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Der Traumhändler

Der Traumhändler

Titel: Der Traumhändler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Augusto Cury
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Füßen. Schließlich zog ich mich auf eine große Insel im Atlantik zurück und blieb über drei Jahre dort. Das Essen war gut, aber ich hatte keinen Hunger. Ich dürstete nur nach Wissen. Also verschlang ich Bücher, denn ich hatte Zugang zu einer spektakulären Bibliothek. Ich las Tag und Nacht, wie ein Asthmatiker, der nach Luft schnappt – über zwölf Bücher im Monat und fast hundertfünfzig im Jahr: Philosophie, Neurowissenschaften, Theologie, Geschichte, Soziologie, Psychologie. Ich las beim Essen, im Sitzen, im Stehen, beim Gehen, beim Laufen. Das Wissen brannte sich Seite um Seite in mein Gehirn und half mir, meine Vergangenheit zu verstehen und mit dem zurechtzukommen, was mir widerfahren war. So bin ich zu dem Menschen geworden, den ihr vor euch seht: zu einem kleinen, unvollkommenen Traumhändler.«
    Weitere Erklärungen gab er nicht.
    Während seiner Erzählung ließ ich meine Gedanken schweifen. Als er fertig war, sah ich, dass meine Gefährten verwirrt dreinblickten, und auch ich konnte das Puzzle in meinem Kopf nicht zusammenfügen. Was für eine Art Macht hatte der Meister besessen? Finanzielle, politische, wissenschaftliche, spirituelle Macht? Er wirkte doch so schwach, sanftmütig und hilfsbedürftig und setzte sich mit den Ärmsten der Armen an einen Tisch! Manchmal war er zwar angespannt, aber er wusste seine Anspannung zu kontrollieren. Er forderte nichts, schlug sein Lager überall auf, ertrug jeden Angriff und verteidigte sogar diejenigen, die sich gegen ihn wandten. Wenn er so mächtig gewesen war, wie er sagte – warum lebte er dann jetzt unterhalb der Armutsgrenze? Ob er sich seinen früheren Einfluss nur einbildete?
    Der Traumhändler unterbrach meine Gedanken: »Das Projekt, mit Träumen zu handeln, widerspricht keiner Religion, Kultur oder Glaubensüberzeugung. Ich bitte euch im Gegenteil darum, euren Glauben, eure Kultur und eure Traditionen zu pflegen!«
    Er machte eine bedeutungsvolle Pause, und es sah so aus, als näherte er sich langsam dem Ziel seiner Rede: »Vor allem bitte ich euch aber darum, euren geistigen Horizont zu erweitern und euch selbst als menschliche Wesen zu respektieren und zu schätzen. Wir haben den Instinkt der Gattung verloren, und deshalb ist es mein größter Traum, zur Rettung der menschlichen Natur ein weltweites Netzwerk zu knüpfen zwischen Menschen aller Herren Länder, aller religiösen Überzeugungen und wissenschaftlichen Ausrichtungen. Wir leben in einer Welt voller Spannungen, verursacht von zerstörerischer Konkurrenz, mangelnder Einhaltung internationaler Handelsregeln, sozialen Konflikten und Umweltzerstörung. Die Französische Revolution fand vor über zwei Jahrhunderten statt, doch wir sprechen über sie, als wäre sie gestern geschehen. Wenn wir aber in die Zukunft schauen, haben wir keinerlei Garantie dafür, dass unsere Gattung überhaupt noch ein oder zwei weitere Jahrhunderte überlebt.«
    Anschließend sprach der Meister von seinem Vorbild. Jesus hätte über sechzig Mal gesagt, dass er der Menschensohn sei, doch im Verlauf der Geschichte hätten nur wenige Menschen verstanden, was das bedeutete, nämlich dass er zur Rettung aller Menschen und nicht nur des jüdischen Volkes gekommen war. Er hatte sich als Menschensohn bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass er sich als Sohn der gesamten Menschheit verstand. Er war das erste menschliche Wesen ohne Grenzen und gleichzeitig ein Kind des jüdischen Volkes, hatte seine kulturelle Herkunft nie verleugnet und zugleich der gesamten Menschheit ein so hohes Maß an Liebe entgegengebracht, das die Theologie nicht versteht und die Psychologie nicht erfasst. Nur ein menschliches Wesen ohne Grenzen hatte sagen können, dass Prostituierte eher in den Himmel kommen als Pharisäer, immerhin die hochgebildeten jüdischen Theologen der damaligen Zeit. Seine Liebe war damals wie heute ein Skandal. Feierlich fügte der Traumhändler hinzu: »Ich habe unzählige Schwächen. Ich habe im Laufe meines Lebens mehr Fehler gemacht, als ihr euch vorstellen könnt. Doch jetzt ist meine Richtschnur die Psychologie und Philosophie des Jesus von Nazareth.«
    Dann schlug er vor, eine Gesellschaft von Menschen ohne Grenzen zu gründen, die sich auf nur vier Prinzipien stützen sollte:
    Überwindung aller Schranken von Hautfarbe, Kultur und Nationalität, um als Menschen ohne Grenzen unsere natürliche Umwelt zu schützen und den Fortbestand der Menschheit zu sichern;
    Bekämpfung jeder Form von Diskriminierung und

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