Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
hast gegen die goldene Regel des Ludentums verstoßen. Du kannst deine Mädchen behandeln wie Scheiße, du kannst sie grün und blau schlagen, kannst ihnen den letzten hart verdienten Cent abnehmen, du kannst sie hungern und frieren lassen, aber auf gar keinen Fall lässt du sie im Knast sitzen.«
»Es tut mir leid«, wiederholte er.
»Mir nicht.« Risquée grinste. »Weil ich da drinnen nämlich einiges erfahren habe über dich. Weißt du, die ganze Zeit, die ich meinen Arsch zu Markte getragen habe, habe ich gedacht, dass ich für deine Mama laufe. Aber das stimmt gar nicht. Ich habe nicht so eine bescheuerte Spielkarte auf den Oberschenkel tätowiert, und was ich auch nicht habe, ist eine Altersversorgung. Die Mädels von deiner Mama kriegen von jedem Hunderter, den sie einnehmen, zehn Dollar, und sie legt noch mal zehn Dollar für sie weg für die Zeit, wenn sie als Nutte kein Geld mehr verdienen können. Du hast mich beschissen, Nigga! Und du hast mir ins Gesicht gelogen, dass ich auch für deine Mama arbeite. Dabei hab ich die ganze Zeit nur für dich malocht. Und ich weiß, dass du auch deine arme Mama über den Tisch ziehst, dass du Nutten laufen lässt, von denen sie nichts weiß.«
Carmine antwortete nicht. Sie hatte ihn bei den Eiern. Sie wusste Bescheid.
»Ich wollte schon zu deiner Mama gehen und ihr alles erzählen, nur ist da kein Geld für mich drin.«
»Wie viel willst du?«
»Fünfzigtausend.«
»So viel hab ich nicht.«
»Dann besorg es«, zischte sie kühl. »Morgen ist Donnerstag. Du hast Zeit bis nächsten Donnerstag, dann gehe ich zu deiner Mama. Und vielleicht gehe ich auch nicht allein zu ihr, weil ich nämlich ganz genau weiß, dass du noch viele andere Nutten für dich allein laufen lässt. Wir treffen uns um acht im Laden von deinem Sam.«
»Er ist nicht mein Sam«, brummelte Carmine.
»Und warum hat er mich dann damals an der Möse vorbei in den Arsch gefickt? Der hat mich gefickt wie eine Schwuchtel, Nigga.« Risquée grinste höhnisch. »Du bist der einzige Zuhälter auf der ganzen Welt, der seine Mädels nicht fickt, weißt du das? Scheiße! Du bist nicht mal ein richtiger Lude, du bist ein Waschlappen!« Sie lachte ihr Hyänengelächter. »Und ich werde dich auswringen wie einen Waschlappen, Nigga! Nächsten Donnerstag. Sieh bloß zu, dass du da bist, und bring mir mein Geld.«
Mit diesen Worten drehte sie sich um und stolzierte erhobenen Hauptes, mit quietschendem Kleid, klappernden Absätzen und schwingender Handtasche davon.
Carmine stieg in seinen Wagen und ließ den Motor an.
Gedemütigt und panisch fuhr er durch Coral Gables, ohne nach rechts und links zu schauen, obwohl der Weg zu seinen Lieblingsstrecken gehörte. Er liebte es, mit offenem Verdeck an den schönen großen Häusern vorbeizufahren, über die glatten, von Feigenbäumen gesäumten Straßen, den warmen Wind im Gesicht, den Geruch von viel Geld und frisch gemähtem Rasen in der Nase. Jetzt heizte er über die Brücke auf der Blue Road, ohne einen einzigen Blick auf die Boote in dem Seewasserkanal zu werfen, die hinter den Häusern ihrer Besitzer festgemacht waren. Nicht einmal für den Venetian Pool hatte er einen Blick übrig. All das, diese menschengemachte Schönheit, konnte ihm gestohlen bleiben. Er wollte nur noch weg, fliehen vor dem, was gerade passiert war.
Jetzt war er auf der Miracle Mile, und ihm war vage bewusst, dass er vorgehabt hatte, hier zwei potenzielle Karten in Augenschein zu nehmen – Karos, eine für ihn, eine für seine Mutter -, aber er kam sich so unglaublich unfähig vor, dass er nicht einmal daran denken wollte, das zu tun, was er am besten konnte.
Gott! Die Schlampe wusste Bescheid!
Seit drei Jahren hatte er nun schon sein eigenes Blatt am Laufen, und es hatte noch nie Probleme gegeben, weil er immer supervorsichtig gewesen war. Und jetzt drohte die Schlampe Risquée damit, alles auffliegen zu lassen. Solomon würde ihn umbringen, so viel war sicher. Egal wie lange sie sich schon kannten. Egal, dass sie damals in Haiti praktisch wie Brüder gewesen waren. Für Solomon spielte so etwas keine Rolle. Er würde ihn foltern, noch dazu. Er würde einen SNBC für ihn einberufen. Und Sam? Was würde mit Sam passieren? Sam war sein bester Freund, sein einziger Freund. Sam steckte genauso tief in der Scheiße wie er.
Als er nach Little Havana kam, fühlte er sich gleich besser. Das Viertel war so dermaßen heruntergekommen und arm und schäbig, dass es genau seinem Gemütszustand
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