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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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Teppich gewoben waren, aufleuchten ließ - als wäre die Sonne ansteckend, als würde sie sie verzehren -, als sie sich, ohne auch nur darüber nachzudenken, in Rauch verwandelte. Ohne ein weiteres Geräusch schwebte sie, abgesehen von dem zu Boden fallenden Damaststoff, in das darüberliegende Stockwerk. Im Prunkzimmer, das sie für sich beansprucht hatte, zog sie sich an: einfache Kleidung, weil sie keine Zofe hatte, die ihr hätte zur Hand gehen können, doch immer noch recht fein, in naturfarbener Seide und mit weitem, schwingendem Rock, der mit pflaumenfarbenen Blüten und Weinranken bestickt war. Es fühlte sich so gut an, die eigene Kleidung zu tragen. Es fühlte sich an, als müsse sie nicht länger vorgeben, jemand anders zu sein. Endlich konnte sie wieder sie selbst sein.
    Aber Christoff kam nicht. Sie bürstete sich das Haar und dachte darüber nach, während sie sich Zöpfe flocht und sie im Nacken zu einem schweren Knoten schlang. Sie nahm ihre Haube aus weicher, bestickter Seide und ließ die Bänder durch die Finger gleiten. Doch dann entschied sie sich dagegen, sie aufzusetzen. Sie mochte es nicht, wenn ihre Ohren bedeckt waren; es lief ihren Instinkten als Drákon und als Diebin zuwider. Sie würde sie später tragen, wenn es nötig sein sollte.
    Auch wenn sie ihre Kleidung so ausgewählt hatte, dass sie nur für ihre Zeit in Far Perch ausreichend sein würde, hatte Rue immerhin all ihre Kosmetiksachen mitgebracht: Rouge
und Holunderbeeren und Parfüm, samtene Stofflappen und Duftwasser. Zart und geübt bearbeitete sie ihr Gesicht, das niemand so wie sie kannte. Und am Ende, nach mindestens einer weiteren Stunde der Beschäftigung, zeigte der Spiegel wieder eine richtige Edeldame, jemanden, den sie schon seit Tagen nicht mehr gesehen hatte. Seit Wochen eigentlich. Die Frau, die ihr entgegensah, verriet nichts von der Furcht und der Verwirrung und von der Verzweiflung, die unter der ruhigen Oberfläche brodelte. Sie sah aus wie eine Dame. Sie sah aus, als gehöre sie in dieses Haus.
    Rue wandte wieder den Blick ab. Ohne es auszuprobieren, war sie in eine neue Verkleidung geschlüpft.
    Sie trat einige Schritte vom Spiegel zurück. Warum war er nicht gekommen?
    Dann zog sie die Strümpfe unter ihrem Kleid hoch, trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch und warf Seitenblicke durch die hauchdünnen Vorhänge hinaus auf die Straße. Dort waren Menschen in Kutschen, in Sänften und zu Fuß unterwegs. Dumme, gewöhnliche, einfältige Menschen, die ihrer Arbeit nachgingen. Sie hatten keine Ahnung von den fest verschlossenen Geheimnissen in ihrer Mitte.
    Rue holte Luft und verließ den Raum. Die Tür des Marquis stand ein Stückchen offen, was vielleicht ihre Schuld gewesen war, und sie legte eine Hand auf das Holz. Dann sah sie ins Zimmer, weil sie es für leer hielt.
    »Christoff!«
    Er antwortete nicht. Auf seinem Bett zeichnete sich eine Silhouette ab. Sie machte einen weiteren Schritt ins Zimmer hinein, und dann stieg er ihr in die Nase: der Zitrusgeruch der Salbe. Das scharfe, volle Aroma und die tödliche Stille ringsum.
    »Nein …«

    Sie schrie auf, während sie zum Bett hastete, ihn auf den Rücken drehte und ihm sein nasses Haar aus dem Gesicht strich.
    Seine Wangen waren heiß und sengender als das Sonnenlicht. Seine Lider öffneten sich zitternd.
    »Maus …«
    »Sprich nicht«, flüsterte sie ängstlich. »Setz dich auf … Schaffst du das? Versuche es doch. Ich kann dich nicht hochheben. So … So … noch ein bisschen mehr.« Mühsam rang er nach Luft, und seine Finger gruben sich in die Decke. Sie beugte sich über ihn, um sich sein verletztes Bein anzusehen.
    »O Gott. Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
    Blut, Verunreinigung und dieser entsetzliche Geruch. Warum war er ihr nicht aufgefallen? Sie hatte ihn an diesem Morgen geliebt, sie hatte mehr Freude empfunden als je zuvor, und während dieser ganzen Zeit …
    »Es ist nichts«, murmelte er und drehte ihr den Kopf zu. »Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Mir geht es gut.«
    »Du Idiot!« Ihre Angst wurde von aufsteigendem Zorn verdrängt, und nun hatte sie die Kraft, ihm weiter aufzuhelfen, sein Hemd aufzureißen und ihre Hand auf sein Herz zu legen.
    Abgehackt und unregelmäßig war der Schlag. Sie starrte zu ihm hinunter, wollte sich nicht bewegen, versuchte, ihn ins Leben zurückzuzwingen, gesund zu werden, nur durch ihre Handfläche, die sie auf seine Haut presste. Er aber wiegte den Kopf hin und her und fuhr

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