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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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bin immerhin auf dem Wege der Besserung, Chef!« Dann wandte er sich wieder an die Kinder und wollte einen Scherz machen: »Wer wie ein Schmetterling fliegen möchte, soll die Hand heben!«
    Drei Kinder meldeten sich, zweien war es gleichgültig, und weitere drei versteckten sich hinter dem Rücken ihrer Eltern und riefen: »Schmetterlinge machen mir Angst!«
    Beleidigt von der Anmaßung der Fremdlinge, riefen einige Eltern die Sicherheitskräfte, die am Eingang des Kaufhauses standen, das sie gerade betreten wollten.
    Diese zögerten nicht, uns zu vertreiben: »Weg hier, Lumpenpack!«
    Doch bevor wir den Schauplatz verließen, drehte sich der Meister noch einmal zu den Eltern um, die sich gegen ihn gewandt hatten, und sagte: »Bitte verzeihen Sie mir, was ich getan habe! Ich hoffe, dass Sie nicht eines Tages Ihre Kinder um Verzeihung bitten müssen.«
    Die Ideen, die der Meister ausgesät hatte, waren nicht bei allen Eltern unfruchtbar geblieben. Einige hatten trotz ihrer Wut gemerkt, dass sie das Verhältnis zu ihren Kindern grundsätzlich ändern mussten. Zwar boten sie ihnen im Rahmen des Systems die bestmögliche Erziehung, sodass ihre Kinder zu Konsum- und Computerspezialisten geworden waren, doch waren die Kinder chronisch unzufrieden und konnten weder beobachten noch sich einfühlen noch schlussfolgern. Der Meister hatte deutlich gemacht, dass die Natur inzwischen für das emotionale Überleben der Menschheit fast wichtiger war als für das körperliche. Die Anregungen der Natur bildeten eine unersetzliche, allen Erziehungstheorien überlegene Pädagogik zur Erweiterung des psychischen Horizonts. Manche Eltern gingen deshalb mit ihren Kindern in den Wald, in den Zoo und in den botanischen Garten.
    Die Aufmerksamkeit, die der Meister und Bartholomäus den Kindern zukommen ließen, rührte mich. Ich hatte mich nie besonders um Kinder gekümmert, war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, in meinen Vorlesungen die Klassengesellschaft zu kritisieren. Ich hatte nicht verstanden, dass ich Studenten unterrichte und nicht Inhalte. Anstatt mein Augenmerk darauf zu richten, dass ich menschliche Wesen ausbildete, plagte ich mich damit, sie zur Ruhe und zur Konzentration zu ermahnen.
    Am Nachmittag desselben Tages liefen wir durch eine wohlhabende Wohngegend und blieben schließlich vor einem großen, düsteren Gebäude stehen. Der Rasen im Garten war hoch gewachsen und die riesigen Bäume warfen so viel Schatten, dass die bodennahen Pflanzen zu wenig Licht bekamen und nicht blühten. Das alte Gebäude war mit seinen Rundbogen wunderschön, die Farbe war jedoch abgeblättert. Die Fensterrahmen aus angefaultem Holz waren moosgrün gestrichen, die weißen Wände waren sehr schmutzig, und der Putz bröckelte. Es war ein Altersheim, doch dieses war definitiv kein angenehmer Ort, um seinen Lebensabend zu verbringen.
    Viele alte Leute zogen nicht deshalb hierher, weil ihre Familie sie links liegen gelassen hätte, sondern einfach weil gar keine nahen Verwandten mehr da waren. Die meisten Bewohner hatten nur ein oder zwei Kinder. Wenn dann ein Einzelkind starb oder weit weg lebte oder körperlich oder finanziell nicht in der Lage war, seinen alten Eltern zu helfen, mussten diese ins Heim gehen, weil sie dort wenigstens ein Minimum an medizinischer und pflegerischer Unterstützung bekamen. Sie flohen vor Vereinsamung und Vernachlässigung. Einrichtungen dieser Art schossen in der heutigen Gesellschaft aus dem Boden wie Pilze.
    Der Meister blickte auf das Gebäude und sagte: »Dies ist eine gute Umgebung für Träume. Geht hinein und erfreut die Bewohner.«
    Naiv und voller Vorurteile dachten wir: »Träume? In einem Altersheim? Diese Leute sind deprimiert und apathisch! Was sollte sie denn noch aufmuntern?« Nachdem wir uns mit der Welt der Kinder befasst hatten, begaben wir uns jetzt in die Welt der alten Leute. Welten, die so weit voneinander entfernt lagen und sich doch so nah waren!
    Das Problem war nur, dass der Meister uns seine Unterstützung nun völlig entzog. Er gab uns nicht den kleinsten Fingerzeig, sondern sagte lediglich, er würde derweil eine Runde drehen.
    Bevor er sich aus dem Staub machte, stotterte Dimas noch mit nervösem Blinzeln: »Erfreuen… d… die A… Alten? Wie nur, Meister? D… diese L… Leute stehen mit einem Fuß im Grab!«
    Er war zwar in der Lage, alten Leuten das Portemonnaie zu klauen und sie damit zu Tode zu erschrecken, hatte sich aber noch nie länger mit einem alten Menschen

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