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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Tisch aus und fing gegen den Uhrzeigersinn an zu zählen. Sie wurden vom Hersteller immer in der gleichen Reihenfolge verpackt. Die Kleinen Arkana zuletzt, nach Farben sortiert: erst Kelche, dann Münzen, dann Schwerter, dann Stäbe. Vierzehn Karten pro Farbe, zuerst die Hofkarten, dann die Zahlen: vom König bis zum As. Sie gelangte zu der Karte, die sie brauchte, drehte sie um und lächelte.
    Der König der Schwerter.
    Je nach Interpretation konnte der König der Schwerter für einen mächtigen und einflussreichen Verbündeten und Freund stehen oder für einen furchterregenden Feind, der zu allem bereit war und auch vor Gewalt nicht zurückschreckte.
    Eva schätzte die magische Kraft der Villeneuve-Karten, die diese – sofern man genügend Vertrauen besaß, wenn man das Deck legte – in Periskope verwandelte, mit denen man in die Zukunft sehen konnte. Und sie liebte die satten und lebendigen Farben. Sie erinnerten sie an die Voodoo-Gemälde daheim in Haiti, mit denen sie aufgewachsen war.
    Sie legte die Karte auf das Schneidebrett, nahm die übrigen auf und steckte sie in einen schwarzen Müllbeutel. Dann schnitt sie die Karte mit dem Skalpell der Länge nach in sechs Streifen und jeden Streifen wiederum in ein Dutzend Stücke, sodass es fast Konfetti ergab. Die Stücke ließ sie in den Mörser rieseln und vermengte sie mit der gemahlenen Calabarbohne, bevor sie die Mischung in das inzwischen kochende Wasser gab.
    Zum Schluss musste der Trank abkühlen und ein paar Stunden ziehen, bevor er dem Empfänger verabreicht werden konnte.
    Eva wollte gerade die Zauberformel sprechen, als sie Carmine mit der Wanne auf dem Rücken vor der Tür vorbeistampfen hörte. Er war auf dem Weg in den Keller, in dem er, außer Sicht- und Hörweite, wohnte. Er bewegte sich so leise wie möglich, wie immer, der kleine Schleicher – selbst in seinem Alter hatte er noch genauso viel Angst vor ihr wie damals als kleiner Junge. Angst vor einer kleinen alten Frau von vierundfünfzig Jahren, ohne ihre Einlagen keine einsfünfzig groß und selbst quatschnass keine fünfundvierzig Kilo schwer. Erbärmlich.
     
    Carmine stieg hinab in den Keller und stellte die Wanne ab. Es gab keine Fenster hier unten, und ohne elektrisches Licht war es stockdunkel, doch nach dem strengen, sterilen Weiß des Badezimmers hatte das jedes Mal eine tröstende Wirkung auf ihn. Er zog den Bademantel aus und warf ihn in die Richtung, in der der Ledersessel stand, um ihn aufzufangen. Er kannte jeden Zentimeter des Raumes so gut, dass er auch die allerkleinsten Dinge im Dunkeln fand. Den Trick hatte Solomon Boukman ihm beigebracht, damals, als sie noch wie Brüder gewesen waren, bevor die Organisation zu dem vielarmigen Monster herangewachsen war, das sie heute darstellte. Solomon hatte sich mit ihr entwickelt und war kühl und distanziert geworden, selbst zu denen, mit denen er groß geworden war, die ihn am besten kannten und alles für ihn tun würden.
    Dennoch, als er so nackt dastand, sicher in seiner eigenen Welt, konnte Carmine sich ob seiner eigenen Schläue und Durchtriebenheit ein Lächeln nicht verkneifen. Seine Mutter mochte ihn für ein erbärmliches Würstchen halten, aber dieses Mal hatte er sie reingelegt, und zwar richtig. Jeder Tyrann musste irgendwann fallen. Sie bildete da keine Ausnahme. Und ihr Fall würde gewaltig sein, bis zurück in die tiefsten Tiefen der Hölle.

10
     
    Jean Assad schlug die Augen auf und wünschte sofort, er hätte es nicht getan. Er war mitten im Herzen des Schlachthofs aufgewacht, und er hatte nur noch wenige Minuten zu leben. Er betete – bettelte nicht -, dass Solomon ihm Gnade erweisen und es kurz machen würde; dass er vergessen möge, was ihn hierhergebracht hatte, und sich an das Gute zu erinnern: wie lange sie sich schon kannten, dass er von Anfang an dabei gewesen war, immer loyal und immer verlässlich, dass er immer an ihn geglaubt hatte. Doch ein einziger Blick auf die Versammelten, auf die Reihe der leeren, vorwurfsvollen Augen, die aus den in der Farbe des Todes bemalten Gesichtern auf ihn herabblickten – und er wusste, dass es nicht so kommen würde. Er würde diese Welt auf qualvolle Weise verlassen.
    Er hatte Gerüchte gehört über diesen Ort, über das, was hier vor sich ging, aber er hatte das nie geglaubt, niemals. Er war genauso abergläubisch wie alle Haitianer, doch die Geschichten von den zwölf riesigen Baron Samedis, die im Kreis um einen Mann in der Mitte standen, und was mit diesem Mann

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