Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
nicht, dass du irgendetwas von mir fernhältst.«
»Mein Part wird schwierig werden, Sandra.«
»Warum?«
»Es gibt Dinge in meinem Leben, von denen du besser nichts weißt.«
»Aus der Vergangenheit?«
»Ja.« Max nickte.
»Bist du ein dreckiger Polizist?«
»Nein, das würde ich nicht sagen. Aber ich habe Schlechtes getan, um Gutes zu erreichen. Manchmal muss man das in meinem Job. Manchmal hat man keine Wahl. Na ja, man hat immer eine Wahl. Man kann immer gehen. Aber ich gehöre nicht zu den Leuten, die einfach gehen.«
»Dachte ich mir«, sagte sie.
»Okay.« Er atmete tief durch, als bereite er sich auf einen tiefen Sprung in einen bodenlosen See vor. »Ich erzähle dir, was ich gedacht habe, als ich dieses Pärchen sah. Ich dachte, das könnten auch wir beide sein, die da liegen. Und ich dachte, dass ich das Gleiche getan hätte wie dieser Mann.«
»Das ist ein schöner Gedanke«, sagte sie.
»Es ist ein kranker Gedanke«, korrigierte er.
»Ein bisschen morbid vielleicht, aber nett.« Sie lächelte. »Und dabei kennst du mich kaum.«
»Polizisteninstinkt««, sagte er.
»Ich dachte, der funktioniert nur bei den Bösen.«
»Außer Dienst funktioniert er andersrum.«
Sie lachte und legte die Arme um ihn. Sie drückten sich, und dann küssten sie sich.
»Du schmeckst wie ein Aschenbecher.«
»Und wer hat dir gesagt, du sollst den auslecken?«
Sie brach in lautes Gelächter aus. Ihr Lachen erfüllte den Raum und übertönte die Musik. Ihr Lachen brachte auch ihn zum Lachen.
Als sie sich wieder gefasst hatten, legte sie den Kopf an seine Schulter und nahm seine Hand. So saßen sie da und schauten gemeinsam in die Ferne. Die Musik verklang, sie merkten es nicht.
Irgendwann spürte er, dass sie eingeschlafen war. Er lauschte ihrem Atem an seinem Ohr, spürte, wie sich ihr Brustkorb an seinem Arm hob und senkte. Er roch an ihrem Haar, und ein sanfter Hauch von Parfüm und Kokosnuss stieg ihm in die Nase.
Gegen vier Uhr schlief er ein.
36
Als er zwei Stunden später aufwachte, hörte er die Dusche plätschern. Danach machte sie Frühstück, Tostada und Café con leche. Sie frühstückten am Wohnzimmertisch. Max stellte sich vor, dass mit ihr jeder Tag so sein würde.
Eine Stunde später gingen sie gemeinsam zu ihren Autos, die auf der South West 8th parkten. Sie tauschten ihre privaten Telefonnummern aus. Am liebsten hätte Max sie noch am gleichen Abend wiedergesehen, aber er wusste, dass das nicht ging, weil er im Moyez-Fall schon zu viel Zeit verloren hatte.
Bevor sie sich trennten, küsste sie ihn auf den Mund. Genau wie bei ihrer ersten Begegnung sah er ihr nach, wie sie davonfuhr, bevor er selbst in den Wagen stieg. Und genau wie bei ihrer ersten Begegnung hatte er das gleiche idiotische Grinsen im Gesicht.
Er hatte noch ein bis zwei Stunden Zeit, bevor er im Büro sein musste. Er dachte daran, zur Garage zu fahren, aber er brauchte eine Dusche und frische Sachen, außerdem wollte er sich dieses besondere Gefühl noch eine Weile länger bewahren und es genießen.
Auf der Calle Ocho schaltete er das Radio ein und hörte Nachrichten. Am Vortag war in Overtown ein Polizist getötet worden. Die Polizei fahndete nach einem groß gewachsenen, hellhäutigen Schwarzen in einem weißen Crown Victoria.
Max hatte sich gerade wieder angezogen, als das Telefon klingelte. Es war Raquel.
»Diese Probe, die du mir gestern gegeben hast. Wir haben die geheimnisvolle Bohne identifiziert.«
»Schieß los«, sagte Max und blätterte in seinem Notizbuch nach einer leeren Seite.
»Es ist eine Calabarbohne.« Sie buchstabierte. »Zwei Anwendungsgebiete: eines gut, eines schlecht. Die Pflanze produziert ein Alkaloid namens Physostigmin, das zur Behandlung von Glaukomen eingesetzt wird und auch in nicht verschreibungspflichtigen Augentropfen vorkommt.
Die Bohne selbst ist hochgiftig. Früher wurde sie benutzt, um Hexen zu überführen, damals hieß sie Gottesurteilbohne. Wer der Hexerei verdächtigt wurde, wurde gezwungen, eine halbe Bohne zu essen. Wenn die Leute sich übergeben mussten, galten sie als unschuldig, weil ihr Körper das Gift abgestoßen hatte. Wer gestorben ist, galt als schuldig. Die meisten starben.
Die Bohne legt das Nervensystem lahm und verursacht Muskelschwäche. Sie verlangsamt den Puls und erhöht zugleich den Blutdruck.«
»Wie lange kann man überleben, nachdem man sie geschluckt hat?«, fragte Max.
»Ein, zwei Stunden höchstens, je nach Konstitution und Dosis.«
Max
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