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Der Traumkicker - Roman

Der Traumkicker - Roman

Titel: Der Traumkicker - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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guttat, und die Rothaarige aus den Augenwinkeln beobachtete, setzte sie sich neben den Sänger und widmete ihm den Rest des Abends die größten Blasen ihres rosa Kaugummis.
    Mitten im Trubel aus Gespräch und Gelächter, Trinksprüchen und Gläserklirren waren California und die Rothaarige plötzlich vom Tisch verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Jemand meinte, er habe sie durch die Tür nach hinten zu den Höfen gehen sehen.
    Zwanzig Minuten später waren sie wieder da.
    »Schon daran, wie die Kaugummi kaut, hat man doch gesehen, dass sie das geborene Flittchen ist«, knurrte der in seiner Selbstachtung getroffene Choche Maravilla.
    An dem Abend blieben wir lang im Huachipato. Bis uns Samuelito, der Bruder von Señora Emilia, ein adretter Privatlehrer von eher gepflegten Umgangsformen, schließlich mit Pauken und Trompeten an die Luft setzte, und gute Nacht, ihr fiependen Schnapsdrosseln, ab in die Heia oder ihr kommt morgen nicht in die Gänge.
    »Und dazu ist die Lage im Unternehmen nicht angetan.«
    Im Hinausgehen trat Samuelito zu California, packte ihn an einer Wange (wie früher, als California noch sein Schüler gewesen war) und zischte ihm in väterlichtadelndem Ton ins Ohr, was er fiepende Schnapsdrossel da mit dem rothaarigen Gör im dunklen Hof anstelle.
    »Ich hab alles mit meinen eigenen Augen gesehen«, sagte er.

Hier bin ich, liebe Hörerinnen und Hörer, verehrte Patienten an den Radios der Salpeterwüste! Hier bin ich, stehe mitten auf dem Platz zwischen den frisch gezogenen Linien, und eins muss man ihr lassen, der alten Schachtel, sie sieht wirklich hübsch und adrett aus mit ihren Tornetzen, den flatternden Fahnen auf dem Tribünendach und den Fähnchen in den Ecken, wirklich hübsch mit ihren frischen Salpeterlinien, ja, meine lieben Hörerinnen und Hörer, wenn Sie mich fragen, trägt kein Sportplatz der Welt ein vergleichbares Weiß, dieses strahlende Salpeterweiß, weißer als Kalk, weißer als Milch, weißer als der Schnee auf den Gipfeln der Anden, weißer als das Mark meiner Lymphdrüsen! Was soll ich Ihnen sagen, meine lieben Zuhörer an den Radios daheim? Verzeihen Sie, wenn ich sentimental werde, aber er sieht so prächtig aus, unser Platz, der Platz, auf dem in wenigen Stunden die letzte Begegnung zwischen Coya Sur und María Elena ausgetragen wird, und danach wird der Wind ihn für immer hinwegfegen, und wo er war, wird wieder Wüste sein, Ödnis, infernalische Leere, daher die Rührung, die mir die Knie weich werden lässt, meine Damen und Herren, denn auf diesem Platz wird heute, schon in wenigen Stunden, unser wichtigstes Spiel ausgetragen, und deshalb bin ich hier und übertrage für Sie, bin hier und stehe mit dem Blick zur Siedlung, betrachte ihre Straßen, ihre Häuser, alswären sie schon eine Fata Morgana, wären schon abgebaut, schon nicht mehr vorhanden; von hier kann ich die Front der Caupolicán-Gasse erkennen, wo die Junggesellen wohnen und nur ab und an und sehr von fern irgendeine Hafenhure aufkreuzt, um den alten Trioyo zu ertüchtigen, diesen warzenhaft schleimigen Kerl, der hinterher prahlt, sie hätten vor Lust gewinselt; von hier kann ich die Wipfel der Algarroben und Pfefferbäume auf der Plaza Redonda sehen, in deren Schatten die Brunftigen mit den Mädchen vorglühen; von hier kann ich die Uhr auf dem Minenladen sehen, deren Zeiger schon fast die Stunde der Erinnerung markieren, die Stunde des Abschieds, die Stunde unseres Todes, Amen, bei der bösen Geschwulst und allen phenylalaninen Hydrolasen! Die Stunde, wenn hier wie gesagt alles nur noch steinige Brache sein wird, ein Hochofen in der Hölle, menschenleere Ödnis, wo sich die Archäologen dereinst in ferner Zukunft einfinden und wo sie scharren werden wie die Hunde, und dann entdecken sie, dass es hier Leben gab, dass hier Geschichte geschrieben wurde, dass hier der größte Sportreporter aller Zeiten gelebt und für Sie alle gesendet hat: der große Cachimoco Farfán, der jetzt in diesem Augenblick schon vorab das Verschwinden unserer geliebten Minensiedlung beweint; ja, liebe Hörerinnen und Hörer, verzeihen Sie, wenn ich sentimental werde, aber man ist ja auch nur ein Mensch, ist ja »mit Leib und Seele und ein Leben lang« aus Coya Sur, wie es dieser kleine Walzer so treffend beschreibt, ist bis in die Streptokokken hinein aus Coya Sur, und man geht nicht mir nichts, dir nichts fort von dem Ort, an dem man die besten Freunde hatte und die spektakulärsten Fußballspiele und Bolzereien der

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