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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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erblickte er gerade noch den Rand von Kumuluswolken.
    Die Dämmerung war angebrochen. Er erwachte allein in seinem zerwühlten Bett.
    Maricara war verschwunden.

22
    Sie flog nicht nach Osten. Sie würden selbstverständlich erwarten, dass sie sich in Richtung Zaharen Yce bewegte. Im Westen lagen Irland und das Meer, im Norden wartete das raue, graubraune Land der Schotten. Also duckte sie sich, flog einen Kreis und wandte sich schließlich nach Süden, denn dies war die Richtung, die keinen Sinn ergab. Eine Reise dorthin würde sie nur noch weiter nach England hineinbringen.
    Nach und nach ließ sie die Hügel hinter sich, welche die neblige, belaubte Grafschaft schützten und gleichermaßen isolierten. Sie ließ das Herrenhaus mit all den Fenstern und den einschmeichelnden Liedern zurück, ihre Kleider und ihre Juwelen. Sie verließ die Drákon und ihren Anführer, den Mann, dem es trotz all ihrer Bemühungen gelungen war, die Landkarte ihres Herzens zu entdecken. Der sie mit einem kühlen, grünen Blick, seinen über ihre Brust streichelnden Händen festgenagelt und ein Loch in ihr innerstes Wesen gebrannt hatte, ohne auch nur die Absicht zu haben.
    Sie würde ihn wiedersehen. Ihr gefiel der Gedanke nicht, wie das geschehen mochte.
    Maricara benutzte denselben Trick, um aus der Grafschaft hinauszugelangen, der sie hereingebracht hatte: Sie schoss wie eine Rakete geradewegs in den Himmel, so hoch, wie ihre Flügel sie tragen konnten, und dann, vor Anstrengung keuchend, noch ein Stück weiter. Die Luft dort oben war so dünn, dass sie fürchtete, sie könnten das Rasseln ihres Atems hören. Aber fast alle Drákon von Darkfrith verfolgten eine andere Beute. Die meisten Sanf waren Menschen und konnten nicht fliegen, und Rhys, wo auch immer er sich befinden mochte, konnte das vielleicht auch nicht.

    Die Drákon, die sie bewacht hatten, folgten ihr jedenfalls augenblicklich - dreiundzwanzig, um genau zu sein, die sich in Rauch verwandelten, wenn sie das tat, und in Drachen, wenn sie in Drachengestalt weiterflog. Aber die trüben, grauen Minuten vor Tagesanbruch waren immer die beste Zeit für ein Entkommen, das wusste sie seit ihrer Kindheit. Augen konnte man narren. Sinne täuschen. Einer nach dem anderen fielen ihre Verfolger hinter sie zurück.
    Zwei Drákon erwiesen sich als besonders hartnäckig, offenkundig erfahrene Spürhunde. Sie brauchte gute zehn Meilen, bevor es ihr gelang, sie über dem sich hin und her windenden Ellenbogen eines großen Flusses abzuhängen, indem sie wieder tiefer kreiselte, auf dass das frische Wasser ihren Geruch verberge. Die Farben der Wälder verschwammen, so wie sie verschwamm, und binnen einer Viertelstunde hatte sie beide Verfolger abgehängt.
    Wieder flog Maricara nach oben.
    Alles unter ihr glitt vorüber wie dieser Fluss. Wie Regen zogen Land und Seen und Städte und Orte so schnell vorbei, dass sie sie kaum bemerkte. Sie flog, bis die aufgehende Sonne Pfirsichfarbe und Gold erblühen ließ, und der Amboss aus Wolken, die sich vor ihr auftürmten, leuchtete in blassem Blaugrün in der Mitte und Karamellbraun an den Rändern. Sie erreichte das Meer, seinen plötzlich in die Nase steigenden Salzgeruch - und dann erstaunliches, schillerndes Licht, elfenbeinweiß zerstiebenden Schaum um die Felsen kleiner Inseln und Schiffe, welche die blaugrünen Wellen sprenkelten.
    Sie kniff die Augen zusammen und dachte nach. Das Wasser hier würde breit sein, ohne einen Platz zum Ausruhen, falls das nötig werden sollte, und schwimmen wollte sie nicht. Es erschien ihr besser, sich weiter nach Süden zu wenden,
bis nach Dover, sofern sie das riskieren konnte. Aber als sie über die Küstenlinie hinwegschwebte, stellte Maricara fest, dass sie unentwegt auf die dünne, bernsteinfarbene Linie starrte, die das Salzwasser vom Horizont trennte, und sich stattdessen die windumtosten Alpen vorstellte, Gletscher und Edelweiß. Die Baumgrenze. Die frische Kälte eines Morgens in den Bergen.
    Nackt auf der Terrasse des Turms zu erwachen. Weißen Quarzit und Heu, das ihr in die Haut stach. Spanferkel am Abend. Glockentürme.
    Kein Zuhause zu haben erfüllte sie mit Sehnsucht. Tatsächlich empfand sie Trauer. Sie stellte sich vor, dass sie in ihren Träumen, ihren Träumen vom Fliegen, immer noch danach suchte, nach diesem Ort, an dem man sie akzeptierte, an dem sie sich ganz fühlen, wo sie sich endlich ausruhen könnte. Vielleicht würden die Zaharen sie nie wirklich willkommen heißen, aber die Burg war

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