Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
Brust, die nach Lilien duftende Hitze ihrer Haut lockte ihn -, streckte er seine Hand aus. Als würden ihre Hände in einen vertrauten Handschuh gleiten, verschränkten sie sich. Sie ließ es geschehen, und ihr Blick irrte ab und wanderte in die Ferne.
In seinen Gedanken lagen sie bereits unter der Decke, und er schmeckte schon ihre Haut …
»Es ist Freitag«, sagte Rue.
Er schloss die Augen und war gewillt, sich nicht mehr zu bewegen. »Tatsächlich?«
»Und Morgengrauen.«
… Sie war unter ihm, ihre Arme hielten ihn umschlungen, ihr Fuß strich über seinen Unterschenkel …
»Also beginnen nun unsere vierzehn Tage. Und ich weiß, wo wir anfangen werden.«
Er öffnete die Augen.
Sie fragte: »Hast du jemals Madame Leveillés Etablissement besucht?«
Es war eines der berüchtigtsten Bordelle in London, ein Ort, der so exklusiv war, dass er bei den Studenten in Cambridge als eine Art Heiliger Gral galt. Doch die meisten hatten es nie geschafft, dort eingeführt zu werden.
Kit hatte man zwei Mal eingeladen.
»Nein«, sagte er höflich, was ihm nicht mehr als ein Lächeln einbrachte.
»Ich auch nicht. Aber ich kenne einen Comte, der recht vertraut damit ist - und auch mit der Besitzerin.« Sie sah auf ihre Hände hinunter, und, als fiele es ihr erst jetzt auf, löste sie ihre Finger aus seinen.
»Dort werden wir beginnen.«
10
Sie nahmen eine Kutsche zum Haus de Leveillé. Als zwei Gentlemen, die Kleidung mit Spitze besetzt, traten sie in die Kälte des späten Morgens hinaus, in die graue, greifbare Stille von Threadneedle. Rue ließ den Marquis die Fahrt bezahlen.
Für so modisch gekleidete Leute war es noch zu früh. Die Menschen, die um diese Zeit auf den Straßen unterwegs waren, waren entweder Bankangestellte oder solche Männer, wie sie zu sein vorgaben, aus der blaublütigen Spitze der Gesellschaft, die gemächlich auf den Gehwegen entlangschlenderten, welche zu diesem Etablissement führten.
Sie war nun der Comte und fühlte sich weitaus wohler in dieser Kleidung - wie in einer zweiten Haut, die ihr bis auf den letzten Stich passte. Ihre standesgemäße Perücke, der Samtmantel in Zyanblau, das Rapier, die gesäumten Strümpfe und die Taschenuhr, der goldene Siegelring, den sie sich geborgt hatte und nun am Finger trug: Sie kannte diese Person beinahe ebenso gut wie ihr wahres Selbst. Ob das dem Marquis gefiel oder nicht - es spielte keine Rolle.
Sie hatte ihn nicht mit in ihr Haus kommen lassen, und er hatte zugestimmt, draußen zu warten, bis sie fertig war, bis die Bediensteten anderweitig beschäftigt waren und sie wieder hinausschlüpfen konnte. Er sah nur kurz mit unbeeindruckten grünen Augen an ihr hoch und runter, ließ den Blick besonders lange auf der Klinge an ihrer Hüfte ruhen, sagte jedoch nichts. Stattdessen ging er davon, um sich um ihr Gefährt zu kümmern.
Während der Kutscher das Wechselgeld abzählte, wurde die pflaumenfarbene Tür zum Haus von Leveillé geöffnet.
Rue hielt den Kopf gesenkt und beobachtete unbemerkt, wie ein Edelmann aus der goldglänzenden Dunkelheit im Innern des Gebäudes trat und seine Handschuhe und den Gehstock mit übertriebener Sorgfalt vom Diener an der Tür entgegennahm. Er war jünger als die übliche Klientel, die man hier antraf. Beim Hinabsteigen der Treppe geriet er zweimal ins Stolpern, sein Hut verrutschte, und an seinem Mantel öffneten sich Knöpfe und gaben den Blick auf eine Weste preis, die leuchtend gelb und orange gestreift war. Der scharfe Geruch von Kognak schlug ihr entgegen, lange ehe der Lord selbst an ihr vorüberging. Rue lächelte zum Gehweg hinab. Das Haus de Leveillé schenkte nur das Beste aus.
Die frische Luft schien ihn zu ernüchtern. Der Mann bewegte sich nun rascher auf die nächstgelegene Kreuzung zu, wo ihm ein glänzend schwarzer Landauer entgegenrollte und ihn einsteigen ließ.
Nichts wies auf die wahre Natur der Geschäfte hin, die hinter Madames Türen getätigt wurden, aber die Kutschen mit dem königlichen Wappen hielten trotzdem gebührenden Abstand.
Christoff war mit ihrer Kutsche fertig. Sie hörte, wie der Fahrer leise schnalzte, und die Pferde setzten sich in Bewegung; die Räder mit den Eisenfelgen mahlten auf den Steinen. Sie wartete noch immer ab, die Augen niedergeschlagen, und hatte so einen ausgezeichneten Blick auf Christoffs linken Schuh, der in ihrem Blickfeld war, auf das zarte, hochglanzpolierte Leder und die schweren Silberschnallen, die mit Topasen besetzt waren und vermutlich mehr
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