Der Toyota Weg
der Arbeit wurde zu einer „Wissenschaft“ erhoben, als die Massenproduktion das individuelle Handwerk ersetzte. Ein großer Teil der modernen Fertigung und Standardisierung geht auf die Prinzipien der Fertigungsorganisation zurück, die Frederick Taylor, der „Vater des wissenschaftlichen Managements“ erfunden hat.
In der Automobilindustrie verfügten die Werke über Armeen von Fertigungsingenieuren, die Taylors Ansatz zu Zeit- und Bewegungsstudien umsetzten. Die Fertigungsingenieure waren überall, planten jede Sekunde eines jeden Handgriffs der Produktionsarbeiter und versuchten, aus der Belegschaft das absolute Maximum an Produktivität herauszupressen. Offene und aufrichtige Arbeiter, die den Fertigungsingenieuren Einblicke in ihre Arbeitspraktiken gewährten, mussten schnell feststellen, dass die Akkordzahlen angehoben wurden und sie ohne zusätzliche Vergütung noch härter arbeiten mussten. Deswegen hielten andere Arbeiter mit Techniken und selbst entwickelten arbeitssparenden Geräten hinterm Berg und versteckten sie vor den Fertigungsingenieuren. Die Arbeiter arbeiteten absichtlich langsamer, wenn die Fertigungsingenieure wieder einmal eine Studie erstellten, um deren Erwartungen niedrig zu halten. Natürlich bekamen die Fertigungsingenieure dies mit der Zeit heraus und versuchten gelegentlich, die Arbeiter unbemerkt bei ihrer Arbeit zu beobachten. Oft führten die Effizienz und die Zeitstudien, die die Arbeitsplatzbeschreibungen und die Verantwortungen verändert hatten, zur Verärgerung der Gewerkschaften und wurden zu einer erheblichen Quelle für Konflikte zwischen der Belegschaft und der Unternehmensführung.
Heute nutzen Unternehmen Computer, um die Bewegungen der Arbeiter zu überwachen. Die Computer geben unmittelbar Auskunft über die individuelle Produktivität. Die Mitarbeiter wissen, dass sie überwacht werden und bemühen sich nach Kräften, die vorgegebenen Zahlen zu erfüllen, oft ohne Rücksicht auf die Qualität. Traurigerweise werden sie damit zu Sklaven irgendwelcher Zahlen, anstatt sich auf die Erfüllung des Mission Statement des Unternehmens bzw. dessen Philosophie zu konzentrieren. Das muss nicht sein, wie wir anhand von Toyotas Methode zur Standardisierung der Arbeit erkennen können.
Die Ford Motor Company war einer der ersten Giganten der Massenproduktion, der mit einer rigiden Standardisierung der Arbeit an denMontagebändern in Verbindung gebracht wird. Toyotas Ansatz wurde zum Teil von Henry Fords Ansichten geprägt. Zwar mutierte Fords Vorgehen schließlich zu einem System rigider Vorschriften, das den destruktiven Praktiken des Taylorismus folgte, aber das war nicht die Vorstellung, die der Unternehmensgründer ursprünglich von Standardisierung hatte. Henry Fords Sichtweise, die er 1926 zu Papier brachte, stimmt eher mit Toyotas Sichtweise überein:
Die heutige Standardisierung … ist das notwendige Fundament, auf dem die Verbesserungen von morgen basieren. Wenn Sie an „Standardisierung“ als die bestmögliche Praktik denken, die es heute gibt, die aber morgen schon weiter verbessert werden kann, dann sind Sie auf dem richtigen Weg. Wenn Sie unter Standardisierung allerdings Einengung verstehen, dann stoppen Sie den Fortschritt.
Noch einflussreicher als Henry Ford war die Methodologie und Philosophie des „Training Within Industry“-Programms (TWI) des US-amerikanischen Militärs, das 1940 mitten im Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufen wurde, um die Produktion und die alliierten Kräfte zu unterstützen. Dieses Programm basierte auf der Überzeugung, dass der beste Weg, um etwas über die Optimierung von Fertigungsprozessen zu lernen, die praktische Tätigkeit in der Fertigung sei, und dass eine Standardisierung der Arbeit eine gemeinsame Anstrengung von Produktionsarbeitern und Vorarbeiter sein sollte (Huntzinger, 2002). Während der US-amerikanischen Besatzung und des Wiederaufbaus der japanischen Wirtschaft in der Nachkriegszeit lehrte ein ehemaliger TWI-Trainer und sein Team, die die „vier Reiter“ genannt wurden, japanische Unternehmen diese Standardisierung der Prozesse. Der Toyota-Weg, den Dingen auf den Grund zu gehen, auf Details zu achten und sich durch Learning by Doing zu verbessern, ist stark von dem TWI-Programm beeinflusst (Dietz und Bevens, 1970) und hat sich zur tragenden Säule der Standardisierungsphilosophie von Toyota entwickelt.
Die Standardisierung der Fertigung reicht bei Toyota viel weiter als bis zur Niederschrift einer Liste von
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