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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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sind.«
    » Nein!«
    Als sie zur Treppe stürzte, packte Kunun sie am Arm. » Wenn du gehst, wird er dich umbringen, meine Hübsche. Denn das ist es, was ihm von Anfang an bestimmt war: dich zu töten. Noch vor kurzem hätte ich dich nicht gewarnt, ich hätte dich ihm in die Klinge geworfen, um mich an seinem Entsetzen zu erfreuen. Doch jetzt… Bitte bleib hier bei mir, Hanna. Lass uns gemeinsam zusehen.«
    » Nein!« Sie schüttelte ihn ab. » Ich werde ihn aufhalten! Ich muss. Es darf nicht so enden, Kunun. Das lasse ich nicht zu!«
    Sie stolperte die steile Steintreppe hinunter, fing sich mit den Händen ab und rannte die Straße entlang, hinein in die Stadt, mitten ins Getümmel.
    Hanna wich aus, wo sie nur konnte: Bränden, kämpfenden Truppen, einzelnen Streitern, zerfallenen Mauern. Wo würde Mattim hingehen? Zur Burg, natürlich. Hastig schlug sie den Weg zum größten Gebäude der Stadt ein. Noch bevor sie den Marktplatz erreicht hatte, sah sie eine Gruppe Reiter in die Straße einbiegen. Wilde Pferde, Schaum vor dem Mund, die nach allen Seiten traten und bissen. Hanna blieb stehen. Sie vergaß die Pferde und die anderen Reiter. Einen Moment lang nahm sie nur ihn wahr, den jungen Mann mit dem goldblonden Haar, das die Asche und der Rauch dunkler färbten und das dennoch durch den Schmutz und die Finsternis hindurch zu leuchten schien. Jenen jungen Mann, der den Tod nach Akink hereintrug, ernst und zornig wie ein Kriegsgott.
    » Da ist sie«, sagte Farank. » Schießt, Mirontschek, rasch!«
    Der Fürst aus Jaschbiniad schwenkte die Armbrust in die Richtung, die der König ihm wies. Der Bolzen war mit einem brennenden Lappen umwickelt. » Das ist Prinzessin Hanna«, erkannte er. » Seid Ihr sicher?«
    » Sie ist Kununs Braut. Natürlich bin ich sicher. Beendet es!«
    Mirontscheks Blick wanderte zu Mattim. » Euer Befehl, Herr?«
    Der Prinz musste ihn geben. Hatte er seinem Vater nicht versprochen, dass er ohne zu zögern handeln würde? Dass die alte Liebe ihn nicht daran hindern würde, das Richtige zu tun? Hanna hatte ihn bemerkt und war stehengeblieben wie ein Reh im Scheinwerferlicht.
    Schatten, Verräterin, Kununs Geliebte.
    Und immer noch Hanna.
    » Nein«, sagte er. » Wenn, dann tue ich es selbst, auf meine Weise.«
    » Oh verdammt, dann gebe ich den Befehl!«, rief Farank. » Schießt endlich, Mirontschek. Mein Sohn ist von Sinnen, was diese Frau angeht.«
    » Nein!« Mattim trieb sein Pferd vorwärts.
    Kastanienbraun mochte es vor seiner Verwandlung gewesen sein, jetzt war es dunkel wie der Nachtwald von Magyria. Es sprang genau in die Schusslinie, und im nächsten Moment bäumte es sich vor Hanna auf, seine wirbelnden Hufe zerschlugen die Luft, streiften um ein Haar ihre Stirn. Sie rührte sich nicht von der Stelle. Mattim zwang das Pferd hinunter, beugte sich seitwärts und zog sie zu sich auf den Rücken der Schattenbestie. Dann sprengte das Tier vorwärts, auf die Burg zu, galoppierte die vielen Stufen hinauf und ließ mit einem einzigen Tritt das verzierte Tor zur Eingangshalle bersten.
    Draußen tobte der Kampf, gellten die Hörner– hier drinnen waren nur sie. Mattim sprang vom Pferd, Hanna im Arm. Das Tier nutzte seine Freiheit und trabte über den Steinboden davon.
    Mattim sah sie an. Nie war Hanna ihm schöner vorgekommen– zerzaust, Rußspuren auf den Wangen, leuchtende Augen.
    » Du musst den Kampf beenden«, sagte sie. » Du darfst Akink nicht zerstören! Es gibt noch Hoffnung.«
    Er schüttelte traurig den Kopf. » Nein«, widersprach er, » die gibt es nicht. Ich muss die Stadt verbrennen, bevor Budapest unter einem Steinschlaggewitter dem Erdboden gleichgemacht wird. Die Hanna, die ich einst geliebt habe, hätte das verstanden. Wenn du mich aufhalten willst, beweist das nur, dass du jemand anders bist.«
    Ihr schönes Gesicht, fremd und vertraut zugleich.
    » Das bin ich, ja«, sagte sie. » Ich bin eine andere, denn ich kann mich nicht mehr erinnern. Aber du musst mir vertrauen. Attila ist das Lichtkind. Ich hatte gehofft, Goran würde deinem Vater Bescheid sagen, damit ihr den Jungen sucht und herbringt.«
    » Goran ist verschwunden.« Mattim runzelte die Stirn. » Und was sagst du da– Attila? Ich glaube dir nicht, Hanna. Man hat mich davor gewarnt, dass genau das passieren würde. Du würdest versuchen mich davon zu überzeugen, dass du das Beste willst. Aber das klappt nicht. Attila ein Lichtkind? Hör auf, mach dich nicht lächerlich.«
    Sie trat dicht vor ihn hin. Ihr

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