Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Schusslinie.«
»Und?«
»Ihr habt ihm doch einen Deal angeboten.«
»Welchen ›Deal‹, Daryl? Ich habe ihm keinen ›Deal‹ angeboten«, sagte Eldon.
»Was ist mit dem Staatsanwalt, mit seinem Anwalt? Wollten die sich nicht heute treffen?«
»Ja, wollten sie«, sagte Eldon. »Aber die Situation hat sich geändert. Ismael hat geredet. Er hat eine offizielle Aussage gemacht.«
»Und was ist mit den Ermittlungen?«
»Wir führen hier keine Ermittlungen mehr, Daryl. Wir sind im Krieg. Sie haben einen der unseren angegriffen, also räumen wir sie aus dem Weg, allesamt. Gerechtigkeit in ihrer reinsten und effektivsten Form. Keiner legt sich mit meinen Leuten an und lebt glücklich und zufrieden bis ans Ende seiner Tage«, sagte Eldon kühl. »Der Typ ist ein Schwein, Daryl. Ismael ist Boukmans Mann fürs Geld. Nur weil er mit Stift und Taschenrechner und nicht mit der Waffe arbeitet, heißt das noch lange nicht, dass er das kleinere Dreckschwein ist. Im Grunde ist er sogar noch schlimmer. Den ganzen Tag lang kriegen wir von den kleinen Ghettoscheißern, die wir einbuchten, nichts anderes zu hören, als dass sie keine Wahl hatten. Du kennst die Litanei: nie zur Schule gegangen, keinen Papa, keine Mama, keine Chancen – was hätten sie anderes tun sollen, als den Weg des Verbrechens zu beschreiten? Und die ganzen liberalen Weicheier kaufen denen den Scheiß ab. Ich tue das nicht, auch wenn vielleicht ein Körnchen Wahrheit dran ist. Aber selbst wenn es so ist: Welche Entschuldigung hat dann Sam Ismael? Keine! Er ist zur Schule gegangen, er hatte einen Vater, er hatte eine Mama, er hatte Chancen, und er hat sie vertan. Er hatte eine Wahl, und er hat die falsche getroffen. Also weg mit ihm!«
»Wir bringen sehenden Auges einen Verdächtigen in Gefahr«, beharrte Loewen.
»Es ist reichlich spät für dich, Daryl, dich in ein Muster der Moral zu verwandeln, Herrgott!«, brüllte Eldon, und Daryl zuckte zusammen. »Ismael ist nicht mal mehr ein Verdächtiger! Er ist schuldig. Er hat gestanden. Es ist unterschrieben und besiegelt. Das Stück Scheiße hat dabei geholfen, ein millionenschweres Drogenimperium zu leiten. Was ist denn mit dem Lemon-City-Projekt, für das er als Strohmann fungiert hat? Er hat gewusst, dass dafür Menschen umgebracht wurden! Ganze Familien, verdammt – Kinder, Daryl, Kinder. Und die Babys haben sie mitgenommen! Der Himmel weiß, was diese kranken Voodoo-Idioten mit denen gemacht haben! Also verschon mich verdammt nochmal mit deinen Moralvorstellungen! Denk mal über deine Prioritäten nach und über deine Prinzipien!«
Max sah, wie Joe Eldon beobachtete und grinsend den Kopf schüttelte.
»Wen versuchst du hier zu beschützen, Daryl? Die unschuldige Frau, die entführt wurde, oder einen dreckigen Kriminellen, dessen Leben nicht so viel wert ist wie eine Sekunde von ihrem? Wir sind hier, damit sie und Max lebend aus der Sache rauskommen. Und nur das sollte dich interessieren im Moment! Wenn du jetzt einen Moralanfall kriegen willst, dann verpiss dich, wir brauchen dich nicht!«, brüllte Eldon, und sein Wutbarometer zeigte ein tiefes Dunkelrot.
Eldon und Daryl starrten sich über den Tisch hinweg an. Beide strafften die Schultern. Daryl sah aus, als wartete er nur auf einen Vorwand, Eldon schlagen zu können. Eldon sah aus, als wäre er willens, ihm einen zu liefern. Eine angespannte Stille senkte sich über den Raum.
Eldon brach sie.
»Bist du auf unserer Seite, Daryl?«
Loewen antwortete nicht.
»Bist-du-auf-unserer-Seite? Daryl ?«, wiederholte Eldon, und seine Unterlippe zitterte. Noch nie zuvor hatte Max ihn so wütend gesehen.
»Ich kann fünfundzwanzig Mann stellen«, sagte Daryl mit schwacher Stimme und lehnte sich zurück, stinksauer, aber geschlagen.
»Vielen Dank, Daryl«, sagte Eldon höhnisch und sah ihn an, als hätte er ihn soeben in großer Höhe aus dem Flugzeug gestoßen.
»Wer leitet die Aktion?«, fragte Max, um zum Wesentlichen zurückzukehren.
»Ich.« Eldon drehte sich zu Max.
»Du? Wann hast du zum letzten Mal eine taktische Operation geleitet?«
»Ungefähr 1881.« Eldon lachte. »Jed wird alles koordinieren, aber ich werde neben ihm stehen. Du bist nicht allein in dieser Sache.«
»Absolut richtig«, sagte Joe. »Ich komme mit dir, Max.«
»Nein.« Max schüttelte den Kopf. »Ich habe so schon gute Chancen, einen Menschen zu verlieren, der mir wichtig ist. Ich will nicht zwei draus machen.«
»Du wirst niemanden verlieren«, widersprach Joe. »Ich
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