Der Totenschmuck
war, kurz nachdem er von Brads Tod erfahren hatte, hatte er sich gefragt, ob sie sich genauso fühlte wie er, aber sie hatte ihn viel zu rasch wieder vor die Tür gesetzt. Er hatte nur einen schnellen Blick durch ein Fenster auf eine ferne Aussicht werfen können, doch der Vorhang fiel schon, bevor man sie richtig erkennen konnte. Kitty. Sie hatte sich einen Moment von ihm in den Arm nehmen lassen und er hatte die ursprüngliche Anziehung, das alte Verlangen wieder gespürt, das nie ganz verschwunden war, auch dann nicht, als alles andere unerträglich gewesen war. Er wusste, dass sie das Gleiche gedacht hatte, in dem Augenblick, bevor sie sich von ihm abgewendet hatte in der Nacht, als Petey gestorben war.
Er war innerlich aufgewühlt und nahm den Becher mit heißem Tee, um irgendetwas zu tun. Aber der Tee war nicht stark genug und mit dem schwachen Geschmack noch auf der Zunge stellte er ihn wieder auf den Tisch. Da er nicht wusste, was er mit sich anfangen sollte, griff er nach Drews Plänen für das Back-Bay-Stadthausprojekt.
Andrew hatte sich immer gern architektonische Pläne angesehen. Wenn ein Projekt nur aus vielen feinen Linien auf dem Papier bestand, war es am vielversprechendsten. Drew hatte seit einer Weile davon gesprochen, die leer stehenden Back-Bay-Villen zu renovieren und den Architekten gebeten, sich etwas einfallen zu lassen, um ihm anschließend die Ideen zu präsentieren. Die Häuser waren für junge, alleinstehende Selbstständige gedacht, mit großen Schlafzimmern und Büros sowie Platz für die Freizeitgestaltung. Drew wollte das den Gemeinschaftsbereich nennen und einen Hof mit Pool, Fitnessraum und Grillplatz anlegen lassen. Andrew stellte
sich lauter junge schicke Bostoner Erfolgsmenschen vor, die sich auf dem Dach tummelten.
Die Pläne sahen nicht übel aus, und Drew hatte gemeint, dass der Platz so am besten genutzt werden könnte. Um ehrlich zu sein, interessierte Andrew sich nicht besonders für die Planung von Dingen. Überhaupt interessierte er sich nicht besonders für alles, was ihn nach der Meinung anderer interessieren sollte. Mit zweiunddreißig hatte sein Vater ihn einmal zum Lunch eingeladen. »Was möchtest du gerne machen, Andrew?«, hatte er gefragt. »Wo du jetzt deinen Abschluss in Jura hast, hast du viele verschiedene Möglichkeiten, wie du deine Zeit in der Firma nutzen kannst.«
Andrew war nichts eingefallen, und sein Vater war wütend geworden. Nur um schließlich etwas zu sagen, hatte er »mir hat es immer gefallen, Häuser zu kaufen und wieder zu verkaufen« gerufen.
Es war ein Traum von ihm gewesen, ein Haus zu kaufen und darin zu arbeiten, die Böden abzuschleifen, die Wände in kühlen, beruhigenden Farben zu streichen, das alte, schwerfällige viktorianische Inventar durch sauberes, modernes zu ersetzen und es dann an jemand anders zu verkaufen und das nächste zu kaufen. Er hatte immer gern mit Holz gearbeitet und sich vorgestellt, einen Teil der Arbeiten selbst auszuführen. Zu Weihnachten hatte er Kitty eine Truhe aus Holz gezimmert und war mit dem Ergebnis sehr zufrieden gewesen.
Aber sein Vater hatte ihn missverstanden.
»Großartig. Baurecht«, hatte er entgegnet. »Ich habe schon daran gedacht, dass wir unsere Immobilienanteile vergrößern sollten. Wenn du auf diesem Rechtsgebiet, das unsere Arbeit betrifft, zum Experten wirst, können wir da richtig was draus machen.«
Andrew hatte sich darauf eingelassen, aber er war nicht sehr gut in diesem Geschäft, was jeder wusste. Nach und nach hatten sie jüngere Anwälte angestellt und Andrew hatte
jeden Tag schon um zwei oder drei Uhr nach Hause gehen können.
Aber er hatte keine Langeweile gehabt. Er hatte es gemocht, wenn die Kinder aus der Schule gekommen waren und es genossen, nur mit Kitty im Haus zu sein. Seinen Trinkgewohnheiten waren diese freien Nachmittage natürlich entgegengekommen. Fünf Jahre Psychotherapie hatte es gebraucht, bis er das herausgefunden hatte. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, einen oder zwei Drinks zu nehmen, wenn er nach Hause kam, und hatte immer wieder nachgeschenkt, je weiter der Nachmittag fortgeschritten war.
Wieder griff er zum Telefonhörer und wählte diesmal die vertraute Nummer.
Nach acht Freizeichen nahm sie ab. Sie hatten sich oft darüber gestritten, dass sie nicht mehrere Telefonanschlüsse in ihrem Haus installieren lassen wollte. Das war vollkommen lächerlich. Das Haus war riesig. Wenn man im zweiten Stock war und das Telefon im Erdgeschoss
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