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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Faden verband 1983 und 1999?
    Und wie sollte sie diesen Faden zu fassen bekommen?
    Je mehr sie darüber nachdachte, umso klarer schien ihr immerhin eine Tatsache zu sein. Maager musste während des Spaziergangs am Samstag im Park etwas Entscheidendes erzählt haben. Etwas ganz und gar Entscheidendes.
    Etwas, das mit der Winnie-Maas-Geschichte zusammenhing.
    Etwas Neues?
    Fragezeichen über Fragezeichen. Mikaela Lijphart hatte vor der Begegnung mit ihrem Vater nie dessen Version der Geschichte gehört, weshalb für ihre Ohren alles — jedes peinliche Geständnis und jede erniedrigende Klarstellung — ganz neu und frisch gewesen sein musste, egal, wie gut es mit ihrem alten Bild der Ereignisse übereinstimmte.
    Aber das ließ sich nicht entscheiden, beschloss Moreno. Es hatte keinen Sinn, darüber zu spekulieren, ob Maager etwas Neues erzählt hatte oder nicht. Das mochte sein, wie es wollte.
    Aber wohin war das Mädchen am Sonntagmorgen gefahren, als es von der Jugendherberge aus den Bus nach Lejnice genommen hatte? Hatte sie jemanden besucht? Und wenn ja, wen?
    Fragen vermehren sich schlimmer als Karnickel, dachte Moreno und benetzte ihr Gesicht mit Wasser. Kann ich denn nicht einmal eine Hypothese liefern? Eine Annahme? An den Haaren herbeigezogene Theorien? Worum geht es hier eigentlich?
    Leider kam ihr so gut wie keine Idee. Stattdessen tauchte aus einer ganz anderen Richtung eine Frage auf.
    Diese vergrabene Leiche?
    Ein Mann von Mitte dreißig. Hatte seit einer Woche dort gelegen, wenn Struntze die Wahrheit gesagt hatte. Was mehr oder weniger bedeutete, seit dem vergangenen Sonntag.
    Zusammenhang?, fragte Moreno sich noch einmal.
    Was denn für ein verdammter Zusammenhang?, fragte sie sich gleich danach. Ich habe Durst.
    Sie stapfte durch den trockenen heißen Sand und kaufte sich eine Cola an einem kleinen Kiosk, der an strategisch günstiger Stelle errichtet worden zu sein schien, um das geschwächte Flüssigkeitsgleichgewicht der Leute wiederherzustellen, die die Wanderung von Lejnice nach Port Hagen unternommen hatten. Dann kehrte sie zum Wasser zurück. Leerte die Coladose und warf sie in einen Papierkorb, dessen Aufstellung vermutlich denselben strategischen Überlegungen entsprang.

    Schaute auf die Uhr. Die zeigte zehn vor fünf, und Moreno glaubte, aus der Entfernung durch das trüber werdende Nachmittagslicht den langen Pier und die Schiffe vor Port Hagen erkennen zu können.
    Noch ungefähr eine Stunde, tippte sie. Wenn das keine Luftspiegelung war. Das bringt doch alles nichts. Und an Meister Lampe will ich jetzt auch nicht denken. An alles, aber nicht auch noch an den.
    Was hatte Polizeianwärter Vegesack übrigens gesagt? Dass es in dreißig Jahren hier draußen nur zwei Morde gegeben hatte?
    Jetzt hatte sie zwei Verschwundene und einen nicht identifizierten Leichnam, alles innerhalb von ein und derselben Woche. Das war doch sicher ein Umstand, der genauere Untersuchung verdient hatte?
    Aber statt sich weiteren nicht zu beantwortenden rhetorischen Fragen auszusetzen, überlegte Inspektor Moreno sich jetzt, welche Maßnahmen während der kommenden Tage ergriffen werden könnten. Wenn sie denn wirklich bis zum Donnerstag bleiben wollte. Und das wollte sie ja.
    Und sei es nur, um die Autoreparatur für ihren verflossenen Freund (Verlobten? Typen? Liebhaber?) zu bezahlen.
     
    Der wartete nicht auf sie, als sie endlich — ausgetrockneter und erschöpfter, als sie sich das beim Abmarsch vorgestellt hatte — in Haus Tschandala eintraf.
    Es war fünf Minuten nach sechs. Vor dem Gartentor stand der militärgrüne Trabi, unter dem Scheibenwischer klemmte ein Briefumschlag, und Montezuma schlief auf dem Dach.
    Aber kein Mikael Bau weit und breit. Wenn überhaupt, dann hätte er auf der Terrasse gesessen, das wusste sie. Sie steckte die Rechnung ein, ließ Montezuma weiterschlafen und ging ins Haus, um ihre Habseligkeiten zusammenzupacken.
    Kein Brief, keine Mitteilung. Nichts, was andeuten könnte, dass er überhaupt aus Lejnice zurückgekommen war.

    Das wär’s, sagte sich Ewa Moreno, als sie gepackt hatte. Damit ist dieser Fall erledigt. Sie blieb für einen Moment in der Küche stehen und spielte mit dem Gedanken, ihm noch einen Zettel zu schreiben, dann überlegte sie sich die Sache aber wieder anders.
    Mir fehlt die Inspiration, dachte sie.
    Im Gegensatz zur Transpiration. Und müde und schmutzig war sie auch, hoffentlich verfügte die Pension über funktionierende Duschen.
    Sie nahm ihre Tasche

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