Der Tote vom Silbersee (German Edition)
mehr viel von ihm übrig. Endlich gehorchten ihre Beine und sie rannte nach draußen.
»Verdammte Scheiße!« Sie übergab sich. Spuckte, hielt sich den Magen, würgte und hielt erschöpft inne.
»Selber schuld. Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen im Auto warten!« Frau Nürnberger reichte Lena ein Taschentuch.
»Hier, ein Nastuechli.« Es war ein einsamer Versuch, Lena ein verunglücktes Lächeln auf das Gesicht zu zaubern.
Lenas Beine zitterten so sehr, dass sie kaum gehen konnte.
»Andy wollte mich einfach weghaben. Er wusste, dass ich auf die Punks stoßen würde, und dachte wohl, dass ich ihn sonst aufhalte oder einfach mitkomme.«
»Und hätten Sie es getan?«
»Natürlich, Frau Kommissarin, was denken Sie denn? Dieser junge Punk, dieser Andy, der liegt, der lag«, verbesserte sich Lena schniefend, »mir doch am Herzen.«
»Kommen Sie, Frau Wälchli, da vorne ist das Gutmann. Wir brauchen jetzt beide einen starken Kaffee«, beschloss die Kommissarin und zog Lena am Arm mit sich. Während sie in ihr Handy sprach, kauerte sich Lena auf den Rücksitz. Ihr war immer noch übel, speiübel.
***
»Wie gefällt es Ihnen bei uns, Petra?«
Das junge Mädchen mit den roten Haaren und dem Barbie-Blick lächelte ihren Chef an.
»Ich fühle mich sehr wohl bei Ihnen. Ich bin froh, dass ich doch noch eine Lehrstelle gefunden habe! Noch dazu in meinem Traumjob Bürogehilfin«, flötete sie.
»Sie machen Ihre Arbeit recht gut, Petra.«
Er tätschelte ihr vertraulich den Arm. Die junge Frau errötete.
»Und es ist nicht so schlimm, dass ich aus Versehen die Dateien gelöscht habe?«
Ihr Chef lächelte väterlich. »So etwas kann passieren, nicht weiter schlimm. Zum Glück gibt es ja eine Sicherungskopie!«
Petra versuchte sich in einem bezaubernden Lächeln.
»Ich wusste gleich, dass Sie ein so guter Mensch sind.«
»Warum denn das?« Der Mann zog die Stirn in Falten.
Petra wurde nun tomatenrot und druckste herum. Ihr Chef legte seine Hand auf ihren Arm. Aufmunternd sagte er: »Nur zu, Petra, Sie können mir doch alles sagen.«
Er nahm die Hand auch nicht zurück, als das Mädchen antwortete. »Nun ja, jeder weiß doch, wie aufopfernd Sie Ihre kranke Frau pflegen. Sie lassen Ihre Gemahlin nicht im Stich, obwohl sie so krank ist. Sie könnten doch an jedem Finger eine Frau haben und trotzdem bleiben Sie bei ihr.«
Petra bekam einen wehmütigen Blick wie ein heimwehkranker Dackel. »Das ist wohl wahre Liebe, solche Männer gibt es kaum noch.«
Der Druck der Hand auf Petras Arm verstärkte sich. »Es ist nicht immer leicht, glauben Sie mir. Ich bin ein sehr einsamer Mann.«
Das Mädchen sah in die stahlblauen Augen ihres Chefs und seufzte. »Sie sind einfach wunderbar. Von einem Mann wie Ihnen kann jedes Mädchen nur träumen.«
Der Chef zog sie leicht an sich und sie spürte, wie ihre Beine wackelig wurden. »Danke, Petra, Ihr Verständnis bedeutet mir sehr viel.«
Er hauchte einen kleinen Kuss auf ihre Wange. Als er sich umdrehte, flackerte es kurz in seinen Augen auf.
***
Im Gutmann bestellte die Kommissarin zwei doppelte Espressi. Sie sah Lena aufmerksam an.
»Sie verstehen doch etwas von Hunden. Wie bringt man diese Tiere dazu, Killer zu werden?«
Lena gab ihr eine detaillierte Abhandlung und sie sah am Gesicht der Kommissarin, dass diese jedes Wort abspeicherte.
»Und gnade Ihnen Gott, wenn so ein Hund auf Sie losgeht!«, schloss Lena ihre Unterweisung ab.
»Hat der Mensch überhaupt keine Chance?«
»Hm, wenn er einen sehr gut gepolsterten Beißärmel hätte und nicht umfällt, dann vielleicht.«
»Beißärmel?«
»Das ist ein gepolsterter Armschoner, in den man den Hund beißen lässt. Ein Kampfhund verbeißt sich, und dann hätte man vielleicht eine Chance, ihn zu erschießen.«
Belu Nürnberger nickte wieder.
»Sie kennen sich mit Hunden sehr gut aus. Genau die gleiche Information habe ich vom Einsatzleiter unserer Hundestaffel bekommen.«
Ihr Blick auf einmal mitfühlend. »Schaffen Sie es, heute Nacht alleine im Hotel zu sein?«
»Klar, außerdem ist ja Trixi bei mir.«
Die Kommissarin sah lächelnd auf den kleinen Hund hinunter.
»Ja, die kleine Kampfameise wird Sie auf jeden Fall beschützen.«
Lena begann auf einmal unkontrolliert zu zittern.
»Entschuldigung, es sind die Nerven. Es will einfach nicht in meinen Kopf, dass Menschen gegenüber Tieren so grausam sein können. Das sind doch auch Lebewesen.«
Belu nickte. »Wenn frau in der Mordkommission arbeitet, sieht man leider
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