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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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einige Männer ansprach, die, wie wir später erfuhren, einer Antiterroreinheit angehörten. Dabei zeigte er in unsere Richtung.
    Eilig kamen die Männer auf uns zu und forderten den Meister noch einmal auf, sich auszuweisen. Da dieser keinerlei Dokumente hatte, bekam er einen Schlag ins Gesicht, wurde zu Boden geworfen und mit dem Ruf »Terrorist!« festgehalten. Das alles geschah so schnell, dass wir zunächst wie angewurzelt dastanden. Als wir reagieren konnten und den Meister schützen wollten, wurden wir ebenfalls angegriffen.
    Honigschnauze warf sich wieder einmal in seine Kämpferpose und wurde mit einem einzigen Hieb niedergestreckt. So viel Gewalt hatte ich noch nie gesehen. Soziologisch betrachtet könnte man sagen: Unter Blinden ist ein Einäugiger kein König, sondern wird verprügelt. Gerade erst waren mir von einem Fremden die Augen geöffnet worden, da merkte ich, dass es manchmal besser ist, blind zu sein.
    Im Durcheinander zog einer der Männer seine Waffe und richtete sie auf den Meister. Wäre in dem Augenblick nicht ein Polizeiwagen mit drei Beamten vorgefahren, wäre er vielleicht erschossen worden. Doch ein Polizist sprang mit gezückter Waffe aus dem Wagen und brüllte: »Halt! Nicht schießen! Ich bin der Polizeichef dieses Bezirks und ich kenne diesen Mann. Er ist kein Terrorist.«
    Der Anführer der Antiterroreinheit schnaubte: »Der Mann kann sich nicht ausweisen. Wer ist er?«
    Der Polizeibeamte zögerte kurz und sagte dann: »Er ist … ein Straßenverkäufer … Wenn Sie ihn nicht in Ruhe lassen, kriegen Sie eine Anzeige wegen Gewalttätigkeit an den Hals.«
    Der Polizist, der den Meister auf diese Weise schützte, war derselbe, der auf dem Alpha-Gebäude anwesend gewesen war. Er hatte den Traumhändler nicht vergessen, der ihn mit dem Kommentar über seinen Sohn ein paar schlaflose Nächte gekostet hatte. Seitdem verfolgte er über die Zeitungen aufmerksam seine Schritte.
    Ich war überglücklich und begann tatsächlich, der Polizei wieder zu vertrauen. Obwohl der Meister blutete, wiegelte er ab: »Das sind gute Leute – es war bestimmt ein Missverständnis.«
    Da erwachte Bartholomäus aus seiner Ohnmacht und fragte: »Wo bin ich?« Er erinnerte sich, dass er einen Schlag gegen den Kopf bekommen hatte, und sah, dass die Situation bereits unter Kontrolle war. Also spielte er wieder den Helden: »Die kriegen’s jetzt mit mir zu tun! Ich bin Schwarzgurt im Judo, Karate, Capoeira und anderen Krempel. Haltet mich fest, sonst wird’s böse enden!«
    Anstatt ihn festzuhalten, ließen wir ihn los, und er sprang auf. Als er jedoch merkte, dass die Antiterroreinheit ihn abermals in den Blick nahm, wich er zurück: »Ja, ja, ja, bin ganz ruhig.«
    Die Terrorbekämpfer drehten uns nun den Rücken zu, um zu gehen, und kurz darauf verabschiedete sich auch der Polizeichef. Aber zuvor bedankte er sich beim Meister für die wenigen Sätze, die dieser ihm auf dem Alfa-Gebäude gesagt hatte, und bat: »Mein Sohn würde Sie gerne kennenlernen.«
    »Eines Tages. Sagen Sie ihm, dass er viel träumen und für seine Träume kämpfen soll.«
    Das rechte Auge des Meisters war geschwollen, und aus seinem linken Mundwinkel lief Blut, aber er beschwerte sich nicht.
    Wir hatten zwar gewusst, dass wir, wenn wir ihm folgten, dem Spott ausgesetzt sein würden, aber jetzt war uns zum ersten Mal klar geworden, dass sogar unser Leben in Gefahr schwebte.
    Ich war entsetzt darüber, dass die Leute mit solcher Leichtigkeit gewalttätig werden konnten. Am meisten schockierte mich jedoch, dass das Gespenst der Aggressivität auch in mir steckte. Ich kannte zwar meinen Hochmut, aber nicht mein Potenzial an latenter Gewalt.
    Denn obwohl ich begonnen hatte, an Harmonie und Solidarität zu glauben, hatte ich nicht übel Lust, mich wütend auf den Mann zu stürzen, der den Meister verletzt hatte. Nie hätte ich gedacht, dass Nächstenliebe und Aggressivität, Krieg und Frieden im gleichen Menschen wohnen können. Auch sanfte Menschen beherbergen Ungeheuer in den Tiefen ihrer Seele.

Die Entschleunigung des Lebens
    W as wir auf der Elektronikmesse erlebt hatten, war so schlimm gewesen, dass wir dem verletzten Meister unter die Arme griffen, um ihn nach draußen zu führen. Er musste zum Arzt und brauchte Ruhe. Davon wollte er jedoch nichts wissen. Stattdessen stieg er auf die Umrandung des Springbrunnens und begann tapfer, die Leute zusammenzurufen und ihnen die letzten Messeneuigkeiten anzukündigen.
    Wir trauten unseren Ohren

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