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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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schreckt dich ab. Verstehst du denn nicht, warum ich mich sorge, du könntest mit jemandem fortgehen, der nicht gezeichnet ist, so wie ich?«
    » Schönheit beeindruckt mich wenig«, sagte sie. » Du hast ein gutes Herz. Du hast mich gerettet, aus höchster Gefahr und ohne auf deine eigene Sicherheit zu achten. Mir verdankst du all diese Narben. Ich kann kaum fassen, dass ich so lange gebraucht habe, um das zu erkennen.«
    Etwas Dunkles huschte über sein Antlitz. Er wandte sich ab und starrte an ihr vorbei in die Menge.
    » Eines wundert mich allerdings. Was deinen Bruder betrifft, meine ich.«
    » Ja?« Er hob den Kopf, seine schönen dunklen Augen wirkten wachsam.
    » Er ist ein Mensch.«
    » Das ist dir also aufgefallen.«
    » Wie kann er ein Mensch sein im Königreich der Schatten? Wie kannst du das dulden?«
    » Ich sagte doch, er ist… anders. Er will kein Schatten sein.«
    Hanna schüttelte verwundert den Kopf. » Ein komischer Kerl.«
    Kunun nahm ihre Hand und zog sie mit sich. » Komm. Denk an etwas anderes. Vergessen wir ihn für heute. Das einzig Gute an Familienproblemen ist, dass man sehr lange etwas davon hat.«
    » Halt! Warte, Mattim!«
    Er warf einen Blick über die Schulter. Es war Mirita, die ihm nachrannte. Er hatte gar nicht gewusst, dass sie auch hier war. Sie hakte sich bei ihm unter und schob ihn zum Ausgang.
    » Schau nicht zurück. Tu so, als würdest du dich blendend mit mir unterhalten. Beim Licht, Mattim, jetzt gib ihm nicht die Genugtuung, dass du am Boden zerstört hier rauskriechst.«
    Mattim atmete tief durch. Er konnte nicht fassen, was er da gerade gesehen hatte. Dazu also die Einladung– um Hanna zu begegnen. Hanna, die nun ein Schatten war. Hanna an Kununs Seite.
    Er fühlte sich, als wäre er gerade erstochen worden. Der Schmerz ging von seiner Brust aus und erfasste seinen ganzen Körper. Er wollte schreien, zurückrennen und sich auf Kunun stürzen, ganz egal, was sie dann mit ihm taten. Doch Mirita nickte den Wachen zu, die die große Eingangstür für sie öffneten, und führte ihn hinaus unter den Nachthimmel von Magyria.
    » Beruhige dich«, befahl sie. » Atme. Gib ihm keinen Grund, dich umzubringen. Lauf einfach weiter. Siehst du, es geht doch.«
    » Hanna ist ein Schatten«, stieß er hervor. » Das kann nicht sein.«
    » Warum nicht? Ich bin auch einer, und du hattest ebenfalls schon das Vergnügen. Wenn hier irgendetwas gegen die Naturgesetze verstößt, dann ist es deine Rückverwandlung in einen Menschen.«
    Er blieb stehen und ballte die Fäuste.
    » Mach bloß keinen Fehler. Beim Licht, Mattim, jetzt komm schon! Und hör auf mit den Zähnen zu knirschen.«
    » Ich werde ihn umbringen«, flüsterte er.
    » Das haben sich schon andere gewünscht, aber so leicht ist das nicht, und an deiner Stelle würde ich ihn nicht reizen. Am besten, du tust gar nichts, sondern gehst erst mal weiter. Du schaust dich nicht um. Wir biegen hier ab.«
    Er hob den Kopf und versuchte, sie durch den Schleier seiner Wut anzusehen. » Wohin bringst du mich überhaupt?«
    » Erst mal zu mir nach Hause, dort können wir reden. Hier wimmelt es von Kununs Leuten, und du solltest besser nicht allein unterwegs sein.«
    Mattim ließ sich von ihr führen. Hanna ein Schatten… Wie sollte er das glauben? Es hinnehmen? Es musste einen Weg geben, den Wolfsbiss rückgängig zu machen. Immerhin hatte sie das auch schon mal für ihn getan, indem sie ihm einen Teil ihrer Seele gegeben hatte. Nun würde er das Gleiche für sie tun.
    Mirita öffnete die Haustür und zerrte ihn über die Schwelle. » Setz dich.« Sie schubste ihn auf eine Bank. » Ich mache gleich Licht. Wo ist noch mal die Lampe? Ah, hier.«
    Der sanfte goldene Schein erhellte die kleine Küche. » Möchtest du was zu trinken? Oder zu essen? Ich weiß gar nicht, ob wir etwas dahaben…«
    » Ich brauche nichts«, sagte er. Seine eigene Stimme klang ihm fremd in den Ohren. Hanna ist ein Schatten …
    Mirita setzte sich ihm gegenüber und faltete die Hände auf der Tischplatte. » Hätte ich dich vorwarnen sollen? Wahrscheinlich ist es auf diese Weise sogar besser.« Ihre Munterkeit klang nicht echt. » Du hättest mir ohnehin nicht geglaubt. Du musstest es mit eigenen Augen sehen.«
    » Sie ist ein Schatten.«
    » Das ist sie.«
    Er versuchte, die Wahrheit in Miritas Augen zu erkennen. Es würde wehtun, aber er musste es wissen. » Womit haben sie Hanna bedroht?« Er erinnerte sich ganz genau an das Gesicht seiner Freundin. An ihren

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