knurrte der Oberkommissar und zog eine
Grimasse.
    Lüder lachte. »Lew Gruenzweig ist achtundfünfzig Jahre
alt geworden.«
    »Hah«, unterbrach ihn Große Jäger. »Das ist jetzt
dumm. Der Bursche sah so alt und verbraucht aus, dass ich dachte, ich sollte in
meiner Ahnengalerie forschen, ob ich mich in die Erbengemeinschaft einreihen
könnte.«
    »Wenn es bei den anderen Parametern eine
Übereinstimmung gibt? Die Familie stammt ursprünglich aus Warschau.«
    »Der Name deutet auf einen jüdischen Ursprung hin.«
    Lüder nickte und schüttelte dann energisch den Kopf.
    »Was denn nun?«
    »Ja zum jüdischen Ursprung. Nein dazu.« Lüder zeigte
auf die zerknautschte Zigarettenpackung, die Große Jäger gedankenverloren aus
der Hosentasche gekramt hatte und der er eine Zigarette entnehmen wollte. Mit
einem Schmollmund verstaute er die Packung wieder in der Jeans. »Da gibt es
kaum gemeinsame Vorfahren.«
    Der Oberkommissar nickte versonnen. »Da müsste man
sehr weit zurückgehen. Bis vor Christi Geburt. Da waren

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