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Der Totenwächter - Roman (German Edition)

Der Totenwächter - Roman (German Edition)

Titel: Der Totenwächter - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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Sephrete hatte einen Vater. Ein guter und angesehener Mann. Sein Name war Akobeth. Dieser Akobeth wusste, dass Sephrete jene junge Frau war, die Mamothma für sein Opfer benötigte. Der Mann stand vor der Wahl: Er würde Zeuge sein, wie Mamothma zurückkehrte und die Welt unterjochte oder er würde ihm sein Werkzeug nehmen.«
    »Ich ahne es«, murmelte Brad. Er schüttelte sich, als sei ihm kalt.
    »Ja.« Akbar nickte. »Er tötete seine eigene Tochter. Er tötete sie, um Mamothmas Macht zu brechen. Ohne Sephrete kein Opferritual. Ohne das Ritual keine Allmacht für den Verstorbenen. Er tötete seine Tochter, um den Teufel zu besiegen.«
    »Warum Grace?«, flüsterte Linda, als fürchte sie, man könne sie belauschen.
    »Sephrete soll eine sehr schöne junge Frau gewesen sein. Lange dunkle Haare und braune große Augen. Wie sieht ihre Tochter aus?«
    »So, wie Sie Sephrete beschreiben.«
    »Ich dachte es mir. Vielleicht geht es um Wiedergeburt? Ich weiß es nicht. Möglicherweise ist Grace tatsächlich die Wiedergeburt von Sephrete. Oder Mamothma denkt das. Er wartete, wie eine Zecke auf einem Baum oder in einem Busch wartet. Jahrelang, um sich dann - wenn der Richtige daher kommt - auf ihn fallen zu lassen.«
    »Und warum wollte er, dass ich ihn - wohin auch immer - freiwillig begleite?«
    Akbar zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »In der Grabkammer wurde ich gewarnt. Eine Stimme versuchte immer und immer wieder, mich zu warnen. Und dann war da noch dieser Vogelmensch.«
    »Ba.«
    Verständnislos legte Linda ihren Kopf schräg.
    »Ba. Er ist ein Geist. In der ägyptischen Mythologie stellt Ba die Seele eines Verstorbenen dar, der den Körper eines Toten verlassen hat.«
    »Er sagte, er wolle mir helfen.«
    Hilflos blickte Akbar von einem zur anderen. Es schien, als sei er mit seinem Latein am Ende.
    »Die Fragen nehmen kein Ende.« Linda drehte die Kaffeetasse zwischen ihren Fingern. »Was ist mit den Touristen hier an Bord? Mit Ihrem Personal, Kapitän? Sie alle sind Geister. Offensichtlich sind sie alle Jünger dieser Goldmaske. Wie kann so etwas geschehen? Sie kennen ihre Mitarbeiter doch – Sie ...«
    Akbar winkte ab. Er blickte gequält auf. »Was glauben Sie, Ma’am, wie sehr ich unter dieser Vorstellung leide? Mein Weltbild ist ins Wanken geraten. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich verhalten soll. Ich bin ein gebildeter Mann. Das bedeutet in Ägypten nicht viel. Lehrer verdienen 1400 Pfund im Monat, also ungefähr 230 Dollar. Davon wird man nicht satt. Nur, wer direkt mit dem Tourismus zu tun hat, verdient mehr. Und doch besteht alles nur aus Mubaraks Seilschaften, die nun langsam zerbröckeln. Ich selbst habe diesen Job, weil mein Vater ein einflussreicher Mann ist. Ein anderer Mann, mag er noch so intelligent sein, könnte niemals Kapitän eines Nildampfers werden, wenn ihm die Beziehungen fehlen. Ich sehe US-Fernsehen über Satellit und höre die Eagles und doch bin ich mit Geistern an Bord. Denn es gibt sie.«
    »Fassen wir zusammen«, sagte Brad. »Dieser Typ mit der Goldmaske wollte vor zweieinhalbtausend Jahren Herrscher über die Welt werden. Dafür musste er seine Liebste opfern. Die allerdings kam Mamothma zuvor und tötete ihn, damit er sie nicht würde umbringen können. Er schwor, sich zu rächen und wiederzukehren. Um das zu verhindern, tötete dieser Priester seine Tochter Sephrete, um Mamothma den Grund für die Wiederkehr zu nehmen. Nun scheint der Geist von Mamothma in Grace das Ebenbild von Sephrete zu sehen. Er wird versuchen, das Opferritual zu wiederholen.«
    Seine Worte schwangen hart im Raum. Lediglich das Surren der Klimaanlage war zu hören. Hinter dem Ufer des Nils färbte sich die Sonne rot und zauberte schwarze Palmensilhouetten vor den Horizont.
    »Wo können wir Grace finden? Wie können wir sie retten?«, stieß Linda hervor, die vor Furcht wie gelähmt war. Es klirrte, als ihr die Tasse aus der Hand fiel. Sie krachte auf die Tischplatte. Der Henkel brach ab.
    »In der Grabkammer«, murmelte Akbar. »Dorthin wird man sie gebracht haben. Ins Tal der Könige.«
    »Dann müssen wir sehen, dass wir dahin kommen!« Brad öffnete seinen Kleiderschrank, holte eine Jeans heraus und schlüpfte hinein. Er zog sich ein Sporthemd über und knöpfte es zu. »In zwei Stunden geht die Sonne unter. Es könnte kalt werden.«
    Akbar faltete seine Hände ineinander und rang mit seinen Fingern.
    »Wir werden keine Chance haben. Die Sage von Mamothma beherrscht seit Jahrtausenden

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