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Der Traum

Der Traum

Titel: Der Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Virginie«, der berühmten Liebesidylle von Bernardin de SaintPierre aus dem 18. Jahrhundert. Und in einem Brief vom 16. November 1888 an seinen Berliner Korrespondenten Van Santen Kolff schreibt er ausdrücklich, daß dieses von seiner üblichen Art abweichende Buch eingeplant war: »›Der Traum‹ hatte seinen vorgesehenen Platz in der Gesamtreihe, den Platz des Jenseits, des Unfaßbaren. Er entspricht der allgemeinen Philosophie meines gesamten Werkes ...«
    Doch so exakt, wie Zola hier seine Planung hinstellen möchte, war seine anfängliche Vorstellung von diesem neuen Buch keineswegs. Zwar stand auch in der ersten Skizze schon fest, daß Traum und Jenseits in diesem Buch dominieren sollten, aber die Fabel, die diese Thematik sichtbar machen sollte, hat mit der für die endgültige Ausführung gewählten Fabel nichts mehr zu tun.
    Denn Zola, dem man bei jedem Band immer von neuem vorwarf, daß seine Personen jeglicher psychologischen Durchkomponierung entbehrten, wollte mit diesem Roman zugleich zeigen, daß er sich auch auf diese Seite seines Handwerks verstand. Deshalb plante er, in den Mittelpunkt die Liebe eines bereits reiferen, etwa vierzigjährigen Mannes zu einem jungen sechzehnjährigen Mädchen zu stellen, einen Traum idealer Erfüllung, und dann zu zeigen, wie sich sein Held nach langen inneren Kämpfen allmählich zu der Einsicht durchringt, daß dieser Traum nicht zu verwirklichen ist, wie er sich überwindet und das junge Mädchen schließlich selbst mit dem jungen Nebenbuhler zusammenbringt, zu dem es sich naturgemäß hingezogen fühlt. Dieser ursprüngliche Plan wurde jedoch im Verlauf der weiteren Arbeit aufgegeben, wahrscheinlich aus Gründen, die diesen späteren Entwurf in anderer Hinsicht besonders interessant werden lassen.
    Man hat den »Traum« häufig mit Zolas Liebe zu Jeanne Rozerot in Verbindung gebracht. Aber zu dem Zeitpunkt, da die erste Skizze entstand, war Jeanne noch nicht im Dienste der Familie Zola. Die Idylle zwischen ihr, der Zwanzigjährigen, und dem schon fast fünfzigjährigen Dichter entspann sich zwar wenige Monate später, noch während der Arbeit an der Endfassung dieses Romans, aber sie kann sich erst hier und nicht schon in der Konzeption ausgewirkt haben. Sie brachte Zola nicht nur die Beglückung einer späten großen Leidenschaft, sondern auch die heimlich erträumten Vaterfreuden. Daß dieses Erlebnis mit Jeanne Rozerot jedoch die Lösung einer schon seit längerer Zeit unter der Oberfläche schwelenden seelischen Krise war, belegt erst die richtige, in den Zusammenhang mit den vorhergehenden Werken gestellte Interpretation der erwähnten ersten Entwürfe zum »Traum«.
    Denn Zola präzisiert in der genannten ersten Skizze seine Zentralgestalt ausdrücklich mit folgenden Sätzen: »Ich selbst, die Arbeit, die Literatur, die mein Leben aufgefressen hat, und die Erschütterung, die Krise, das Bedürfnis geliebt zu werden, das alles möchte ich psychologisch studieren ... Und wie das Leben hineinstürzt in dieses Dasein mit dem jungen Mädchen. Eine ganz reine Gestalt. Dieses Kind ... ist gleichsam die Revanche der Realität, der Liebe. Nach allem Suchen gibt es nur noch die Frau. Das ist das Geständnis. Seufzer, ein verfehltes Leben. Das herannahende Alter, und keine Liebe mehr möglich, der Körper verfällt ...«
    Solche Gedanken sind nicht ganz neu in Zolas oft wie Geständnisse wirkenden Skizzen. Auch bei den Vorarbeiten zum »Werk« findet sich in den Entwürfen für seine beiden zentralen Künstlergestalten, den Maler Claude und sein Selbstporträt, den Schriftsteller Sandoz, fast wie ein Stoßseufzer der Gedanke an die Zeit, Kraft und Leben aufzehrende Arbeit. Dieses Gefühl scheint sich bei ihm in den achtziger Jähren verstärkt zu haben. Es ist eigentlich ein normales Gefühl für einen Mann, der so wie Zola sein berufliches Ziel in einer gewissen Beziehung erreicht hat, der auf der Höhe seines Schaffens und Erfolges steht und mit der erreichten Lebensreife notwendigerweise Bilanz zieht. Und diese Bilanz brachte einen Rückblick auf dreißig Jahre unermüdlichen Kampfes um die Durchsetzung einer neuen Richtung in der Literatur, die Fron eines mit größter Peinlichkeit eingehaltenen künstlerischen Planes, der ihm jährlich einen Band von ungefähr 400 bis 500 Seiten abverlangte, das immer wieder neue Ringen um Anerkennung seitens einer mehr oder weniger feindlichen Kritik – kurz: Arbeit und noch einmal Arbeit. Doch im persönlichen Bereich? Sicher

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