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Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Titel: Der Traummann aus der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merelie Weit
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vorausgesagt hatte und Emilia nicht mal an einen See fuhr, vor allem auch, weil Emilia einen Beschluss gefasst hatte: Sie würde die Akte Miguel Weingarten schließen. Sie würde nicht mehr in den Park gehen und hoffen, ihn da zu sehen. Sie würde nicht mehr im Internet nach ihm forschen. Sie würde nicht mehr jeden Tag die Homepage seines Büros besuchen, obwohl es da nie was anderes, als sein kleines, körniges Bild zu sehen gab und sie würde nicht mehr die Liebermannstraße lang fahren. Sie hatte versucht, sich mit ihm auf Facebook zu befreunden, mit ihrem Namen - das hatte natürlich wieder nicht funktioniert – und dann mit einem erfundenen Namen. Aber darauf hatte er auch nicht reagiert, wer machte das schon, auf Nachrichten antworten von Fremden. Trotzdem, ein Versuch war es wert gewesen. Dann hätte sie seine Freunde einsehen können, vielleicht gab es irgendwo eine Verbindung. Sie hatte immer mal probiert anzurufen, aber ohne Erfolg. Das alles würde sie jetzt nicht mehr tun. Schicksal hin oder her, sollte es doch machen, was es wollte. Sollte es doch jemand anderen an der Nase herumführen. Hilda hatte recht. Es erfüllte sich nicht schneller, indem man sehnsüchtig darauf wartete. Es war wie mit dem Tod, man konnte nicht jeden Tag darüber nachgrübeln, wann er nun eintreffen würde. Das machte keinen Sinn, nicht mal für todkranke Menschen. Trotzdem waren die Folgen dieses Entschlusses erschütternd. Emilia wurde klar, wie viel Raum ihr Traummann aus der Zukunft inzwischen in ihrem Leben eingenommen hatte. Und nun radierte sie ihn aus und übrig blieb eine sagenhafte Leere. Keine Ausflüge mehr in den Schlosspark und auch nicht mehr in die Strandbar an der Spree. Da war Emilia in letzter Zeit öfter hin geradelt in der Hoffnung, der Wahrsagerin wieder zu begegnen, aber ohne Erfolg. Sie hatte auch nach ihr im Internet geforscht. Die meisten dieser esoterischen Leute präsentierten sich mit verführerisch mystischen Homepages in glänzend schwarz, lila und violett. Mehrmals war Emilia sogar kurz davor gewesen, es mit einer anderen Weissagerin zu versuchen. Aber die Honorare schreckten sie immer wieder ab und auch der Gedanke, wie sie das Hilda erklären sollte. Schließlich erzählten sie sich alles und ihr sowas zu verheimlichen, gab Emilia das Gefühl, was wirklich Dummes zu tun.
    Um nicht tatsächlich in das große Loch zu fallen, vor dem sie zu stehen glaubte, musste Emilia sich etwas fürs Wochenende vornehmen, etwas dass sie ablenken würde. Wieder mal bedauerte sie, dass ihre besten Freundinnen alle, bis auf Hilda, aus Berlin weggezogen waren. Lisa, ihre Freundin aus der Ausbildungszeit, lebte mit ihrem Mann in Flensburg und Carla, mit der sie auf dem Gymnasium unzertrennlich war, unterrichtete Deutsch in Paris. Es gab noch die Eltern von Jos langjährigen Freunden, mit denen man im Sommer mal grillte oder im Winter Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt trank, aber das waren keine richtigen Freunde. Emilia war seit Jahren zu Hause und es ergaben sich keine neuen Kontakte. Auf einmal wurde ihr bewusst, wie allein sie eigentlich war. Neben Bernhard war sie allein, Jo wurde groß und brauchte sie immer weniger und Hilda hatte zwei kleine Kinder und war lange noch nicht wieder so frei, wie Emilia mit ihrem fast erwachsenen Sohn. Die Kollegen von Bernhard waren allesamt staubtrocken, die Nachbarn im Haus nett, aber mehr auch nicht und ihre Mutter sah sie alle sechs Monate. Was passierte mit ihrem Leben? Schlich es sich langsam davon, wie ein Dieb mit einem Sack voll lebendiger Jahre, die sie bereits durchlebt hatte?
    Emilia suchte den Link raus, den Hilda ihr für die Bewerbung bei Ikea gesendet hatte und rief die Seite auf. Natürlich las sie dort das, was sie erwartet hatte: Anforderungen, die sie hinten und vorne nicht erfüllen konnte: Fließendes Englisch, jahrelange Erfahrung und Referenzen. Emilias Ausbildung lag bereits siebzehn Jahre zurück, ihre Erfahrungen als Dekorateurin einer Kosmetikkette fünfzehn Jahre, in Englisch war sie nie gut gewesen und sonstige Referenzen besaß sie nicht. Sie schloss den Tab, sie hatte einfach keine Chance. Dann machte sie ihn wieder auf, schließlich hatte sie Talent und alle bewunderten immer die Einrichtung ihrer Wohnung. Dann schloss sie ihn wieder, ihre Wohnung würde bei der Bewerbung wohl niemand interessieren. Das mit der Bewerbung konnte sie doch vergessen.
     
    Emilia fühlte nach diesem Fazit mehr Erleichterung als Kummer. Sie hatte guten Willen gezeigt.

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