Der Toten tiefes Schweigen
er.
»Nein. Videoüberwachung, das ist alles.«
»Die sollen lieber überprüfen, dass die auch wirklich funktioniert.«
»Warum gehen wir nicht selbst rein, Chef? Überwachen es. Prima Aussichtspunkt.«
»Weil wir hier keinen Hinterhalt planen können. Zu viele Menschen überall, zu gefährlich.«
»Wie? Wir sitzen den ganzen Abend im Wagen und drehen Däumchen?«
»Das habe ich nicht gesagt. Neben dem Gerichtsgebäude haben wir jede Menge Reihenhäuser, ein halbes Dutzend, Büros, dann das Ehrenmal, dann kommen zwei vierstöckige Gebäude, die gerade renoviert werden.«
»Da stehen Gerüste, und die Vorderfront ist mit Plastikplanen verhüllt. In die könnte er ohne weiteres ein Loch reißen.«
»Wahrscheinlich hat er ein Gewehr mit Zielfernrohr – so nah muss er nicht ran.«
»Und wenn er das Gewehr nicht benutzt? Er könnte mit einer Handfeuerwaffe herumlaufen. Sehr schwer, das in der Menschenmenge aufzustöbern, die sich auf dem Jahrmarkt herumtreibt, besonders nach Einbruch der Dunkelheit«, sagte Clive Rowley.
Der Leiter der Sondereinheit schüttelte den Kopf. »Er hätte keine Chance, zu entkommen. Der Typ ist kein Verrückter, der schießt, um erwischt zu werden. Er ist gerissen. Seine Morde aus kurzer Distanz geschahen an Orten, an denen er sicher sein konnte, dass es keine Zeugen gab und er eine leichte Fluchtmöglichkeit hatte. Das wäre hier einfach nicht möglich, auch wenn keiner von uns da wäre. Okay, zurück zum Plan. Unsere beiden Einsatzfahrzeuge sind da, und Bevham leiht uns eins zur Verstärkung. Hier …«
Clive lehnte sich zurück und sah zu, wie der Zeigestock über diesen Eingang und jenen Ausgang fuhr, über den einen oder anderen Gefahrenpunkt. Steve Mason war auf seinem Stuhl nach vorn gerutscht und sah aus, als schliefe er mit offenen Augen.
»Das ist alles. Am Freitag um neun werden wir hier noch eine weitere Einsatzbesprechung haben. Bis dahin prägen Sie sich den Plan ein. Brüten Sie darüber. Fällt Ihnen etwas Gutes ein, schreien Sie. Sie sind der Scharfschütze. Denken Sie wie er. Er ist schlau. Wir müssen schlauer sein.«
Zehn Minuten später gingen sie hinaus, um sich etwas zu essen zu holen. In einer Stunde wären sie unterwegs zum alten Flugplatz für ein Training. Draußen nieselte es.
»Was schätzt ihr?«, fragte Steve, der sich hinten angestellt hatte.
»Nichts wird passieren. Zu eindeutig.«
»Ich bin mir da nicht so sicher. Er könnte innerhalb von fünf Sekunden das absolute Chaos auslösen … Das würde ihm gefallen, einfach draufloszuschießen«, sagte Clive.
»Nein, er hat einen Grund für diese Morde. Ich vermute, sie sind persönlicher Natur.«
»Einen großen Tee, Brötchen mit Schinken und Tomate, danke. Dann muss er ein Typ mit verdammt viel Wut im Bauch sein. Ich glaube nicht, dass sie schon irgendwelche Verbindungen hergestellt haben, oder?«
»Komm schon«, sagte Ian Dean und häufte vier warme Würstchen auf seinen Teller, »die Morde sind auf keinen Fall willkürlich. Es muss Verbindungen geben.«
»Die sehe ich nicht. Um ehrlich zu sein, blicke ich überhaupt nicht durch. Ich krieg diesen Typen nicht zu fassen.« Clive setzte sein Tablett ab und schob die Soßenflaschen aus dem Weg. »Ich glaube nur – den halben Polizeiapparat der Grafschaft auf den Töpfermarkt zu schicken ist eine Verschwendung von Ressourcen. Er wird nicht auftauchen.«
»Ich wette einen Fünfer, dass er kommt.«
»Abgemacht«, sagte Clive und trank einen Schluck Tee. »Der Fünfer gehört mir.«
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Einundvierzig
L ois war wie immer nachts am Empfang. Lois, die sich freute, Jane zu sehen, und sie mit einer warmherzigen Umarmung willkommen hieß.
Doch dann fing Jane ihren Gesichtsausdruck ein. »Ich komme zu spät«, sagte sie.
»Ja. Karin ist vor etwa einer Stunde gestorben.«
Jane setzte sich. Sie war müde, enttäuscht, ihr war kalt. Die Gewitter hatten entsetzliche Verzögerungen und Umwege verursacht, und sie war um zehn hier eingetroffen, obwohl sie es bis fünf hätte schaffen sollen.
»Kommen Sie mit in die Küche, ich mache Ihnen etwas Warmes zu trinken. Haben Sie gegessen?«
»Nein, aber ich habe keinen Hunger. Ich sollte zu ihr gehen.«
»Trinken Sie zuerst etwas. Kein Grund mehr zur Eile.«
Nein. Keine Eile. Karin hatte so lange auf sie gewartet, wie sie konnte, doch Jane hatte sie im Stich gelassen. Ihre Schuld war es nicht, natürlich nicht, aber sie hatte trotzdem Gewissensbisse.
Die Leuchtstoffröhren brummten, als Lois das
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