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Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)

Titel: Der Traummann aus der Zukunft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merelie Weit
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schlug sie gegen seinen Kopf, als würde ihm das Rot körperliche Schmerzen bereiten. Emilia stand da, fühlte etwas großes, schweres, Dunkles in sich aufsteigen, das ihre Stimmbänder lahmlegte. Es würde zu groß sein, um es durch Schlucken unten halten zu können.
    „Emilia, das geht so nicht weiter. Du musst zum Arzt. Aber erst mal bringst du das in Ordnung, ist das klar!“
    Das Dunkle drohte in ihrem Kopf anzukommen. Jetzt war es dunkelrot, gegen die freundliche Zimmerfarbe war es wirklich verrückt und bedrohlich. Emilia wusste, dass das der Zustand war, in dem man Möbel umriss, Bücher aus Regalen fegte und Blumenvasen an die Wand schleuderte. Aber Emilia konnte sowas nicht.
    „Nichts ist klar“, presste sie flüsternd heraus. Adrenalin verengte ihr die Adern. Sie musste raus hier, rennen, schnell, um nicht zu explodieren. Sie verließ das Zimmer. Ehe Bernhard handeln konnte, war sie mit Schlüssel und Hausschuhen, aber ohne Jacke, aus der Wohnung geflohen.
     
    Unten vor dem Haus griff sofort ein kühler Nieselregen nach ihr. Es war zu kalt, um mit einem kurzärmeligen T-Shirt rauszugehen und zu nass für Filzpantoffeln. Doch Emilia spürte keine Kälte, nur Hitze. Emilia fingerte nervös an ihrem Fahrradschloss herum. Sie hörte, wie oben die Fenster klapperten. Das war mit Sicherheit Bernhard, der sie zur Ordnung rufen wollte. Endlich ging das Fahrradschloss auf. Emilia warf die beiden Bügel des Schlosses in den Fahrradkorb, ohne sie wieder zusammenzuschließen und trat in die Pedalen. Hinter sich hörte sie Bernhard aus dem Fenster rufen, aber sie drehte sich nicht um.
    Der Regen tat gut im Gesicht. Emilia nahm jede rote Ampel, die sie kriegen konnte. Zwei Teenies, an denen sie vorbeifuhr, machten sich über ihre Filzpantoffeln lustig. Na und, dann war sie eben verrückt. Das fühlte sich eigentlich gar nicht so schlecht an.
    Ihre Reifen quietschten, wie bei einem Auto, als sie sich plötzlich vor dem Lottoladen der Liebermannstraße wiederfand. Wie war sie denn hier her gekommen? Drei Tage hatte sie sich bereits an ihren Beschluss gehalten, die Sache mit Miguel zu vergessen und nun war sie in blinder Raserei plötzlich wieder hier. Na und, dann war sie eben wieder hier. Das machte jetzt auch nichts mehr. Es tat so gut, alles zu leben, was dumm, unvernünftig und verrückt war.
    Morgen konnte sie Bernhard ruhig in eine Klinik bringen und ihr die Farbe Rot wieder austreiben, aber jetzt fuhr sie erst mal zu Miguel. Sie würde nach ihm rufen, ein lautes Lied vor seinem Fenster singen und wenn er nicht aufmachte, sturmklingeln und zu ihm hochgehen. Falls seine Frau an die Tür kam, würde sie ihr einen Kinnhaken verpassen und sich einen Weg an ihr vorbeibahnen, zu Miguel…Und dann…. Dann… Dann würde sie weitersehen…
    Emilia summte vor sich hin, während sie das Kopfsteinpflaster zum Haus Nummer zwei entlang holperte: „Wenn in Capri die rote Sonne im Meer versinkt…“ Der Filz war jetzt nass und schwer an ihren Füßen, aber das machte nichts.
    Vor der Nummer 2 parkte ein großes Auto, halb in der Einfahrt und halb auf der Straße. Es war eine Robben&Wientjes-Pritsche. Irgendein Student schien endlich aufgewacht zu sein, um am Sonntagabend noch umzuziehen. Die Einfahrt des Hauses stand sperrangelweit und einladend offen. Emilia stellte ihr Fahrrad an den Zaun des Vorgartens und tat etwas, was sie sonst nie tun würde. Sie fragte den Typen, der ihr gerade entgegen kam, ob sie noch Hilfe beim Tragen bräuchten. So jung sah der allerdings nicht mehr aus, eher so Anfang vierzig. Er hievte ein Billy-Regal in das Auto und musterte Emilia von oben bis unten. Sein Blick sagte alles: Emilia war inzwischen bis auf die Haut durchgeweicht, Die Haare klebten in ihrem Gesicht, genauso wie Shirt und Shorts an ihrem Körper, die zu allem Überfluss voller roter Farbspritzer waren. Dazu die Pantoffeln, der Typ hielt sie für nur bedingt zurechnungsfähig. Das merkte man auch an seinem leicht mitleidigen Tonfall, und dass er sie duzte:
    „Nee, lass mal, wir tragen grad das letzte runter und dann sind wir fertig.“
    Ein zweites Regal kam um die Ecke gewankt. Emilia wich aus und wär fast rücklings über ihr Fahrrad gestolpert, als sie sah, wer unter dem Regal hervorkam: Es war niemand anders als Miguel.
    „Okay, Kay, wir haben alles“, sagte er zu seinem Freund.
    „Prima, ich fahre.“
     „Bis auf die Kinder…“, schob Miguel nach und sah zu den Fenstern in der vierten Etage hoch, mit einem

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