Der Totenerwecker (German Edition)
den Korb aufs Bett fallen und griff nach dem Hörer.
»Bist du okay?«
»Na ja, ich kann wohl von Glück reden, dass ich nicht bewusstlos herumgelegen habe und verblutet bin.«
»Hast du deine Tage?«
Die Art, wie er die Frage stellte, machte sie aus irgendeinem Grund, den sie nicht genau benennen konnte, wütend.
»Nein. Ich bin nur in einer Blutlache aufgewacht ... meinem Blut ... glaube ich. Vielleicht war mein Traum real. Vielleicht hat unser Nachbar uns wirklich beide erstochen.«
»Ist das dein Ernst?«
»Nein, das ist nicht mein Ernst. Klinge ich, als wäre ich tot?«, fuhr Sarah ihn verärgert an. Sie konnte sich nicht erklären, warum er ihr heute dermaßen auf die Nerven ging.
»Soll ich auf dem Nachhauseweg ein paar ... äh ... Hygieneartikel besorgen?«
»Nein, ich hab genug Tampons zu Hause. Danke. Nächstes Mal geh bitte an dein Scheißtelefon.« Sie legte auf und setzte sich wütend aufs Bett. Sie wusste, dass sie nicht so schroff zu Josh sein sollte, aber sie wusste auch, dass er in wenigen Minuten wieder ganz in seiner Arbeit aufgehen und mit seinen Kunden lachen und scherzen und überhaupt nicht mehr an sie denken würde. Er liebte seinen Job. Das war eine der Eigenschaften, die sie wahnsinnig an ihm nervten.
Kapitel 9
Nach dem Abwasch waren sie nach oben gegangen. Heute hatte sich Sarah um das Abendessen gekümmert und Joshs Leibgericht zubereitet: ein riesiges, saftiges Porterhouse-Steak mit frisch gemahlenem Pfeffer und einer Kruste aus Blauschimmelkäse. Es war ihre Art der Entschuldigung, weil sie sich vorher wie ein Arschloch verhalten hatte.
Sarah saß auf der Bettkante und blätterte in einem Buch. Ihre Nachttischlampe brannte und der Fernseher lief. Josh lag mit einem Kissen über dem Kopf neben ihr und versuchte, das Licht und den Lärm auszublenden.
»Geh doch bitte endlich schlafen!«, murmelte er. »Bist du immer noch aufgekratzt wegen deinem Traum?«
»Nein. Ja. Ich weiß nicht. Ich komme einfach nicht runter.«
Conan O’Brien machte sich über das Publikum lustig, weil es nicht über seine Witze lachte. Das war eine seltsame Art von Comedy, mit der Sarah nicht viel anfangen konnte. Sie schaltete um auf Spike TV und verfolgte eine Wiederholung der Ultimate Fighting Championship. Matt Hughes wurde von einem wenig überzeugenden B. J. Penn vorgeführt. Eigentlich mochte Sarah diese Art von Kampfsport, aber heute war sie dafür nicht in der Stimmung. Sie zappte zu Comedy Central und lehnte sich auf dem Bett zurück, während die bunten South-Park-Figuren über den Bildschirm hüpften.
Sie schlug ihre derzeitige Lektüre auf, einen Roman über Zombies auf einem alten Schlachtschiff von einem relativ neuen Autor namens Brian Keene. Normalerweise liebte Sarah gute Horrorromane, und Brian Keene war einer ihrer Lieblingsautoren, aber heute Abend empfand sie die Story als zu blutig. Ihr Blick fiel auf ein Edward-Lee-Paperback auf dem Nachttisch, dessen Cover ein geflügelter Teufel zierte. Vergiss es, dachte sie. Stattdessen nahm sie sich ein Buch vor, in dem es um Menschen ging, die man nach dem Tod im Himmel trifft. Nach wenigen Seiten schlief sie vor laufendem Fernseher ein, im Hintergrund sangen Cartman und Stan ein Lied über Weihnachtskacke.
Sarah schlief furchtbar. Entsetzliche Bilder von Messern und Blut rasten durch ihren Geist, von Josh, der vor Schmerzen schrie, von ihr selbst, die vergewaltigt, verstümmelt und massakriert wurde. Zweimal schreckte sie auf, erschöpft und schweißgebadet. Als sie am Morgen erwachte, war sie überzeugt, dass mehr hinter diesen Träumen steckte als eine unbewusste Überreaktion auf einen unheimlichen Nachbarn.
»Josh? Wach auf, Josh.«
»Muss ich zur Arbeit?«
»Nein. Ich muss mit dir reden ... über diese Träume, die mich ständig verfolgen. So langsam machen sie mir ernsthaft Angst.«
»Hattest du wieder einen? So wie in der Nacht davor?«
»Ich glaube, ja. Ich kann mich nicht genau erinnern. Aber irgendwie übel. Richtig übel.«
»Willst du zu einem Psychologen gehen oder so was?«
»Nein, Josh. Ich glaube, dass da tatsächlich etwas nicht stimmt. Ich möchte damit zur Polizei.«
»Du kannst die Bullen nicht wegen eines Traums anrufen.«
Sarah hatte Tränen in den Augen, als sie Josh ansah.
»Aber was, wenn es kein Traum ist? Wenn er wirklich in meinem Schlaf solche Sachen mit mir anstellt?«
Josh drehte sich um und schaute Sarah an. Er rieb sich den Schlaf aus den Augen und wandte ihr seine volle Aufmerksamkeit zu. Er
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