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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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ins Auge sehen musste, und Simons Gedanken kamen einem Gebet so nahe wie noch nie.
    Wenn jetzt ein Fall für SIFT hereinkäme und er deswegen Lafferton womöglich für längere Zeit verlassen müsste, würde er darum bitten, freigestellt zu werden. Er wurde hier gebraucht, nicht irgendwo im Land auf der Suche nach einem schwer fassbaren und anonymen Mörder, obwohl er nicht weit blicken musste, wenn er so einen haben wollte.
    Während er eilig durch die schmalen Straßen der Stadt fuhr, klingelte sein Handy. Er beachtete es nicht. Im Moment kam Cat an erster Stelle.

[home]
    Neunundzwanzig
    J amie, sei still und schlaf jetzt.«
    Für gewöhnlich schlief er gut ein. Wenn nicht, wäre Bethan Doyle verrückt geworden. Er wurde vor sechs Uhr wach, doch sie mussten das Haus ohnehin um sieben verlassen, daher spielte es keine Rolle. Sie brachte ihn in die Kinderkrippe, dann nahm sie den Bus nach Bevham, damit sie um acht Uhr dort war. Der Morgen war tödlich, aber das war ihr lieber, als von Foster abhängig zu sein, lieber unabhängig, lieber kein Geld haben. Dabei hatte sie jetzt auch nicht viel Geld, da sie die Kinderkrippe und ihre Miete bezahlen musste. Doch sie war frei und selbständig. Und wenn sie mit ihrem Brautkleidergeschäft erst mal Fuß gefasst hätte, konnte sie vielleicht den Job tagsüber aufgeben.
    Jamie jammerte. Sie machte die Tür zu und schaltete
Coronation Street
ein, aber das Jammern drang durch die Wand. Dabei war alles in Ordnung mit ihm.
    Auch der Fernseher jammerte, die Erkennungsmelodie von
Coronation Street,
die Jamie kurz übertönte. Bethan ging in die Küche und schaltete den Wasserkocher ein, doch als sie wieder herauskam, waren Jamies Schreie so laut, dass die Nachbarn an die Wand klopften.
    Sie ging in das dunkle Schlafzimmer. Sein Kinderbett stand in einer Ecke, ihr Bett in der anderen. Ein enges, kleines Zimmer. Plötzlich hätte sie am liebsten mit Gegenständen um sich geworfen, so sehr verabscheute sie diese Enge. Und die Straße, in der sie wohnte, und die Leute nebenan und überhaupt alles hier. Sie stand auf der Liste für eine Sozialwohnung, aber sie hatten ihr nur etwas in der miesesten Siedlung in Bevham angeboten, und sie wollte hierbleiben. Lafferton war etwas Besseres, und es war weg von Foster. Wenn es so weit war, gab es anständige Schulen. Wenn sie hier eine Beschäftigung fände und kein Fahrgeld mehr hinblättern müsste, wäre es noch besser.
    Sie hatte Pläne. Das alles dauerte so lange, doch sie hatte durchaus Pläne. Jamie war nicht geplant gewesen, ganz im Gegenteil, aber er war da, also musste sie für sie beide sorgen. Kinder wuchsen heran, es war nicht für immer. Ihr Plan war, zum College zu gehen, Modedesign und Betriebswirtschaft zu studieren und sich von häuslicher Näharbeit bis zu einem Geschäft für Brautmoden hochzuarbeiten. Ihre Anzeigen hatten ihr bereits Arbeit eingebracht. Sie saß gerade an einem schönen, mit Perlen besetzten Kleid. Wenn sie doch einfach rausgehen und alle Mädchen beschimpfen könnte, die sich so leicht von Jungen verführen ließen, wie es bei ihr der Fall gewesen war. Wenn sie die nur zwingen könnte, zu
sehen
. Aber sie würde es schaffen. Dessen war sie sich sicher.
    Sie strich Jamie das feuchte Haar aus der Stirn. Im Zimmer war es stickig. Wahrscheinlich konnte er deshalb nicht einschlafen.
    Bethan zog die Vorhänge zurück und öffnete das Fenster einen Spaltbreit. Eine warme Brise wehte herein und kräuselte Jamies Decke, die am Ende seines Bettes herabhing, was ihn zum Lachen brachte. Auch der Geruch nach Pommes frites wehte herein.
    Für eine Portion Fish and Chips wäre sie über Leichen gegangen, doch das war auch so etwas, wovon man vorher nichts geahnt hatte. Man wusste nicht, wie sehr man an sie gefesselt war und nicht wieder loskam. Manche Mütter hätten ihre Kleinkinder wohl allein gelassen, wären zur Pommesbude gegangen, die nur ein paar Häuserblocks entfernt war. Manche würden auch noch etwas trinken. Ein paar würden zwei oder drei Kinder mit einem älteren zurücklassen, das sie für verantwortungsbewusst genug hielten, um auf sie aufzupassen, auch wenn es erst zehn oder elf Jahre alt war.
    Der Geruch nach Pommes frites verhöhnte sie.
    »Jamie, leg dich hin. Komm, es ist Nacht, Schlafenszeit. Leg dich wieder hin.«
    Er hatte gekniet, zog sich nun jedoch hoch und streckte ihr seine Ärmchen entgegen, ein breites Lächeln auf dem Gesicht.
    »Jamie, komm schon, leg dich hin. Schau mal, hier ist

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