Der Traum des Wolfs
Ihre Stimme war nicht annähernd so wohlklingend wie Berelains. Warum hatte der Schöpfer so perfekte Menschen wie Berelain gemacht? Sollte der Rest von ihnen damit verspottet werden?
Aber Perrin liebte nicht Berelain. Er liebte sie. Vergiss das nicht.
»Also gut«, sagte Berelain. »Ich wusste, dass dieses Gespräch kommt. Ich gebe Euch das Versprechen, dass die Gerüchte absolut falsch sind; zwischen mir und Eurem Gemahl ist nichts Unschickliches geschehen.«
»Das hat er mir bereits gesagt«, sagte Faile, »und ich vertraue seinem Wort mehr als Eurem.«
Das ließ Berelain die Stirn runzeln. Sie war eine Meisterin politischer Verhandlungen und verfügte darin über ein Geschick und eine Subtilität, um die Faile sie beneidete. Trotz ihrer Jugend hatte Berelain dem viel größeren und mächtigeren Tear jeden Einfluss auf ihren winzigen Stadtstaat verwehrt.
Faile konnte nur erahnen, wie viel Jonglieren, politisches Doppelspiel und schiere Klugheit das gekostet haben musste.
»Warum seid Ihr dann hier?« Berelain setzte sich. »Wenn Euer Herz beruhigt ist, dann gibt es doch keinen Anlass zur Sorge.«
»Wir wissen beide, dass es hier nicht darum geht, ob Ihr nun mit meinem Gemahl geschlafen habt oder nicht«, sagte Faile, und Berelains Augen weiteten sich. »Mich ärgert nicht, was geschehen ist, sondern was man allgemein annimmt.«
»Gerüchte gibt es an jedem Ort, wo Menschen zusammenkommen«, sagte Berelain leichthin. »Vor allem, wo Männer klatschen.«
»So hartnäckige Gerüchte gibt es kaum, ohne dass sie jemand schürt. Jetzt nimmt jedermann im Lager an, einschließlich der mir verschworenen Flüchtlinge, dass Ihr während meiner Abwesenheit mit meinem Gemahl ins Bett gestiegen seid. Das lässt nicht nur mich wie eine Närrin aussehen, sondern wirft auch einen Schatten auf Perrins Ehre. Er kann niemanden führen, wenn die Leute ihn für einen Mann halten, der sich sofort in die Arme einer anderen Frau stürzt, wenn seine Gemahlin weg ist.«
»Andere Herrscher haben solche Gerüchte überwunden, und bei vielen von ihnen waren die Gerüchte nicht einmal unbegründet. Monarchien überstehen Untreue.«
»Vielleicht in Illian oder Tear, aber Saldaea erwartet mehr von seinen Regenten. Genau wie die Menschen aus den Zwei Flüssen. Perrin ist nicht wie andere Herrscher. Es zerreißt ihn innerlich, wie ihn seine Männer ansehen.«
»Ich glaube, Ihr unterschätzt ihn«, erwiderte Berelain. »Er übersteht das, und er wird lernen, Gerüchte zu seinem Vorteil zu nutzen. Das wird aus ihm einen stärkeren Mann und Herrscher machen.«
Faile musterte die Frau. »Ihr versteht ihn nicht im Mindesten, oder?«
Berelain reagierte, als hätte man sie geschlagen, sie zuckte zurück. Offensichtlich gefiel ihr die Offenheit der Unterhaltung nicht. Möglicherweise gab Faile das ja einen kleinen Vorteil.
»Ich verstehe die Männer, Lady Faile«, sagte Berelain kalt. »Und Euer Gemahl ist da keine Ausnahme. Da Ihr so offen sein wollt, werde ich Euch auch genauso offen antworten. Es war sehr schlau von Euch, Euch Aybara zu nehmen und Saldaea an den Wiedergeborenen Drachen zu schmieden, aber glaubt nicht, dass er Euch kampflos erhalten bleibt.«
Faile holte tief Luft. Es war Zeit, ihren Zug zu machen. »Ihr habt mit Eurem Tun Perrins Ruf schwer geschädigt, meine Lady die Erste. Wäre es nur um meine eigene Entehrung gegangen, hätte ich Euch vielleicht vergeben können. Aber das hier nicht.«
»Ich wüsste nicht, was man da tun könnte.«
»Ich schon«, sagte Faile. »Und ich bin mir ziemlich sicher, dass eine von uns sterben muss.«
Berelain blieb ganz ruhig. »Bitte was?«
»Wenn eine Frau in den Grenzlanden herausfindet, dass eine andere mit ihrem Gemahl geschlafen hat, kann sie einen Messerkampf fordern.« Das entsprach der Wahrheit, auch wenn die Tradition sehr alt und kaum noch ausgeübt wurde. »Die einzige Möglichkeit, meinen Namen reinzuwaschen, besteht darin, dass wir kämpfen.«
»Was würde das beweisen?«
»Wenn Ihr tot wärt, würde zumindest keiner mehr denken, dass Ihr noch immer hinter meinem Rücken mit meinem Gemahl schlaft.«
»Ihr bedroht mich hier doch wohl nicht in meinem eigenen Zelt?«
»Das ist keine Drohung«, sagte Faile und blieb fest. Beim Licht, sie hoffte, dass das hier funktionierte. »Das ist eine Herausforderung. «
Berelain musterte sie mit einem berechnenden Blick. »Ich gebe eine Verlautbarung heraus. Ich werde meine Dienerinnen öffentlich für die von ihnen verbreiteten
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