Der Toyota Weg
„Anschaffung“ gesagt habe, nicht „Nutzung“. Leider wird noch lange nicht alles, was von so genannten Spitzenunternehmen gekauft wird, hinterher auch benutzt. Der Toyota-Weg ist langsam, weil mehr als eine Technologie den Lackmustest der Unterstützung von Prozessen, Mitarbeitern und Werten nicht bestanden hat und zugunsten einfacherer, manueller Systeme ad acta gelegt wurde. Auch im Zeitalter der Digitalisierung folgt Toyota dieser Vorgehensweise. Und obwohl Toyota in der Anschaffung von Technologien nicht branchenführend ist, gilt das Unternehmen als globaler Benchmark, was die Nutzung Wert schöpfender Technologien betrifft, die Menschen und Prozesse unterstützen.
Das Prinzip: Neue Technologien müssen Ihre Mitarbeiter, Prozesse und Werte unterstützen
Bei Toyota werden neue Technologien nur dann eingeführt, wenn sie sich in einem praktischen Probeeinsatz unter Beteiligung einer breiten Zahl von Mitarbeitern aus den verschiedensten Bereichen bewährt haben. Das heißt nicht, dass auf neue bzw. hochmoderne Technologie verzichtet wird, sondern dass diese Technologie sorgfältig evaluiert und getestet wird, um sicherzustellen, dass sie zur Werterzielung beiträgt. Toyota unternimmt gewaltige Anstrengungen, um die Auswirkungen der neuen Technologie auf bestehende Prozesse zu analysieren. Zunächst machen sich die mit dem Testen und Evaluieren beauftragten Ingenieure aus eigener Anschauung ein Bild von der Art der werthaltigen Arbeit, die in dem jeweiligen Prozess von den Fließbandarbeitern ausgeführt wird. Dabei suchen sie nach weiteren Möglichkeiten, überflüssige Arbeitsschritte zu beseitigen und den Prozessfluss gleichmäßiger zu gestalten. Dann wird ein Pilotbereich definiert, in dem der Prozess mit denbestehenden Maschinen und Geräten, der bestehenden Technologie und den vorhandenen Mitarbeitern verbessert wird. Wenn sich mit dem vorhandenen System keine weiteren Verbesserungen erzielen lassen, wird überlegt, ob der Einsatz der neuen Technologie eine weitere Optimierung ermöglicht. Im Falle einer positiven Einschätzung wird sorgfältig analysiert, ob die neue Technologie mit Toyotas Philosophien und operativen Grundsätzen im Konflikt steht. Dazu gehören auch Grundsätze wie die Höherbewertung von Menschen gegenüber Technologien, die Entscheidungsfindung nach dem Konsensprinzip und ein operativer Fokus auf die Eliminierung nicht werthaltiger Elemente. Wenn die neue Technologie diese Grundsätze verletzt, oder wenn irgendein Risiko besteht, dass sie die Stabilität, Zuverlässigkeit und Flexibilität der Prozesse beeinträchtigen könnte, wird sich Toyota gegen die neue Technologie entscheiden oder die Einführung zumindest so lange vertagen, bis die Probleme gelöst sind.
Wenn sich die neue Technologie beim Testeinsatz bewährt, gilt das Leitprinzip, dass ihre Ausrichtung und Anwendung einen kontinuierlichen Prozessfluss in der Produktion unterstützen müssen, und dass es den Mitarbeitern möglich sein muss, mit ihr bessere Arbeitsergebnisse nach den Standards des Toyota-Wegs zu erzielen. Das bedeutet, dass diese Technologie ausgeprägt visuell und intuitiv sein muss. Idealerweise wird sie direkt am Fließband eingesetzt und erfordert keine Dateneingabe in einem abgelegenen Büro. Das wichtige Prinzip ist dabei, Wege zu finden, um den eigentlichen Produktionsprozess zu unterstützen, ohne die Fließbandarbeiter von ihrer Wert schöpfenden Arbeit abzulenken. Mit dieser umfassenden Analyse und Planung involviert Toyota alle Beteiligten auf breiter Ebene in einem Konsensbildungsprozess. Wenn dieser Prozess einmal abgeschlossen ist, wird der Einsatz der neuen Technologie unverzüglich vorangetrieben. Gerade aufgrund dieses umständlichen Prozesses geht die Einführung neuer Technologien bei Toyota im Allgemeinen reibungslos, ohne Widerstand seitens der Belegschaft und ohne eine Beeinträchtigung der Prozesse vonstatten – Widrigkeiten, mit denen andere Unternehmen oft zu kämpfen haben.
Menschen machen die Arbeit, Computer bewegen Informationen
Wenn ich das Toyota-System lehre, beginne ich mit den Grundlagen. Dazu gehört auch
kanban
, das hauptsächlich ein visueller Prozess ist. Wenn es einen IT-Spezialisten im Unternehmen gibt, stellt er oder sie typischerweise die Frage: „Gibt es im TPS keinen Platz für IT?“ Ich versichere ihnen jedes Mal, dass sie auch dann nicht ihren Job verlieren werden, wenn das Unternehmen komplett schlank wird. Aber ihre Rollewird sich verändern. IT wird
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