Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
Vom Netzwerk:
Menschen, die sich aus den Fenstern stürzen, Schiffe, die auf Felsen laufen.
    Und dann, ganz am Ende, das Ergebnis all dessen: die Zehn der Schwerter, eine Leiche, die mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegt, zehn Schwerter im Leib. Das verhieß Tod oder Gefangenschaft.
    Sie schaute zu dem Geist von Boukman auf und fragte ihn, warum das alles geschah. Er sah sie nicht einmal an, betrachtete einfach weiter die Karten auf dem Tisch. Wenn ein Geist einem eine Frage nicht beantwortete, bedeutete das, dass das Schicksal des Fragestellers besiegelt war, dass es so und nicht anders sein sollte. Nicht einmal einem bösen Geist war es in einem Moment wie diesem erlaubt zu lügen.
    Eva stieg ein schwacher Geruch nach brennendem, trockenem Herbstlaub in die Nase, und sie spürte eine leichte, kühle Brise, die durchs Zimmer wehte. Sie wusste sofort, dass sie aus dem Jenseits kam. Zwar war es noch früh am Morgen, aber es war Sommer in Miami, und da war es niemals kalt.
    »Wie schlimm wird es?«
    Sie fuhr mit den Händen über die Karten. Sie sah Solomon im Gefängnis.
    »Sie werden dich einsperren«, sagte sie, doch dann sah sie, wie die Gitter zurückgebogen wurden und eine Öffnung entstand. »Aber nicht lange.«
    Der Geist von Boukman hob den Kopf. Er schaute auf Solomon hinab, dann sah er Eva an. Er deutete auf den Kaiser und legte den Zeigefinger an die Lippen.
    »Aber … du darfst nicht über den Kaiser reden. Schweig, und die Türen werden sich für dich öffnen«, sagte Eva.
    »Und was wird aus dir?«, fragte Solomon.
    Wieder schaute sie hoch zu dem Geist, doch der kehrte ihr den Rücken zu.
    Solomon wiederholte seine Frage.
    »Die Karten habe ich für dich gelegt«, sagte sie.
    Der Geruch von brennendem Laub war stärker geworden.
    »Was soll ich tun?«, fragte Solomon.
    Sie betrachtete die Karten.
    Sie schnappte nach Luft vor Entsetzen, der nächste Atemzug blieb ihr in der Kehle stecken.
    Sie schaute hoch zu dem Geist, doch der ging davon – entfernte sich vom Tisch, entfernte sich von ihnen, wurde schwächer, verschmolz mit der Dunkelheit.
    Wieder betrachtete sie die Karten.
    Sie waren ganz plötzlich komplett leer geworden. Die farbenfrohen Bilder waren verschwunden, stattdessen war da nur noch eine matte, gräulich weiße Fläche. Sie riss die übrigen Karten an sich und drehte sie eine nach der anderen um.
    Sie waren alle gleich: leer, von einem aschfahlen Weiß.
    Sie fächerte den übrigen Stapel auf dem Tisch aus.
    Leer.
    Der Geruch wurde stärker. Nicht mehr Laub, sondern etwas anderes, etwas Metallisches.
    In der Dunkelheit um sich herum hörte sie das Kratzen von Klauen, Klauen auf Holz. Und dann in der Ferne ein Knurren, das Knurren von Hunden.
    Sie schloss die Augen und versuchte sich zu konzentrieren, zu horchen, ob da noch ein anderes Geräusch war, aber das Kratzen und Knurren wurde immer lauter, bis sie schwere Schritte hörte, die ihren Kopf umkreisten.
    Sie fühlte sich so unglaublich alt und unglaublich müde und allein, sehr allein, da war nichts und niemand, der ihr noch zur Seite stand.
    Als sie die Augen wieder aufschlug, waren die Karten noch immer leer, trotzdem konnte sie Bilder sehen – zwei Gesichter -, direkt vor ihr in der Maserung des Tisches unter den nutzlos gewordenen Rechtecken aus Pappkarton.
    Sie wischte die Karten vom Tisch und betrachtete die Gesichter.
    Carmine?
    Nein. Natürlich nicht. Der kleine Scheißer war am Leben und hockte unten in seinem Keller.
    Nein, es waren der Wichser von seinem Vater und die beschissene Fotze, mit der er sie betrogen hatte. Sie schauten zu ihr hoch und lächelten. Ein höhnisches Lächeln.
    »Was soll ich tun?«, fragte Solomon noch einmal, und seine Stimme schnitt sich durch das Chaos in ihrem Kopf und setzte sich in ihrem Herzen fest.
    Sie lehnte sich zurück, weg vom Tisch und dem Licht und den leeren Karten, die keine Bedeutung mehr trugen. Sie schob den Stuhl nach hinten, damit er sie nicht mehr sehen konnte, nicht sie und nicht die heißen, nassen Tränen, die aus ihrer verletzten Seele strömten.
    »Mach es ihnen nicht leicht. Tu ihnen weh«, sagte sie und dachte an Mingus’ Frau. »Du bist ein Krieger. Zieh in den Krieg.«

60
     
    Max saß an seinem Schreibtisch und schaute nervös auf die Uhr: 9.47 Uhr. Es war über drei Stunden her, dass er Eldon alles erzählt hatte. Und seither hatte er nichts mehr von ihm gehört, nichts von Sandra und nichts von Joe – obwohl ein paar Leute von der MTF losgeschickt worden waren, um ihn

Weitere Kostenlose Bücher