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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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lief in sie hinein und lächelte. »Da sind Sie ja, alter Junge. Cynthia erwähnte, dass Sie kommen würden.«
    Es war Marlbroke, diese aufgeblasene, alte Schildkröte, mit einem langen, falschen Bart und einem Umhang aus roter, bestickter
Seide. Auf seiner Perücke prangte ein kastenförmiger Hut mit orangefarbener Troddel. Seine Augen blinzelten blutunterlaufen durch seine Maske. »Ausgezeichnet, Sie zu sehen, ausgezeichnet! Cynthia ist auch in der Nähe. Sie ist ein Engel. Haben Sie sie schon bemerkt?«
    Rue ließ Kits Arm los, und sie trat einen Schritt zurück.
    »Gütiger Himmel, was für ein Aufzug! Lassen Sie mich raten … Sie sind einer dieser griechischen Burschen. Apollo, genau. Apollo, nicht wahr?«
    »Nicht ganz«, hörte sie Kit antworten und machte noch einen weiteren Schritt zurück.
    Das Menuett endete. Rue sah an den sich verbeugenden Tänzern vorbei zum Podest. Die Bratsche lag auf einem leeren Stuhl. Der Läufer war nirgendwo zu sehen.
    »Dort ist sie ja! Cyn! Cynthia, mein Mädchen! Komm her und sieh mal, wen ich gefunden habe! Oh, wirf deinem Vater nicht solche Blicke zu, mein Schatz! Komm her, du wirst dich freuen!«
    Selbst wenn Rue nicht gewusst hätte, dass die schöne Lady Cyn in ihrer Nähe war, hätte sie es gespürt, als sie zu ihnen kam. Als das Mädchen herantrat, stießen ihre Arme gegeneinander. Rue wurde beinahe schwindelig von den vielen Perlen, die Cynthia trug; schwere Tropfen in ihrem Haar und um den Hals und von ihren Ohren baumelnd. Sie summten wie Herte , aber rauchiger, weicher. Wie leicht wäre es in dem Durcheinander des Ballsaals, einen Finger hinter das Halsband gleiten zu lassen und den Verschluss zu öffnen. Diesen vollkommenen Schmuck in der Hand aufzufangen und sich davonzumachen.
    Rue trat noch einen dritten Schritt zur Seite. Ob nun versehentlich oder absichtlich, Cynthia hatte sich zwischen sie und Kit geschoben. Natürlich war sie die Dame in Rosa gewesen,
ein kleiner, vorlauter Engel, aufgeplustert und voller Spitzenbesatz. Sie trug ebenfalls Flügel, deren flauschiger, rosafarbener Federbesatz in sanften Bögen hinabfiel.
    Christoff nahm die ihm dargebotene Hand und beugte sich darüber. Rasch drehte sich Rue um und duckte sich zwischen einem außerordentlich großen Pfau und einer Magd mit einem elisabethanischen Kopfputz. Sie schlüpfte davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
     
    Lady Cynthia hatte wieder dieses Lächeln aufgesetzt. Ihre Augen funkelten hinter dem Hauch von Spitze, der ihre Maske war. Ihre Zähne waren klein und gleichmäßig. Kit konnte es kaum ertragen, sie zu berühren.
    »Mylord«, schnurrte sie und dann noch weiteren Unsinn, endlose aneinandergereihte Silben, denen er keinerlei Aufmerksamkeit schenkte. Das Blut rauschte laut in seinen Ohren. Der Schmerz, der sich in seinem Bein ausbreitete, war fremd und unwichtig geworden, und ihn überfiel nur wieder ein Schwindelgefühl, wenn er seinen Kopf zu schnell umwandte. Seine Sinne waren bis aufs Äußerste geschärft, sodass jeder Augenblick, jeder Atemzug, ihn wie Pech durchströmte, langsam und zähflüssig und endlos. Aber so war es immer vor der Jagd. Es war immer so.
    Seine Blicke wurden von den Perlen in der weißen Perücke des Mädchens angezogen, eine weiche, prächtige Verlockung, die eine neue Art von Schmerz durch seine Handflächen schickte. Ihre Farbe, ihre Vollkommenheit: Sie erzählten ihm von Rue. Der Drache in ihm brannte darauf, diese Perlen an sich zu bringen.
    Rue. Er wandte den Blick von dem Mädchen. Sofort, ohne sich umzudrehen, wusste er, dass seine Gefährtin nicht länger neben ihm war und dass auch der Läufer verschwunden war.
Sein Herz raste. Er warf seine gespannte Wachsamkeit wie ein Netz aus und suchte nach Rue, während seine Augen durch das Zimmer schweiften.
    Jemand sprach noch immer. Die Stimme des Mädchens perlte zu ihm hinauf und endete in einem schrilleren Ton und dann noch schriller.
    »Lord Langford! Mylord … Bitte.«
    Kit dämmerte, dass er die Hand des Mädchens nicht wieder losgelassen hatte, dass sein Daumen ihre Finger hart in seine Handfläche presste, dass sie versuchte, sich zu befreien … Er lockerte seinen Griff, und sie zog sich von ihm zurück. Ihr Lächeln war verschwunden.
    Entschuldigend senkte er den Kopf und drängte sich an ihr vorbei, ohne etwas zu erklären. Er konnte sowieso nichts sagen, nicht jetzt, wo seine Muskeln verspannt und die Kiefer so fest aufeinandergebissen waren, dass er Luft durch die Zähne holen musste.

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