Der Traum des Highlanders
erzählt, ihre Mutter hätte eine Wunde an deiner Seite mit einem Faden ihres Nähzeugs genäht.« Er zeigte auf Robbies Gesicht. »Auch den blauen Fleck auf deiner Backe hast du ganz bestimmt nicht davon, dass du gegen eine Tür gelaufen bist, und du warst nicht bei Libby, damit sie dich behandelt, denn sie hätte gemerkt, wo du verwundet worden bist.«
Seufzend starrte Robbie geradeaus. »Sie dürfen nichts davon erfahren«, erklärte er nach einem Augenblick des Schweigens und sah Ian wieder an. »Grey, Callum, Morgan und mein Vater – sie dürfen nichts davon erfahren. Hat Grey den Donner auch gehört?«
»Nein.« Ian schüttelte den Kopf. »Er und Grace besuchen gerade Elizabeth im College. Die anderen haben sicher ebenfalls nichts mitbekommen. Dafür wohnen sie zu weit entfernt.«
Robbie nickte. »Dann erzähl es ihnen bitte auch nicht.«
»Was habt ihr vor, du und der verrückte Priester?«
»Das ist eine ziemlich … komplizierte Angelegenheit. Ich war im alten Schottland und habe dort nach einem neuen Zauberbuch für Daar gesucht.«
»Was? Du weißt, wie gefährlich es für uns wird, wenn dieser alte Narr plötzlich wieder zaubern kann.«
»Wenn er nicht bald wieder zaubern kann«, erklärte Robbie leise, »wird dir dein Wunsch zur Sommersonnenwende auf jeden Fall erfüllt. Nur, dass du nicht alleine reisen wirst.«
Ian wurde blass und sah Robbie aus weit aufgerissenen braunen Augen an. »Dann kehren wir alle fünf zurück?«, flüsterte er rau.
»Ja«, antwortete Robbie sanft. »Wenn Daar den ursprünglichen Zauber, der euch hierhergebracht hat, nicht verlängern kann, kehrt ihr alle fünf in die alte Zeit zurück.«
Ian wandte sich wortlos ab.
»Ich werde nicht zulassen, dass das passiert, Onkel.«
Ian wandte sich ihm wieder zu. »Ich kann dir helfen«, sagte er und straffte die vom Alter sichtlich gebeugten Schultern. »Ich bin alt, aber ich bin noch nicht tot. Zwar kann ich kein Schwert mehr schwingen, aber ich kenne die Zeit, die Menschen und das Land. Ich kann dir helfen«, wiederholte er und packte nochmals Robbies Arm. »Nimm mich mit zurück.«
Robbie machte Ians Hand von seinem Ärmel los und hielt sie zärtlich fest. »Ich habe Gwyneth gesehen«, erklärte er ihm leise. »Ich bin zehn Jahre nach eurem Verschwinden dort gelandet. Sie hat nicht wieder geheiratet, sie lebt bei deiner Tochter Caitlin.« Er verzog den Mund zu einem Lächeln. »Caitlin ist mit einem angesehenen Krieger verheiratet und hat drei Kinder.«
Unter Ians Bart zeichnete sich ein breites Grinsen ab, er drückte Robbie froh die Hand. »Wie sieht meine Gwyneth aus?«
»Sie ist wunderschön«, wisperte sein Neffe. »Und sie hat alle Hände voll damit zu tun, eure Enkelkinder zu verwöhnen.«
»Hast du etwa mit ihr gesprochen?«
»Ja. Ich habe ihr erzählt, ich wäre ein entfernter Verwandter und wäre ein paar Jahre unterwegs gewesen, als sie mich gefragt hat, warum sie mich nicht kennt. Sie hat mich bekocht, mir von ihrem Mann erzählt und mich gefragt, ob ich mich an Ian MacKeage erinnern kann.«
»Und was hast du gesagt?«
»Dass ich mich an einen hünenhaften, glutäugigen, reizbaren Krieger erinnern kann, der die kleinen Kinder allein dadurch in Angst und Schrecken versetzen kann, dass er an ihnen vorbeigeht.«
Ian klatschte prustend in die Hände und sah Robbie aus glänzenden Augen an. »Und Niall?«, wollte er von seinem Neffen wissen. »Hast du auch meinen Sohn gesehen?«
»Er ist inzwischen Anführer des Clans.«
»Nein!« Ian presste eine Hand an seine Brust. »Wie ist das möglich?«
Robbie zuckte mit den Schultern. »Wahrscheinlich wurde er ein paar Monate nach Greylens Verschwinden offiziell als Nachfolger gewählt. Ihr seid alle echte Legenden. An sämtlichen Lagerfeuern wird die Geschichte von Grey, Morgan, Callum und dir erzählt.«
»Wie geht es Megan und James?«
»Megan hat einen MacLerie-Krieger geheiratet, mit dem sie fünf Kinder hat. Das hat Gwyneth mir erzählt.« Er nahm Ians Hand. »Und James ist drei Jahre nach deinem Verschwinden bei einem Jagdunfall gestorben. Es tut mir leid, Onkel.«
»Es waren eben harte Zeiten«, antwortete Ian, wischte sich aber ein paar Tränen aus den Augen und sah Robbie traurig an. »Für jeden noch so kleinen Fehler hat man einen hohen Preis bezahlt.« Dann fragte er besorgt: »Was würde passieren, wenn ich plötzlich dort erscheinen würde? Wie sollte ich erklären, wo ich die ganze Zeit war?«
»Mit einer möglichst dreisten Lüge«, schlug ihm
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