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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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und einem bräunlichen Rasen davor. In der Auffahrt stand ein Mercury Marquis neueren Modells, der größere Crown Vic. Holiday musste grinsen, als er das Auto sah. Einmal Cop …
    Er parkte seinen Lincoln am Straßenrand, stieg aus und ging auf das Haus zu. Als er im Vorgarten an einem abgestorbenen Flieder vorbeikam, fragte er sich, warum der Besitzer den Baum nicht gefällt hatte. Er klingelte an der Tür und ertappte sich dabei, wie er sein Jackett glatt zog, während er drinnen Schritte hörte. Dann wurde die Tür geöffnet, und vor ihm stand ein kahlköpfiger, mittelgroßer Schwarzer mit grauem Schnurrbart. Er trug trotz des warmen Wetters einen Pullover. Er hatte die mittleren Jahre weit hinter sich gelassen und war nun bereits ein älterer Mann. Holiday hatte ihn noch nie ohne seinen Hut gesehen.
    »Ja?«, empfing ihn der Mann mit hartem, abweisendem Blick.
    »Sergeant Cook?«
    »G-ganz recht, T.C. Cook. Was gibt es?«
    »Haben Sie heute die Post gelesen? Drüben in dem Gemeindegarten an der Oglethorpe Street wurde ein Junge tot aufgefunden. Durch einen Kopfschuss getötet.«
    »Im 4th District, ja. Ich habe den Bericht auf Fox Five gesehen.« Cook löste seine verschränkten Arme. »Sie sind nicht von der Presse. Eher von den Strafverfolgungsbehörden, habe ich recht?«
    »Ich bin ein Ex-Polizist. Metropolitan Police.«
    »Es gibt keine Ex-Polizisten.« Cooks Mund hing beim Sprechen an einer Seite leicht hinunter.
    »Da haben Sie wohl recht.«
    »Im Fernsehen haben sie gesagt, der Junge hieß Asa.«
    »Der Name liest sich vorwärts und rückwärts gleich«, bemerkte Holiday.
    Cook musterte ihn, dann sagte er: »Kommen Sie rein.«

SIEBZEHN
    Leon Mayo machte eine Ausbildung zum Automechaniker in einer kleinen Werkstatt an der Kennedy Street, in dem Bereich mit einstelligen Hausnummern. Die Chance, dieses Handwerk zu erlernen, verdankte er dem Besitzer, der selbst in den frühen 90ern einige Zeit in Lorton gesessen hatte. Der damalige Bewährungshelfer des Werkstattbesitzers – derselbe, der jetzt für Leon zuständig war – hatte die beiden zusammengebracht. Ramone und Rhonda Willis trafen den jungen Mann in der Werkstatt an, nachdem seine Mutter, bei der er wohnte, auf ihre Frage nach Leon nachdrücklich betont hatte, dass er arbeitete, und ihnen die Adresse der Werkstatt genannt hatte.
    Der Besitzer von Rudy’s Motor Repair, Rudy Montgomery, empfing die Polizisten abweisend, doch als sie erklärten, weshalb sie gekommen waren, führte er sie zu Leon Mayo. Leon stand in einem Werkstattraum, der von einer höhenverstellbaren Hängelampe erhellt wurde, und schraubte gerade eine Wasserpumpe aus einem völlig demolierten Chevy Lumina aus. Ramone und Rhonda Willis stellten sich vor, zeigten ihre Dienstmarken und eröffneten dem jungen Mann, was seinem Freund zugestoßen war. Leon legte die Finger an die Nasenwurzel und wandte sich ab. Die beiden ließen ihn für eine Weile mit seiner Trauer allein. Nach ein paar Minuten kam er zu ihnen hinaus in den Hof, der übervoll mit Limousinen und Coupés aus dem vorigen Jahrzehnt war, hauptsächlich Wagen aus Detroit.
    Leon stand vor den Polizisten, wischte sich die Hände an einem Lappen ab und drehte den Stoff dann nervös zwischen den Fingern. Er hatte rote Augen und starrte auf den Asphalt. Es war ihm peinlich, dass die beiden gesehen hatten, wie er die Fassung verlor. Er war ein hagerer, aber muskulöser junger Mann von zwanzig Jahren, wirkte allerdings fünf Jahre älter.
    »Wann ist es passiert?«, fragte Leon.
    »Wahrscheinlich irgendwann in der vergangenen Nacht«, sagte Rhonda.
    »Und wo?«
    »Er wurde beim Fort Slocum gefunden, nahe der Kreuzung von 3rd und Madison.«
    Leon schüttelte den Kopf. »Warum machen die so was?«
    »Die?«, wiederholte Rhonda fragend.
    »Ich meine, warum bringt irgendjemand Jamal einfach so um? Der hatte keine schmutzigen Geschäfte laufen.«
    »In Ihrer Akte steht etwas anderes«, bemerkte Ramone.
    »Das ist alles Vergangenheit«, sagte Leon.
    »Tatsächlich?«, fragte Ramone.
    »Wir haben eben mal Mist gemacht.«
    »Sie haben Autos gestohlen, nicht wahr?«
    »Ja. Eine Zeit lang haben wir auch gedealt, drüben an der 7th. Für uns war das alles ein Spiel. Wir wollten da keine Karriere draus machen. Wir waren Kinder.«
    »An der 7th, Ecke Kennedy«, sagte Rhonda Willis, die in der Gegend um diesen Brennpunkt für einige Zeit undercover unterwegs gewesen war, damals, als sie schon in Zivil war und sich gerade zum Morddezernat

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