Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
fuhr weiter über dunkle Straßen.

[home]
    Sechsunddreißig
    Z uerst hatte er sie alle ausgeschnitten und in ein Sammelalbum gesteckt, und das Sammelalbum lag immer noch in einem Kasten auf dem Regal, um etwas nachzuschlagen, doch vor kurzem hatte er sich einen Scanner gekauft und scannte die Zeitungsartikel und -anzeigen direkt in seinen Computer ein. Leichter zu organisieren.
    Er hatte Routine entwickelt. Wenn er nach Hause kam, ging er direkt unter die Dusche, dann zog er saubere Sachen an, in der Regel Combat-Hose und T-Shirt. Heute Abend war das T-Shirt alt und olivgrün mit einem verblassten Bild von Che Guevara. Retro. Er hatte nicht viel Ahnung, wer Che Guevara war.
    Etwas essen. Lammkotelett, Möhren, Erbsen, aufgewärmtes Kartoffelpüree vom Tag zuvor. Banane. Apfel. Vier Stücke Schokolade. Zwei Becher Tee. Er mochte sein Essen. Er aß gut. Kochte immer. Man war, was man zu sich nahm. Zu viel Junkfood in sich reinstopfen – und so waren sie auch. Ihre Hirne, ihr Verhalten, ihre Einstellung und ihre Bäuche.
    Er sah sich die Nachrichten an. Schaute eine halbe Stunde lang wahllos Sport auf Sky. Zog den Ring von einer Dose Lagerbier. Machte den Computer an. Schaltete auf den Scanner um.
    BEVORSTEHENDE HOCHZEITEN
    Die Hochzeit zwischen Andrew Hutt und Chelsea Fisher, beide aus Lafferton, findet am Samstag, 22 . Oktober, um 14  Uhr 30 in der Our Lady of Sorrows Catholic Church, Dedmeads Road, Lafferton, statt. Alle Freunde und Freundinnen sind zum Gottesdienst willkommen.
    Er legte es unter »zusätzlich« ab.
    BEKANNTMACHUNG
    Der Dean und das Domkapitel der St.-Michael-Kathedrale Lafferton geben bekannt, dass der Kathedralenhof und der Bereich um Cathedral Lane, Old Lane und St. Michael’s Walk am Samstag, 10 . November, zwischen 13  Uhr und 16  Uhr für die Öffentlichkeit und den Durchgangsverkehr gesperrt sind. Umleitungen werden deutlich markiert. Für Anwohner bleibt der Kathedralenhof zugänglich.
    Was unter »vorrangig« abgelegt wurde.
    Er speicherte und schloss die Dateien. Änderte das Passwort, wie an jedem Abend.
    Heute Abend lautete es »Waldschnepfe«.
    Einzelne Pläne für Zeitrahmen, Details, Abläufe, Strecken befanden sich in einem zweiten Kasten, der mit »Steuerquittungen« gekennzeichnet war und in der Holztruhe unter dem Fernseher aufgehoben wurde.
    Die Truhe war verschlossen. Der Schlüssel steckte im Tiefkühlschrank, verborgen in einem vollen Becher Margarine. Wenn man fünf Minuten brauchte, um an ihn heranzukommen, störte ihn das nicht. Vorsichtsmaßnahmen. Pläne. Abläufe. Routine.
    Auf diese Weise war die Gefahr geringer, dass etwas schiefging.

[home]
    Siebenunddreißig
    S imon verließ sein Büro und rannte los.
    Für nichts und niemanden wollte er stehenbleiben. Er war vierzehn Stunden im Dienst gewesen. Bethan Doyles Ex-Partner war verhört worden und stand nicht unter Verdacht. Whiteside hatte es selbst übernommen, ihn zu seinem kleinen Sohn zu bringen. Louise Kelly hatte Craig Drew wieder zu seinen Eltern gefahren. Noch nie hatte Simon vor so vielen Lücken gestanden. Er hatte das Gefühl, durch Wolken zu waten. Das Einzige, an dem er sich festbeißen konnte, war die Aufgabe, den Töpfermarkt unter den höchsten Polizeischutz zu stellen, der ihm je zugekommen war. Für Chief Constable Paula Devenish stand fest, dass der Töpfermarkt den Schützen anlocken würde. »Nichts«, hatte sie gesagt, »und damit meine ich
nichts,
darf passieren.«
    Simon stieg in seinen Wagen und rief von seinem Handy aus an.
    »Bei Deerborn, mit wem spreche ich?«
    »Hi, Sam.«
    »Oh.«
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Ja. Nur Dad ist operiert worden. Am Gehirn. Deshalb geht es mir nicht so richtig gut.«
    »Ich komme gleich vorbei, ich fahre gerade vom Revier los. Würdest du Bescheid sagen …«
    »Mummy ist oben bei Felix, und sie weint viel. Grandpa und Judith waren hier, aber sie sind ins Krankenhaus gefahren. Hannah übernachtet bei einer Freundin. Ist also keiner da.«
    »Zehn Minuten, Sam.«
    »In deinem eigenen Wagen?«
    »Ja.«
    »Oh. Keine Sirene.«
    »Nein. Aber ich werde mit quietschenden Reifen um die Ecken biegen.«
    »Cool.« Sam legte den Hörer auf.
     
    Er stand an der Tür, als Simon vorfuhr. Plötzlich sah er älter aus; die Beine waren länger, das Gesicht verändert, die kindlichen, weichen Züge wurden fester und schärfer. Seine Ähnlichkeit mit Chris war deutlicher. Vor kurzem noch wäre er mit ausgestreckten Armen auf Simon zugelaufen und hätte sich bereitwillig

Weitere Kostenlose Bücher