Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
alles, was nötig ist!, glaubte Brad anschließend eine Stimme zu hören. Aber im nächsten Moment begriff er, dass es die Gedankestimme des Totengräbers war. Sie fuhr fort, aber Brad vermochte das, was sie nun sagte, nicht mehr zu verstehen. Es war, ob sich diese Stimme nun entfernte und damit leiser wurde. Schließlich war sie überhaupt nicht mehr zu hören. Die Zeremonie schien den Totengräber geistig sehr angestrengt zu haben.
Er machte einen Schritt nach vorn und stützte sich auf den Grabstein.
„Was war das!“, flüsterte Lana, die offenbar genau dasselbe erlebt hatte wie Brad.
„Versuch an nichts zu denken“, murmelte Brad. „Wenn die telepathischen Kräfte des Totengräbers so stark sind, dass sie uns die Villa der Malcolms von innen zeigen konnten, bemerkt er vielleicht auch unsere Anwesenheit.“
Lana schüttelte den Kopf.
„Nicht im Moment. Der ist fürs Erste völlig fertig.“
*
Als der Totengräber jetzt die Augen öffnete und den Blick umherschweifen ließ, zuckten Lana und rad regelrecht zusammen. Wo seid ihr?
Ein tierhafter, knurrender Laut drang aus seinem halb geöffneten Mund. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. Die rot glühenden Augen leuchteten auf. Er schnüffelte wie ein Hund, so als würde ihm das helfen, die Anwesenheit von heimlichen Beobachtern zu erspüren.
Mit erstaunlicher Energie sprang er auf und war mit einem Satz über der Hecke. Dort landete er federnd. Seine Hände hatten sich dabei verwandelt. Sie wuchsen zu gewaltigen Pranken, aus deren Fingern sich Krallen hervor schoben. Gleichzeitig veränderte sich sein Gesicht. Dicke Augenwülste bildeten sich. Der Schädel wurde kantiger und die und Mundpartie wurde größer. Sie erinnerte jetzt an das Maul eines Pavians. Gewaltige Hauer ragten aus dem tierhaften Affenmaul hervor und das drohende Knurren wurde lauter. Wieder blickte er suchend um sich.
Nichts denken! , versuchte Brad sich zu disziplinieren. Langsam beruhigte sich die Kreatur, zu dem der Totengräber geworden war. Offenbar war er nicht in der Lage, Lana und Brad auszumachen. Seine Gestalt veränderte sich und wurde wieder menschlicher. Die Wülste über den Augen gingen zurück, ebenso verschwanden die Hauer und die Krallen bewehrten Pranken. Er umrundete die Hecke, ging zurück zum Grabstein von George W. Malcolm und stellte die Öllampe auf seine Karre. Das ewige Licht ließ er stehen.
Aber bevor er ging, blies er es aus.
Dabei kicherte er und setzte sich die Sonnenbrille wieder auf. Brad und Lana beobachteten noch, wie er mit seiner Karre davonzog.
8. Kapitel: Nächtlicher Spuk
Eine ganze Weile blieben Brad und Lana in ihrem Versteck, ehe sie es wagten, daraus hervorzukommen.
„Dieser Mann beschwört die Geister der Toten“, sagte Brad.
„Das hat er mit dem Geist meines Vaters getan. Deswegen erschien er mir mehrfach in unserem Haus. Er hat versucht mir eine Botschaft zukommen zu lassen…“
„Was für eine Botschaft?“, fragte Lana.
Die Wolkendecke brach etwas auf. Der Mond kam zum
Vorschein. Sein fahles Licht erhellte ihr Gesicht und ließ es totenbleich wirken. Der Schrecken hatte sich in ihre Züge unübersehbar eingegraben. Aber Brad sah in ihren Zügen auch eine wilde Entschlossenheit. Sie wundert sich kein bisschen darüber, dass ich davon spreche, dass mir der Geist meines Vaters erschienen ist! , ging es Brad durch den Kopf.
„Ich konnte ihn nicht verstehen.“
„Wahrscheinlich wollte er dich warnen, Brad“, glaubte sie. Brad nickte.
„Mach dem, was wir heute erlebt haben, leuchtet mir das ein.“ Er sah sie an. Seine Augen verengten sich etwas. „Du glaubst mir das mit dem Geist meines Vaters?“
Sie nickte.
„Warum denn nicht? Ich habe schließlich viel über
Geistererscheinungen gelesen.“
„Papier ist geduldig, Lana.“
„Das mag sein, aber ich spreche von Phänomenen, die durch renommierte Wissenschaftler untersucht wurden. Und heute sind wir ja beide Zeuge einer Geisterbeschwörung geworden.“
„Fragt sich nur, was der Totengräber damit bezweckt.“
„Jedenfalls müssen wir uns in Zukunft noch etwas besser gegen seine geistigen Kräfte schützen.“
Brad lachte heiser auf. „Wenn du dazu irgendeine geniale Idee hättest – nur zu! Ich glaube, jetzt wäre der passende Moment, sie zu äußern.“
„Noch erschreckender fand ich die Verwandlung, die Totengräber zwischenzeitlich durchmachte“, meinte Lana.
„Und? Wie interpretiert eine angehende Dozentin für okkulte Wissenschaften so
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