Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
ich hab dich bis jetzt für einen hellen Kopf gehalten, aber ich muss sagen, jetzt enttäuscht du mich etwas!“
Brad atmete tief durch.
„Ich weiß, es klingt alles etwas absurd. Aber du wirst doch sicher auch von dem Einbruch bei Mrs. Beagle gehört haben.“
Lana nickte. „Ja, so viele Einbrüche geschehen in Willington ja nicht und unsere Zeitung hat darüber ja ziemlich ausführlich berichtet. Leider hat man die Täter nicht gefasst.“
„Der Totengräber hat sich am Grab von Mr. Beagle zu schaffen gemacht, da bin ich mir ganz sicher.“
Lana wirkte jetzt nachdenklich. „Und du meinst, als nächstes sind dann die Malcolms Villa und euer Haus dran? Ich meine, du hast doch gesagt, dass der Totengräber offenbar auch den Geist deines Vaters beschworen hat, als wäre das logisch!“
Brad zuckte mit den Schultern. „Es war nur ein Gedanke. Die Villa der Malcolms lohnt sich jedenfalls – bei uns ist nur noch Dads Münzsammlung und das Familiensilber. Ich glaube nicht, dass ein Einbrecher dafür das Risiko auf sich nimmt, jahrelang in den Knast zu kommen!“
„Irgendetwas Entscheidendes fehlt uns noch in dem Puzzle, Brad.“
„Stimmt und deswegen folgen wir dem Kerl jetzt!“
*
Der Weg zu dem Haus am Waldrand, das Reverend Donaldson dem Totengräber zur Verfügung gestellt hatte, war so dunkel, dass man teilweise kaum die Hand vor Auge sehen konnte.
„Ich hoffe nur, hier ist niemand am Tag mit seinem Hund spazieren gegangen“, maulte Lana. „Ich hatte gerade irgendetwas Weiches unter den Füßen.“
„Das war bestimmt nur Gras oder eine matschige Stelle!“
„Hoffentlich, Brad!“
„Sonst wirst du es irgendwann riechen.“
„Willst du mich ärgern?“
„Nur ein bisschen.“
Das Haus am Waldrand tauchte als düsterer Schatten auf. Flackerndes Licht brannte in einem der Fenster.
„Ich habe gehört, es gibt kein elektrisches Licht in dem Haus“, flüsterte Lana.
Der Totengräber war als Schattenriss zu sehen. Er ging auf und ab. Dabei veränderte sich die Form seines Schattens. Gleichzeitig drangen tierhafte Laute zu Lana und Brad herüber. Laute, wie sie ansonsten vielleicht an einen riesigen Kettenhund erinnerten. Das tierhafte Maul und die gewaltigen Pranken begannen sich im Schattenriss wieder auszubilden, zogen sich aber im nächsten Moment wieder zurück.
„Was geht da vor sich?“, fragte Brad fassungslos.
„Offenbar versucht der Totengräber gegen seine tierhafte, dämonische Natur anzukämpfen“, sagte Lana. „Zumindest ist das meine Interpretation. Es kostet ihm Kraft, die menschliche Gestalt aufrecht zu erhalten.“
„Wir sollten uns in dem Haus mal bei Tag umsehen, wenn der Kerl – dieses Wesen - nicht zu Hause ist! Vielleicht finden wir dann etwas mehr heraus.“
„Gute Idee.“
„Ich schlage vor, dass wir noch etwas näher heran gehen.“
„Brad! Er hätte uns schon einmal beinahe mit Hilfe seiner geistigen Kräfte geortet!“
Er sah sie an. „Mag sein. Aber wenn du recht hast, und er im Augegegenblick damit beschäftigt ist, seine menschliche Natur zu erhalten, heißt das, er ist zurzeit schwach.“
Lana überlegte einen kurzen Moment. Dann nickte sie.
„Vorausgesetzt, es handelt sich wirklich um einen Dämon oder etwas ähnliches, dürfte er bei dem Ritual, dessen Zeuge wir wurden, auch einiges von seiner magischen Kraft verloren haben.“
„Also wagen wir es!“
Ein Motorengeräusch ließ sie beide zusammenzucken. Scheinwerfer blendeten auf und Geländewagen rumpelte den schmalen Weg entlang.
„Vorsicht, in Deckung!“, zischte Brad.
Er zog sie mit sich und sie duckten sich in den Büschen am Wegrand. Der Geländewagen fuhr dicht an ihnen vorbei, walzte das hohe Gras platt. Er hatte eine Geschwindigkeit drauf, die gemessen an den schlechten Sichtverhältnissen, vie zu hoch war. Vor dem Haus bremste der Wagen.
Zwei hoch gewachsene Männer traten ins Freie.
Im fahlen Licht des Mondes waren ihre Gesichter zu sehen. Einer war rothaarig, der andere blond.
Einen Augenblick später verschwanden sie beide im Schatten des Hauseingangs.
„Unser Dämonenfreund bekommt Besuch!“, stellte Lana fest.
„Jetzt wird es auf jeden Fall interessant!“, sagte Brad. „Komm!“
Er zog sie mit sich. In geduckter Haltung näherten sie sich dem Haus, wo immer es ein paar der zumeist dornigen niedrigen Sträucher gab, die auf der Lichtung etwas Deckung versprachen. Sie erreichten das Haus, schlichen zu einem Fenster auf der dem Wald zugewandten Rückseite.
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